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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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langsam große Gebiete unter ihre Herrschaft, worin sie von der Gesellschaft unterstützt und bestätigt werden. Solange es zu keiner Übervölkerung kommt, können die Großgrundbesitzer so ziemlich alles tun und lassen, was sie wollen. Aber wenn sich die Familien vermehren, beginnen die heiratsfähigen Söhne mit immer größerem Verlangen nach den brachliegenden Äckern zu schielen. Im Augenblick unterstützen noch alle Konventionen der Gesellschaft - Religion, Politik, Sitten - die Großgrundbesitzer, und in den meisten Nationen werden die Bauern, die zuerst ihre Stimme erhoben, aufgehängt. Hier in Japan hat man die ersten Aufrührer gekreuzigt, mit dem Kopf nach unten. Mit der Zeit werden die Spannungen größer, und du hast eine blutige Revolution - wenn du nicht schlau wie die Engländer bist, denn dann bringst du dasselbe durch klug angewandte Besteuerung zustande.«
    »Und Sie meinen, daß alle Nationen dieser Entwicklung unterworfen sind?« drängte Shig.
    »Ich habe selber fünf solcher Revolutionen aus der Nähe miterlebt. In Mexiko gingen die Verstöße gegen den gesunden Menschenverstand unglaublich weit, und deshalb kam es dort zu blutigen Vergeltungsmaßnahmen. In England brachte eine Gruppe kluger Gesetzgeber die Bodenreform mit bewunderungswürdiger Einfachheit zuwege. In Rumänien kam es zu einem abscheulichen Blutbad. In Spanien ebenfalls. Im westlichen Teil der Vereinigten Staaten begannen die Viehzüchter, ihre unmoralischen Gebietsansprüche mit Gewehren zu verteidigen, bis die Vernunft der Leute aus der Stadt sie mit einer Steuerreform besiegte. Kein Land kann die Bodenreform umgehen. Es kann lediglich ihren Verlauf bestimmen: blutige Revolutionen oder Besteuerung.«
    »Mir scheint, daß wir es hier in Japan mit einer dritten Möglichkeit zu tun haben. Bodenreform durch Machtspruch.«
    »Natürlich«, gab ihm Abernethy sogleich recht. »Was du und ich schließlich für die günstigste Lösung erachten, wird General MacArthur ausführen, und es wird seine größte Leistung in Japan darstellen. Denn hierdurch wird die Möglichkeit gegeben, das Land gerecht zu verteilen und gleichzeitig die blutige Revolution zu umgehen.«
    »Dann gibt es also diese dritte Alternative?« drängte Shig.
    »Ja«, antwortete Abernethy. »Aber nur wenige Nationen haben das Glück, einen Krieg gegen die Vereinigten Staaten zu verlieren.« Sie fuhren schweigend weiter und starrten nur auf den Feldweg, der zu einem der unvernünftigsten aller Großgrundbesitzer führte, die Japan in seiner Existenz gefährdet hatten. Aber als sie das Land überblickten, das hier in Frage stand, und Shig sah, wie klein das Gebiet, verglichen mit Hawaii, war, mußte er lachen.
    »Was ist so witzig?« fragte sein hagerer, ernster Genosse.
    »Ich mußte daran denken, wie grotesk es ist!«
    »Was?« fragte Abernethy, denn er hatte eine Schwäche für die grotesken Situationen der Geschichte.
    »Hier stehen wir, Sie und ich, und geben uns alle Mühe, die landwirtschaftliche Fläche des besiegten Japans gerecht zu verteilen, wahrend tatsächlich die Situation in meiner Heimat, in Hawaii, viel schlimmer ist.« Dr. Abernethy saß mit angezogenen Knien da und wartete schweigend darauf, daß Shig ihn ansah. Dann lächelte er durchtrieben und fragte: »Worüber, meinst du wohl, habe ich die ganze Zeit gesprochen?« Shig war so überrascht, daß er die Fahrt verlangsamte und den Jeep schließlich zum Stehen brachte. Dann wandte er sich förmlich an seinen Führer. »Wollen Sie sagen, daß Sie mit mir über Hawaii gesprochen haben?«
    »Natürlich. Ich möchte, daß du erkennst, was die Alternativen sind.«
    »Woher wissen Sie denn etwas von Hawaii?«
    »Jeder, der an Bodenreformen interessiert ist, kennt Hawaii. Jetzt, da Ungarn und Japan ihre Revolutionen durchgemacht haben, bleiben nur noch China und Hawaii als die beiden notorischen Reste einer mittelalterlichen Ordnung übrig.«
    »Werden beide ihre Revolutionen erleben?« fragte Shig.
    »Natürlich«, erwiderte Abernethy einfach. »Das Schwierigste, was es in der Geschichte zu lernen gibt, ist, daß keine Nation der Geschichte entgeht. Chinas Revolution wird wahrscheinlich in einer blutigen Enteignung enden. Hawaiis Revolution wird wahrscheinlich durch friedliche Besteuerung vollbracht.«
    Er unterbrach sich und fügte dann hinzu: »Das heißt, wenn kluge junge Leute wie du vernünftig sind.«
    »Ich finde es dennoch grotesk, daß ich hier drüben bin, um Japan zu helfen«, sagte Shig. »Ich

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