Hawaii
sollte dasselbe zu Hause tun.« Er legte den ersten Gang ein und fuhr zu dem kleinen Haus, in dem der nervöse japanische Grundbesitzer sie erwartete.
»Wie ich schon sagte«, wiederholte Dr. Abernethy störrisch, »wenige Nationen haben das Glück, im rechten Augenblick einen Krieg zu verlieren. Glückliches Japan.«
Was er hier erfuhr, wurde nur noch durch das bekräftigt, was er von seinem älteren Bruder Goro hörte, der als Dolmetscher in General MacArthurs Arbeitsamt tätig war. Goro war in Nagoya gewesen, als Shig an Land ging, und hatte dort an der Ausarbeitung eines Programms zur Schaffung von Gewerkschaften in der japanischen Industrie mitgewirkt. Aber anstatt mit einem stillen Theoretiker wie Dr. Abernethy zusammenzusein, arbeitete er mit einer Gruppe von hitzigen amerikanischen Organisatoren aus der amerikanischen Arbeitergewerkschaft. »Diese Aufgabe macht mich noch verrückt!« rief der untersetzte Goro und fuhr sich über seinen kurzgeschorenen Kopf.
»Sind die Leute, mit denen du zusammenarbeitest, dumm?« fragte Shig.
»Dumm! Sie sind die patentesten Kerle, die ich je getroffen habe. Was mich zur Weißglut bringt, ist, daß ich täglich fünfzehn Stunden arbeite, um Japaner in die Gewerkschaften zu zwingen. Ich lese ihnen General MacArthurs Erklärung vor, daß eines der stärksten Fundamente der Demokratie eine organisierte, in ihren Rechten bestätigte Arbeiterschaft ist. Und natürlich hat General MacArthur recht. Es ist der einzige Weg, auf dem Japan die Zaibatsu bekämpfen kann. Starke, entschlossene Gewerkschaften. Aber, Himmel, es ist Wahnsinn, daß man Japanern in Japan auf zwingen muß, was den Japanern in Hawaii untersagt wird.«
»Meinst du die Gewerkschaften?« fragte Shig, während sie ihr japanisches Bier in dem Dai-Ichi-Hotel tranken, wo sie beide einquartiert waren. »Du hast verdammt recht. Ich meine Gewerkschaften!« Goro war wütend. »Wir wollen doch ehrlich sein. Wir haben praktisch einen Krieg geführt, um in Japan die Zaibatsu abzuschaffen. Aber, weißt du, die großen Firmen beherrschen hier nicht halb soviel wie unsre in Hawaii. Es ist doch eine verhexte Welt, Shig, wenn du einen Krieg führst, um einem besiegten Land das zu bringen, was man deinen eigenen Leuten zu Hause verweigert.«
Shig verfiel auf einen Kunstgriff, den er oft anwandte, wenn er einem eigenen Gedanken nachging. Er sprach nicht weiter, hob sein Bierglas an die Lippen und hielt es eine Weile so, ohne zu trinken. Goro benutzte die Unterbrechung jedoch und fuhr fort: »Wenn die Gewerkschaften gut für Japan sind, dann sind sie auch gut für Hawaii. Ich werde gezwungen, die Japaner zu überreden, Gewerkschaften zu bilden, und wenn ich dasselbe in Hawaii versuchte, würde ich verfolgt, verprügelt und ins Gefängnis geworfen. Da kann man doch verrückt werden!«
»Was du sagst, ist aufregend«, begann Shig bedächtig. »Der Mann, für den ich arbeite, dieser Dr. Abernethy, sagt genau dasselbe über das Landproblem. Er fügt nur immer hinzu: >Eine Nation kann sich glücklich preisen, wenn sie im rechten
Moment einen Krieg verliert.< Je mehr ich über das nachdenke, was wir hier tun, desto mehr gebe ich ihm recht.« Goro setzte sein Bierglas ab und sagte düster: »Wenn ich nach Honolulu zurückkehre, werde ich ein neues Motto prägen.«
»Was meinst du?«
»>Was dem Besiegten recht ist, muß dem Sieger billig sein.< Ich werde dafür sorgen, daß ein Mann in Hawaii das Recht hat, sich einer Gewerkschaft anzuschließen. Ebenso wie ein Mann in Tokyo. Und wenn ich erst einmal loslege, dann zieht sich Hoxworth Hale besser zurück. Er hat das letztemal gewonnen, weil die Arbeiterschaft dumm war. Das nächstemal werde ich gewinnen, weil ich in Japan etwas gelernt habe.«
»Bring dich nicht in Unannehmlichkeiten«, warnte Shig. »Wenn du nicht dasselbe tust«, erwiderte Goro, »muß ich mich deinetwegen schämen. Du hättest deinen Krieg vergeudet.«
Es war das erstemal, daß Shig diese Phrase hörte, die sein Benehmen in den nächsten Jahren bestimmen sollte. »Vergeude nicht deinen Krieg!« Nach der ersten Verkündigung dieses Grundsatzes sagte er zu seinem Bruder: »Ich frage mich oft, was ich anfangen soll, Goro. Meine Unterhaltungen mit Dr. Abernethy haben mir eines gezeigt. Es gibt keinen einzigen Japaner in Hawaii, der wirklich gebildet ist. Es gibt natürlich kluge Leute wie Papa und Ärzte wie Dr. Takanaga, aber im Grunde wissen sie alle nichts.«
»Nur zu wahr«, gab Goro traurig zu und beugte sich
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