Hawaii
der Frage nahm er aus den Erfahrungen seines Vaters: »Es schadet einem demokratischen Anwalt nie, wenn er den Unterlegenen verteidigt«, und: »Solange meine Hälfte unseres Unternehmens als katholisch verschrien ist, steht es dir frei, so gut wie jeden zu verteidigen.« Dann fügte er auf Grund seiner hawaiischen Erfahrungen hinzu: »Es wäre eine Schmach und Schande, wenn der erste Japaner im Senat des Neunzehnten wegen einer solchen Lappalie aus dem Amt geworfen würde.« Aber klugerweise weigerte er sich, einen Rat zu geben.
Da McLaffertys Bemerkungen die Ratlosigkeit nur vergrößert hatten, schritt Shigeo weitere Meilen in Kakaako ab, und die Überlegung, mit der er endlich zu einem Entschluß gelangte, schien zunächst ganz belanglos. Er erinnerte sich an Akemisan, seine frühere Schwägerin, und an die Worte, die sie vor ihrer Abreise von Hawaii geäußert hatte: »Ich bin in der gesamten japanischen Gemeinde Hawaiis nicht auf eine einzige Idee gestoßen.« Und Shig dachte: Ich habe eine Idee. Ich habe einen Begriff, der die gesamte Bevölkerung vorantreiben wird. Er entschloß sich, seine Bodenreformpläne nicht aufs Spiel zu setzen und lieber das Ansinnen seines Bruders abzulehnen. »Ich werde die Kommunisten nicht verteidigen«, sagte er, »und Gott mag mir verzeihen, wenn es aus Feigheit geschieht.«
»Ich tue es zumindest«, sagte Goro.
Diese anstrengende Gedankenarbeit mag der Grund gewesen sein, weshalb Senator Shigeo Sakagawa, als der Wahlkampf begann, mit ungewöhnlicher Kraft und Entschiedenheit für die Bodenreform plädierte. Er stellte Tabellen auf, die zeigten, wie das Fort und seine Mitglieder durch ihre Verwaltung der großen Trusts das Land Hawaiis beherrschten. Er zeigte, wie sie den Boden nur in kärglichen Mengen verpachteten, ohne auf die sozialen Interessen Rücksicht zu nehmen und nur in der Absicht, den Bodenpreis in die Höhe zu treiben, >in derselben Weise, wie die Diamantenhändler Südafrikas nur eine vereinbarte Zahl von Diamanten jährlich auf den Markt werfen, um die Preise aufrechtzuerhalten. Das ist bei Diamanten legitim, die jeder kauft, oder es auch bleiben läßt, wenn es ihm gefällt. Aber ist es recht, mit dem Grund und Boden, von dem wir alle abhängen, ebenso zu verfahren?< Seine verruchteste Tabelle war die, mit der er zeigte, wie es gewisse Familien verstanden hatten, den Grundwert ihres Landbesitzes, den sie für Spekulationen zurückhielten, unter einer willfährigen Regierung auf zwei Prozent des realen Wertes festzuhalten, während bei dreihundert repräsentativen Ladenbesitzern der Grundwert der kleinen Liegenschaften, von denen ihr Leben abhing, auf fünfzig Prozent des realen Wertes angesetzt wurde. »Sie und ich«, rief Shig seiner Zuhörerschaft zu, »wir unterstützen den Großgrundbesitz. Wir lassen zu, daß Grundbesitzer keine Steuern zahlen. Wir ermutigen sie, ihr Land zurückzuhalten. Wir dulden ein Steuersystem, auf Grund dessen sie spekulieren können. Ich bin diesen Familien nicht böse. Ich wünschte so klug zu sein, wie sie es scheinen. Denn Sie, meine Damen und Herren, wissen so gut wie ich, daß sich der Verkaufspreis des letzten großen Grundstücks, das Gregory's für sein neues Warenhaus erwarb, auf drei Millionen Dollar belief. Und welcher Grundwert wurde versteuert? Einundsiebzigtausend Dollar. Weil Sie und ich unachtsam waren, war es möglich, daß die Hewletts wertvollen Grundbesitz zurückhielten und nur für ein Vierzigstel seines wirklichen Wertes Steuern zahlten.« In öffentlichen Parks, über das Radio und auf dem Fernsehschirm schärfte Shigeo Sakagawa seinen Zuhörern immer wieder dieses wichtigste Thema ein, und wenn ihn Bürger fragten, ob er ein Radikaler sei, weil er für die Aufgliederung des Großgrundbesitzes plädiere, so wie es in Rußland geschehen war, geriet er nicht in Wut, sondern antwortete: »Nein, ich bin ein konservativer englischer Parlamentarier und versuche in Hawaii zu erreichen, was Leute wie meinesgleichen in England schon vor hundert Jahren getan haben. Denken Sie daran. Ich bin der Konservative. Und die Leute, die meinen, diese Frage könne ewig hinausgeschoben werden, sind in Wirklichkeit die Radikalen. Denn ihre Einstellung führt zur Tragödie; meine zur Demokratie.«
Aber bei jeder Massenversammlung machte früher oder später jemand den Einwand: »Sind Sie nicht auch ein Kommunist, wie Ihr Bruder Goro?« Shigeo hatte sich eine gute Antwort auf diese Frage zurechtgelegt. Er ließ seine Arme sinken,
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