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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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hatte vorausgesehen, daß die Kommunisten ihn zu ihrem Rechtsbeistand wählen würden, und er hatte versucht, eine befriedigende Antwort für diesen Fall bereitzuhalten. Aber wenn es auch einfach sein mag, sich eine Antwort auf mögliche Fragen wie: »Wollen wir nächste Woche nach Lahaina fahren?« zurechtzulegen, ist es doch nicht so einfach, all die moralischen und gefühlsmäßigen Verwicklungen vorherzusehen, die eine so schwierige Frage wie: »Bin ich als ein Anwalt verpflichtet, einem Kommunisten Rechtsbeistand zu geben?« mit sich bringt.
    »Ich wünschte, daß ich nicht gebeten worden wäre«, sagte Shigeo ratlos. »Ich wünschte, daß Rod mich nicht gefragt hätte«, erwiderte Goro. »Bist du entschlossen, ihm zu helfen?« fragte Shig. »Ja. Ohne ihn hätte ich nichts erreicht.«
    »Aber du bist überzeugt, daß er schuldig ist?«
    »Ich vermute es«, sagte Goro. »Aber selbst ein Kommunist hat das Recht auf eine angemessene Verhandlung - und einen Verteidiger.«
    »Aber warum muß gerade ich es sein?«
    »Weil du mein Bruder bist.«
    »Ich kann dir nicht so schnell darauf Antwort geben, Goro.«
    »Kann ich mir denken«, sagte Goro. »Laß dir Zeit.« So wanderte Shig stundenlang durch die Straßen von Kakaako und fragte sich, was er tun sollte. Erdachte: Ich habe in Hawaii vor allem eine Auf gäbe die Bodenreform. Um sie voranzutreiben, muß ich wiedergewählt werden. Wenn ich Rod Burke verteidige, verliere ich bestimmt die Stimmen der Haoles, die ich bei der letzten Wahl wahrscheinlich gewonnen habe, und das bedeutet, daß ich im nächsten November zu Fall komme. Unter diesem Gesichtspunkt müßte ich also ablehnen.
    Aber Rod Burke ist nicht der einzige Angeklagte. Da ist noch seine japanische Frau und zwei andere Japaner. Und wenn ich diesen Leuten vor Gericht eine eindrucksvolle Verteidigung gebe, werde ich die japanische Wählerschaft für immer an mich fesseln - einfach, weil ich es gewagt habe, mich für den Unterlegenen einzusetzen. Wenn ich also diese Wahl verlöre, hätte ich das nächste Mal wahrscheinlich eine viel stärkere Position, und das übernächste Mal erst recht.
    Aber dürfen mich überhaupt persönliche Beweggründe bei dieser Entscheidung bestimmen? Ein Mann ist eines Verbrechens angeklagt und hat ein Recht auf Verteidigung. Und wenn die Gesellschaft am stärksten gegen ihn eingenommen ist, dann ist sein Recht moralisch am größten. Einer muß Rod Burke verteidigen, und ich denke, daß ich es tun sollte. Aber ich bin nicht der durchschnittliche, unparteiische Anwalt der Lehrbücher. Ich bin der erste Japaner, der in den Senat des Neunzehnten Distrikts kam. Ich bin derjenige, der die Aussicht hat, wiedergewählt zu werden. Wenn mein Bruder die Arbeiterschaft repräsentiert, dann repräsentiere ich den Querschnitt aller Japaner. Das ist meine erste Pflicht, und ich sollte sie nicht gedankenlos aufgeben.
    Aber es gibt noch andere in unserer Familie als Goro und mich. Da sind noch Tadao und Minoru, die ihr Leben hingaben für die Idee Amerikas. Sie haben diese Idee in ihrer Heimat nie erreicht - gewiß nicht in Hawaii. Aber in Italien und Frankreich, als sie für Amerika kämpften, haben sie diese Idee gefunden. Das haben auch Goro und ich getan. Und was wir gefunden haben, wird von den kommunistischen Verschwörern bedroht. Wie kann ich überführte Kommunisten vor dem Gericht verteidigen?«
    Dann gelangte er zu der bewegenden Frage seiner Zeit. Shigeo erfuhr ihr ganzes Gewicht, als er an dem Saschimi-
    Restaurant der Kakaako-Street vorüberging - genauso wie Hunderte anderer Amerikaner in Garagen oder im Kino oder in der Kirche davon betroffen wurden: »Aber wenn ich den angeklagten Kommunisten den Rücken kehre, woher weiß ich dann, daß ich nicht auch dem Begriff der Freiheit, den ich schützen will, den Rücken kehre? Ehrliche Leute finden immer jemanden, der sie verteidigt. Aber was bedeutet die Rechtsprechung, wenn offenkundig Schuldige keine Verteidiger mehr finden?«
    So wurde Shigeo Sakagawa von diesem Tanz der Argumente viele Tage hin und her geworfen. Schließlich ging er in seiner Verwirrung zu Black Jim McLafferty und fragte: »Was würdest du sagen, Jim - zunächst als Haupt der demokratischen Partei und dann als Haupt von McLafferty und Sakagawa -, wenn dein Partner die Kommunisten verteidigen würde?« Nun war Black Jim an der Reihe, den Tanz des Für und Wider durchzustehen -Gefühle, Politik, Patriotismus und Selbstinteresse. Seine beiden wichtigsten Kommentare zu

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