Hawaii
gute Stellung hat und sich auch nach einer Frau umsehen sollte, schicke ich ihm zwei Bilder der Schullehrerin des Dorfes. Sie ist gebildet und gäbe eine anständige Frau für einen Rechtsanwalt ab, denn obwohl sie auf die Universität ging, stammt sie aus diesem Dorf. Nach dem Fehler, den Goro mit seinem Mädchen aus Tokyo gemacht hat, ist es sicher besser für euch, eure Frauen in Hiroschima zu suchen.« Die Brüder breiteten die fünf Bilder auf dem Tisch aus und betrachteten sie düster. »Zu schade, daß wir nicht Zuckerrohr anbauen«, brummte Goro. »Dieses Quartett könnte die Felder von hier bis Waihapu pflügen.« Die nächste Post brachte drei weitere Bewerberinnen, kräftige kleine Mädchen mit breiten Hinterteilen, goldenen Zähnen und kerzengeraden Rücken. Ischii fand großen Gefallen an den Bildern und versah sie mit seinen eigenen Kommentaren. »Von allem, was ich in meinem Leben getan habe«, erklärte er, »ist das beste, daß ich ein Hiroschima-Mädchen geheiratet habe. Wenn ihr klug seid, macht ihr es ebenso.«
Dann kam ein Brief, der zwei verhältnismäßig hübsche Bilder enthielt. Als sie aus dem Kuvert flatterten, betrachtete Ischii sie lange und sagte: »Ich glaube, dies sind die richtigen.« Aber Frau Sakagawas Brief versetzte seiner Hochstimmung bald einen Dämpfer, und er war unfähig, den Brief zu Ende zu lesen. Frau Sakagawa schrieb nämlich: »Letzte Woche gingen Donnasan und ich nach Hiroschima-Stadt, wo wir bisher noch nicht gewesen sind. Ich schäme mich, zugeben zu müssen, daß die Meldungen der Amerikaner richtig waren. Die Stadt wurde bombardiert. Sie ist zum größten Teil zerstört, und man kann noch heute die schwarzen Spuren sehen. Ischiisan, der euch den Brief vorlesen wird, soll wissen, daß der Schaden sehr groß war. Und nachdem ich diese Stadt gesehen habe, ist es mir schleierhaft, wie noch irgend jemand glauben kann, daß Japan den Krieg gewonnen hat...« Ischii verstummte. Lange saß er schweigend da und starrte auf das schicksalsschwere Blatt. Da der Brief von seiner eigenen Schwiegermutter stammte, die obendrein eine Hiroschima-Frau war, konnte er das, was sie mitteilte, nicht bezweifeln. Aber diese Tatsache hinzunehmen, bedeutete, daß all seine Behauptungen während der letzten dreizehn Jahre seit Pearl Harbor unsinnig gewesen waren, sein Leben ein Hohn. Die Jungen waren taktvoll genug, nicht weiter von den Dingen zu sprechen, die ihnen die Mutter mitgeteilt hatte, und als es für sie Zeit war, zur Arbeit zu gehen, verabschiedeten sie sich von ihrem Schwager und ließen ihn mit dem Brief zurück. Um elf Uhr kam an diesem Morgen ein Japaner in das Rechtsanwaltsbüro von McLafferty und Sakagawa gestürzt und schrie auf englisch: »Himmel! Er hat es auf der Treppe vor dem japanischen Konsulat getan.« Shig wurde schwach ums Herz, und er murmelte: »Ischiisan?« Der Zeuge schrie: »Ja. Er schlitzte sich den Bauch auf.«
»Ich gehe mit dir«, rief McLafferty, und die beiden Anwälte eilten die Nuuanu zu dem Konsulat hinauf, wohin die kleinen Obeinigen Arbeiter seit dem Tag, da die ersten Japaner nach Hawaii gekommen waren, ihre Klagen getragen hatten. Vor dem Konsulat wartete eine Gruppe von Polizisten auf den Unfallwagen, der auch bald mit heulenden Sirenen vorfuhr. Shig sagte: »Ich bin ein Verwandter von ihm. Ich werde mit ihm gehen.« Aber der kleine alte Arbeiterführer war schon tot. Er hatte erkannt, daß ihm, wenn sein Vaterland wirklich den Krieg verloren hatte, nur noch eine ehrenhafte Handlung übrigblieb: dem Kaiser von seinem Kummer Nachricht zu geben. So war er zu dem Gebäude des Kaisers gegangen und hatte, während er in seiner Linken die kaiserliche Fahne hielt, das ausgeführt, was die Sitte vorschrieb. Mit ihm starb auch die Gruppe der Immersiegreichen, und die Trauer über die Niederlage ergriff endlich auch diesen fernsten Teil des japanischen Volkes.
Nach der Beerdigung sah sich Shigeo der ersten schwerwiegenden Entscheidung in diesem Jahr gegenüber, denn Goro stürzte eines Nachmittags mit der unerfreulichen Nachricht herein: »Der Kommunistenprozeß beginnt nächste Woche, und Rod Burke möchte, daß du ihn verteidigst.« Shig ließ den Kopf sinken: »Ich wußte, daß es so kommen würde, früher oder später«, sagte er schließlich. »Aber warum verfällt er auf mich, wo ich mich gerade auf die Senatswahl vorbereiten muß?«
Goro antwortete: »Die Verhandlung ist früher als die Wahlen anberaumt. Wirst du den Fall übernehmen?«
Shig
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