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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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Quantentheorie.“
    Kiefer und Zeh glauben daher nicht, dass es im heutigen Universum zeitverkehrte Inseln aus der Zukunft gibt. Bei der Umkehrung zur Kontraktion sollte die alte Zeitrichtung auf Grund der physikalischen Wechselwirkungen vollständig zerstört werden. Informationsverarbeitende Systeme können dies nicht überstehen und daher auch keine Zeitumkehr beobachten – etwa das Stehenbleiben und Zurücklaufen von Uhren. Außerdem werden Informationen aus der Zukunft abgehalten, in unsere Zeit zu gelangen.
Big Brunch
    „Wenn ihr in die Saat der Zeit schauen und sagen könnt, welches Samen-Korn wachsen wird, und welches nicht; so redet zu mir“, hat Christoph Martin Wieland eine ergreifende Stelle aus William Shakespeares Anfang des 17. Jahrhunderts verfasster Tragödie Macbeth übersetzt („If you can look into the seeds of time, / And say which grain will grow and which will not, / Speak then to me“). Doch selbst wenn die Zukunft zu ihnen kommt, könnten Claus Kiefer und H. Dieter Zeh sie nicht voraussagen. Aber wie Lawrence Schulman meinen auch sie, dass in einem kollabierenden Universum die Zeit – relativ zu der im expandierenden Universum – rückwärts läuft, und dass dies niemand bemerken könnte, da auch die Astronomen dieser Epoche eine Ausdehnung des Weltraums beobachten würden. Eine eindeutige, objektive und immer in dieselbe Richtung fließende Zeit kann es daher nicht geben – beziehungsweise nur in formaler Hinsicht und in den klassischen, nichtquantisierten Theorien. Anfang und Ende des Universums wären, wenn das 1995 von Zeh und Kiefer veröffentlichte Modell zutrifft, wie exakte Spiegelbilder. „Das sind in der Theorie der Quantengravitation dieselben Zustände“, sagt Zeh. Er verschmilzt daher die Begriffe „Big Bang“ (Urknall) und „Big Crunch“ (Endknall, „Das Große Knirschen“) augenzwinkernd zum „Big Brunch“.
    „Urknall und Endknall lassen sich nur unterscheiden, wenn eine klassische Raumzeit existiert. Das ist gemäß der Theorie der Quantengravitation jedoch nicht der Fall“, betont Claus Kiefer. Daher könnten – so die verblüffende Konsequenz – auch Schwarze Löcher nicht ewig weiterwachsen, sondern würden im kollabierenden Universum wieder zu Sternen, die von allen Seiten Licht einsammelten und sich schließlich in Urgas zurückverwandelten.
    Solche Formulierungen sind allerdings problematisch. Denn aus der Innensicht eines solchen Universums kann man davon nichts bemerken. Auch die Zeit im Bewusstsein eines Beobachters muss dem kosmischen Zeitpfeil folgen. Und dessen Umkehr kann niemand erleben. Vielmehr übersteht kein Beobachter – und überhaupt kein informationsverarbeitendes System – den Zustand maximaler Ausdehnung. Hier ist nämlich buchstäblich das Ende der klassischen Welt. Der Grund liegt in einer besonders bizarren Eigenschaft der Quantentheorie: der Überlagerung von Zuständen (Superposition). Nicht nur einzelne Quantensysteme – das bekannteste Beispiel sind die Interferenzmuster beim schon erwähnten Doppelspalt-Versuch – kommen in zwitterhaften Überlagerungszuständen vor, sondern strenggenommen das ganze Universum. Wegen der Dekohärenz kann man das normalerweise nicht bemerken. Deswegen entsteht eine klassische Welt – für lokale Beobachter. Doch im Umkehrpunkt eines kollabierenden Universums wird diese vollständig ausgelöscht, zumindest in der Auffassung von Kiefer und Zeh. Schon vorher brechen Superpositions-Phänomene überall auf. Die verschiedenen Universen – bislang parallele Entwicklungszweige – interferieren gleichsam. Alle klassischen Eigenschaften verschwinden. Es ist, als würde die Welt, wie wir sie kennen, von einem unbarmherzigen Mechanismus ausradiert, Schwarze Löcher inklusive. Existierte kurz vorher noch intelligentes Leben, würde dies vermutlich nicht einmal etwas spüren, so rasch käme der Untergang. Auch gäbe es keinen Ausweg. Exitus.
    Kiefer und Zeh begnügen sich also nicht mit thermodynamischen Begründungen wie Schulman, sondern stützen ihre Argumentation auf die viel tieferen, aber bislang nur in Ansätzen sichtbaren Fundamente der Quantenkosmologie. Dazu verwenden sie die Wheeler-DeWitt-Gleichung – die verallgemeinerte Schrödinger-Gleichung für die Wellenfunktion des ganzen Universums. Noch kennt niemand die Randbedingungen und exakte Lösung dieser „Formel für Alles“. Doch die Forscher wissen bereits, dass die Zeit darin – im Gegensatz zum Raum – nicht auftaucht und

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