Hawkings neues Universum
vor Einstein gibt es in der Relativitätstheorie keine universelle Gleichzeitigkeit. Zuvor konnte man sich quasi an jedem beliebigen Punkt im Universum Uhren vorstellen, die exakt synchron laufen. Doch so „tickt“ die Natur nicht, hat Einstein entdeckt. Vielmehr hängt die Zeit vom Bezugssystem ab. Je schneller sich eine Uhr bewegt oder je stärker das Gravitationsfeld ist, in dem sie sich befindet, desto langsamer läuft sie. Bei Lichtgeschwindigkeit oder am Rand eines Schwarzen Lochs (von Ferne betrachtet) vergeht quasi überhaupt keine Zeit.
Diese für den Alltagsverstand extrem ungewohnten Aussage, dass die Zeit vom Bezugssystem abhängt, ist nicht nur eine Konsequenz der Mathematik, sondern sie wurde auch durch Messungen bestätigt – beispielsweise durch den Vergleich von ultrapräzisen Atomuhren auf der Erde und in Satelliten. Tatsächlich wäre das GPS-Navigationssystem schon nach wenigen Minuten unbrauchbar, wenn dabei nicht die Relativitätstheorie berücksichtigt würde. Sie hat also im Gegensatz zu Einsteins eigener Ansicht inzwischen sogar eine Bedeutung im Alltag erlangt.
Relativität von Raum und Zeit: Treffen sich zwei Beobachter A und B mit stark unterschiedlicher Geschwindigkeit an einem Punkt P, dann stimmen ihre Messungen von Raum und Zeit nicht überein. Diese relativistischen Effekte – Zeitdilatation und Längenkontraktion genannt – widersprechen dem „gesunden“ Menschenverstand. Sie sind aber experimentell nachgewiesen und ein Hinweis darauf, dass Raum und Zeit nicht getrennt, sondern als vierdimensionale Raumzeit vereinigt sind. In den Diagrammen werden die separaten Orts- und Zeitkoordinaten x und t für beide Beobachter dargestellt. Die beiden Digitaluhren (links) und der Meterstab (rechts), jeweils als in der Raumzeit ausgedehnte „Weltlinie“ eingezeichnet, befinden sich im Koordinatensystem von A in Ruhe, während B an ihnen vorbeirast. Für A zeigen die beiden Digitaluhren dieselbe Zeit an (hier: 5 Sekunden), für B jedoch nicht – es existiert also keine universelle, objektive Gleichzeitigkeit. Auch erscheint dasselbe Objekt für A und B verschieden lang, denn B sieht den Meterstab verkürzt. Die Vergangenheit am Punkt P ist aber eindeutig: Sie ist in der Relativitätstheorie durch den Vergangenheitslichtkegel charakterisiert – alles was ein Ereignis bei P maximal mit Lichtgeschwindigkeit beeinflussen kann.
Eine Konsequenz der Relativitätstheorie hat Roger Penrose mit folgendem paradoxen Gedankenexperiment illustriert: Zwei Menschen, die sich auf der Straße begegnen, können – wenn sich ihre Geschwindigkeiten extrem unterscheiden – völlig verschiedene „Gegenwarten“ besitzen. Der eine, der sich in Richtung Andromeda-Nebel bewegt, lebt zum Beispiel in einer Zeit, in der dort über eine Invasion beraten wird. Der andere, obwohl er gerade am selben Ort ist, lebt dagegen in einer Zeit, in der sich die feindlichen Raumschiffe bereits auf den Weg gemacht haben. In diesem Gedankenexperiment ist also die Gegenwart für die beiden Beobachter so verschieden, dass sie sich quasi in unterschiedlichen Welten aufhalten.
Doch eine solche „Relativierung der Existenz“, wie Physiker dies nennen, erscheint grotesk. „Der Begriff der Existenz kann nicht relativiert werden, ohne dass seine Bedeutung vollständig zerstört würde“, widersprach schon Einsteins Kollege in Princeton, der berühmte Mathematiker Kurt Gödel. Da er sogar Lösungen der Allgemeinen Relativitätstheorie fand, die rotierende Universen als Zeitmaschinen beschreiben, in denen man auf geeigneten Bahnen in seine eigene Vergangenheit reisen kann, kam er zu einem anderen Schluss: Die Zeit muss eine Illusion sein.
„Die relativierte Existenz widerspricht auch Experimenten, die das Zwillingsparadoxon bestätigen“, schlägt Vesselin Petkov in dieselbe Kerbe. Das Zwillingsparadoxon ist eigentlich gar keines, sondern eine weitere bizarre Konsequenz der Relativitätstheorie. Es beruht ebenfalls auf der „Zeitdilatation“: Je schneller sich ein System relativ zu einem anderen bewegt, desto stärker wird die Zeit dieses dahinrasenden Systems gedehnt – das heißt, desto langsamer vergeht sie. Würde ein Raumfahrer fast lichtschnell durchs All reisen, wäre sein auf der Erde zurückgebliebener Zwillingsbruder beim Wiedersehen viel mehr gealtert als der Raumfahrer oder, je nach Geschwindigkeit und Reisedauer, sogar schon lange tot.
Die Zeit kann sich dehnen
Dass die Zeitdilatation in der Natur wirklich
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