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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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Finsternis, so absolut, dass ihr Körper sich aufzulösen schien. Die Zeit verstrich, aber sie hatte keinen Bezugspunkt, keine Möglichkeit festzustellen, ob der Moment eine Minute oder ein Jahr andauerte. Sie existierte nur noch als Bewusstseinsfunken, als Gedankenkette, die einzig und allein von dem Wunsch zusammengehalten wurde, Gabriel zu finden.
     
    Sie öffnete ihren Mund, der sich sogleich mit Wasser füllte. Maya hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, aber anscheinend war sie von Wasser umgeben und die Oberfläche unerreichbar. Verzweifelt strampelte sie mit Armen und Beinen, bis sie ihre Panik unter Kontrolle bekam. Ihr Körper schrie nach Sauerstoff, trotzdem entspannte sie sich und versuchte zu erspüren, in welche Richtung die verbliebene Luft in ihrer Lunge sie zog. Als sie sich über die Richtung sicher war, schlug sie kräftig mit ihren Beinen aus und tauchte endlich über der Wasseroberfläche auf.
    Sie holte tief Luft, ließ sich auf dem Rücken treiben und sah zum gelblich grauen Himmel hinauf. Das Wasser war schwarz mit weißen Schaumkronen. Es roch nach Batteriesäure, und ihre Augen und ihre Haut fingen an zu brennen. Sie schwamm in einem Fluss mit starker Seitenströmung. Wenn sie die Lage wechselte und auf und ab schaukelte, konnte sie das Flussufer erkennen. In der Ferne entdeckte sie Gebäude und orangefarbene Lichter, die wie Flammen aussahen.
    Maya schloss die Augen und schwamm auf das Ufer zu. Der Riemen des Schwertköchers hing um ihren Hals, und sie konnte das Schwert im Wasser hin und her schlagen fühlen. Als sie innehielt, um den Riemen zurechtzurücken, merkte sie, dass sie sich noch weiter vom Ufer entfernt hatte. Die Strömung war an dieser Stelle zu stark. Wie ein führerloses Ruderboot trieb sie ziellos umher.
    Wenn sie flussabwärts blickte, konnte sie die fernen Umrisse einer zerstörten Brücke erkennen. Anstatt gegen die Strömung anzukämpfen, änderte sie ihren Kurs und schwamm auf die Steinbogen zu, die aus dem Wasser ragten. Aus eigener Kraft und mit Hilfe der Strömung im Rücken trieb sie den schroffen, grauen Steinen entgegen. Maya klammerte sich etwa eine Minute lang fest, dann schwamm sie zum nächsten Bogen weiter. An dieser Stelle ließ die Strömung nach, und sie watete durch das flache Wasser bis zum Ufer.
    Ich darf hier nicht bleiben , dachte sie. Viel zu ungeschützt. Sie krabbelte die Uferböschung hoch, bis sie eine tote Baumgruppe erreichte. Das Laub raschelte unter ihren Füßen. Einige der Bäume waren umgestürzt, andere lehnten sich aneinander wie stumme Überlebende.
    Etwa einhundert Meter vom Ufer entfernt kauerte sie nieder, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Dieser düstere Wald war kein Fantasiegebilde und kein Traum. Sie konnte die Hand ausstrecken und die trockenen Grasbüschel vor ihren Augen berühren. Sie roch einen Brand und hörte aus der Ferne eine Art Getöse. Ihr Körper spürte die Gefahr, aber – nein, es war mehr als das. In dieser Welt herrschten Wut und Mordlust.
    Maya stand auf und schlich vorsichtig zwischen den Bäumen durch. Sie entdeckte einen Kiesweg, der zu einer weißen Marmorbank und einem Parkbrunnen voller Laub führte. Die beiden Objekte wirkten in diesem toten Wald vollkommen deplatziert, sodass Maya sich fragte, ob sie nur hier aufgestellt worden waren, um sich über alle Vorbeikommenden lustig zu machen. Der Brunnen ließ sie an einen vornehmen Park in Europa denken, wo alte Männer Zeitung lasen und Kindermädchen Kinderwagen schoben.
    Der Kiesweg endete an einem Ziegelhäuschen mit eingeschlagenen Fensterscheiben und aus den Angeln gerissenen Türen. Maya hängte sich das Schwert so um, dass sie kampfbereit war. Sie betrat das Haus, lief durch die leeren Zimmer und spähte aus den Fenstern. Auf der Straße hinter dem verlassenen Park patrouillierten vier Männer. Sie trugen Stiefel oder nicht zueinanderpassende Schuhe, dazu wahllos zusammengewürfelte Kleidung. Alle trugen selbst gebaute Waffen – Messer, Keulen und Speere.
    In dem Moment, in dem die Männer die hintere Parkecke erreichten, tauchte eine weitere Gruppe auf. Maya erwartete einen Kampf, aber die Männer begrüßten sich und schlugen dann denselben Weg ein – weg vom Fluss. Maya beschloss, ihnen zu folgen. Dabei hielt sie sich von den Straßen fern und schlich durch die Ruinen der Stadt, und nur manchmal blieb sie stehen, um in ein eingeworfenes Fenster zu linsen. Die Dunkelheit schluckte ihre Bewegungen, und sie mied die Gasflammen, die

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