Hawks, John Twelve - Dark River
aus den geborstenen Leitungen brannten. Die meisten dieser Feuer waren klein und zuckten ein wenig, aber die größeren ragten in die Höhe wie gewundene Feuersäulen. Die Flammen hinterließen schwarzen Ruß an den Mauerwänden, und die Luft roch nach verbranntem Gummi.
Maya verirrte sich in einem halb zerstörten Bürogebäude. Als sie den Weg nach draußen in eine Gasse gefunden hatte, entdeckte sie eine Horde von Männern, die sich am Ende der Straße um eine Gasflamme versammelt hatten. Sie hoffte, unentdeckt zu bleiben, und sprintete über die Gasse in einen Wohnkomplex, durch dessen Betonflure öliges Wasser strömte. Maya stieg die Treppe bis in den zweiten Stock hinauf und spähte durch ein Loch in der Wand.
Im Innenhof des U-förmigen Gebäudes hatten sich etwa zweihundert Männer zusammengefunden. In die Hausfassade standen Namen eingemeißelt. PLATON. ARISTOTELES. GA-LILEO. DANTE. SHAKESPEARE. Maya fragte sich, ob das Gebäude früher eine Schule gewesen war, aber sie konnte sich nur schwer vorstellen, dass an diesem Ort jemals Kinder gelebt hatten.
Ein Weißer mit geflochtenem Haar und ein Schwarzer in einem zerrissenen Laborkittel standen auf Stühlen unter einem Holzrahmen, der als improvisierter Galgen diente. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, und Stricke lagen um ihren Hals. Die anderen wuselten um die Gefangenen herum, lachten und stießen mit Messern nach ihnen. Plötzlich ertönte ein Kommando, und eine zweite Truppe marschierte aus dem Gebäude heraus. Die Gruppe wurde von einem Mann in einem blauen Anzug angeführt. Direkt dahinter schob ein Leibwächter einen jungen Mann vor sich her, der an einen altmodischen Rollstuhl gefesselt war. Gabriel. Der Harlequin hatte seinen Traveler gefunden.
Der Mann im blauen Anzug kletterte auf das Dach eines Autowracks. Seine linke Hand ließ er in der Hosentasche stecken, mit der rechten stach er bei jedem Wort, das aus seinem Mund kam, in die Luft.
»Als euer Verwalter habe ich euch angeführt und eure Vorrechte verteidigt. Unter meiner Führung haben wir die Kakerlaken, die Brände gelegt und unser Essen gestohlen haben, zur Strecke gebracht. Sobald dieser Sektor endgültig von Parasiten befreit ist, werden wir in die anderen Sektoren einmarschieren und die ganze Insel übernehmen!«
Der Mob jubelte, und einige Männer hoben ihre Waffen hoch. Maya starrte nur auf Gabriel und versuchte zu beurteilen, ob er bei Bewusstsein war. Ein Rinnsal aus Blut lief von seiner Nase bis auf seinen Hals. Seine Augen waren geschlossen.
»Wie euch bekannt ist, haben wir einen Besucher aus einer anderen Welt gefangen genommen. Durch rigorose Verhöre habe ich mein Wissen über unsere Gesamtlage vergrößern können. Mein Ziel ist es, einen Weg zu finden, auf dem wir alle zusammen diese Insel verlassen können. Unglücklicherweise haben Spione und Verräter meine Pläne sabotiert. Diese beiden Gefangenen haben sich heimlich mit dem Besucher zusammengetan. Sie haben euch betrogen und versucht, einen eigenen, ganz privaten Fluchtweg zu finden. Sollen wir das zulassen? Sollen wir ihnen die Flucht gestatten, während wir selbst hier in dieser Stadt gefangen bleiben?«
»Nein!«, schrie die Menge.
»In meiner Funktion als Verwalter habe ich diese Gefangenen verurteilt …«
»Zum Tod!«
Der Verwalter schüttelte die Finger, als sei eine Fliege auf seiner Hand gelandet. Einer seiner Gefolgsleute trat die Stühle weg, und die beiden Gefangenen hingen zappelnd an den Stricken und wurden zu Tode stranguliert, während die anderen sich über sie lustig machten. Als die Gefangenen sich nicht mehr rührten, hob der Anführer beide Hände und beruhigte die Meute.
»Seid wachsam, meine Wölfe. Beobachtet euren Nebenmann. Wir haben noch längst nicht alle Verräter enttarnt – und eliminiert!«
Obwohl der Mann im blauen Anzug anscheinend der Anführer der Wölfe war, ruckte er immer wieder den Kopf hin und her, so als fürchte er einen Angriff. Nachdem er vom Auto heruntergeklettert war, eilte er mit Gabriel und den Leibwächtern zurück ins Schulgebäude.
Maya beobachtete von ihrem Versteck aus, wie sich die Menge in verschiedene Richtungen zu verlaufen begann. Im Augenblick der Hinrichtung waren alle Patrouillen vereint gewesen, nun aber beäugten sie einander mit einem gewissen Misstrauen. Die beiden Gefangenen ließ man an den Stricken hängen, und nur ein letzter Wolf drückte sich noch lange genug herum, um die Schuhe der toten Männer zu stehlen.
Als endlich
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