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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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Todes.
    Auf dem Hauptplatz zwischen Long Lane und Charterhouse Street thronte der doppelstöckige Bau, in dem früher das Fleisch für ganz London verkauft wurde. Die riesige Markthalle war mehrere Häuserblocks lang und wurde von vier Straßen unterteilt. Ein modernes Plexiglasvordach umgab das Gebäude an allen Seiten, damit die Lieferanten ihre Waren nicht im Regen verladen mussten. Die Markthalle selbst war der Stein gewordene Ausdruck viktorianischen Selbstvertrauens. Die Wände bestanden aus weißen, mit Londoner Ziegeln aufgefüllten Steinbögen, und an den Enden der Halle befanden sich mächtige, schmiedeeiserne, lila und grün gestrichene Gittertore.
    Gabriel umrundete den Komplex ein Mal, dann ein zweites Mal, immer auf der Suche nach einem weiteren Graffiti. Warum hatte der Mann mit der Fleischerschürze ihn in die Straße geschickt? Erschöpft setzte Gabriel sich auf einem kleinen Platz gegenüber der Markthalle auf eine Steinbank. Er hob die Hände vors Gesicht und versuchte, seine Finger mit seinem Atem zu wärmen, dann schaute er sich um. Er befand sich an der Kreuzung von Cowcross Street und St. John’s. Der einzige Laden, der noch geöffnet hatte, ein Pub mit Holzfassade, war nur wenige Meter entfernt.
    Gabriel las den Namen auf dem Schild über der Tür und lachte zum ersten Mal seit Tagen: HOPE. Hoffnung. Er saß vor dem Hope Pub. Er stand von der Bank auf und ging auf die warmen Lichter zu, die hinter den geschliffenen Glasscheiben glimmten. Er studierte das Schild, das über dem Eingang hing, ein krudes Gemälde mit zwei schiffbrüchigen Matrosen, die sich in rauer See an einer Holzplanke festklammerten. Am Horizont tauchte ein Segelschiff auf, dem die Männer verzweifelt zuwinkten. Ein zweites, kleineres Schild wies auf das Restaurant namens The Sirloin hin, das sich im ersten Stock befand, dessen Küche aber schon vor einer Stunde geschlossen hatte.
    Als Gabriel den Pub betrat, rechnete er fast mit einem großen Hallo. Du hast das Rätsel gelöst. Willkommen daheim. Stattdessen traf er nur den Wirt an, der herumstand und sich kratzte, und eine mürrische Bardame, die den Tresen mit einem Lappen abwischte. Im vorderen Teil des Lokals gab es kleine schwarze Tische, im hinteren saß man auf Holzbänken. Auf einem Regal hoch oben an der Wand hockten ausgestopfte Fasane in einem Glaskasten, daneben standen vier verstaubte Champagnerflaschen.
    Nur drei Gäste waren anwesend: ein Paar mittleren Alters, das sich im Flüsterton stritt, und ein trauriger alter Mann, der sein leeres Glas anstarrte. Gabriel holte seine letzten Geldmünzen heraus, kaufte sich ein großes Glas Bier und zog sich in eine Nische mit gepolsterter Sitzbank und dunkler Holzverkleidung zurück. Der Alkohol, den er auf nüchternen Magen trank, dämpfte seinen Hunger. Gabriel machte die Augen zu. Nur für einen Moment , sagte er sich. Länger nicht. Aber dann gab er der Erschöpfung nach und schlief ein.
    Sein Körper spürte die Veränderung. Noch vor einer Stunde war der Raum kalt und ohne Leben gewesen, jetzt füllte er sich mit Energie. Als Gabriel wieder zu sich kam, hörte er Gelächter und Stimmen, und er fühlte jedes Mal den kalten Luftzug, wenn die Tür quietschend aufging.
    Er öffnete die Augen. Der Pub war voller Männer und Frauen in seinem Alter, die sich so herzlich begrüßten, als hätten sie sich wochenlang nicht gesehen. Hin und wieder lieferten sich zwei Gäste ein freundliches Wortgefecht, um dann einem großen Mann mit gebogener Sonnenbrille Geld in die Hand zu drücken.
    Waren sie Fußballfans? Gabriel war verwundert. Er hatte gehört, wie verrückt die Engländer nach Fußball waren. Die Männer im Pub trugen Kapuzenjacken und Jeans. Einige waren tätowiert – filigrane Ornamente, die unter ihren T-Shirts hervorblitzten oder sich um ihren Hals wanden. Keine der Frauen trug einen Rock oder ein Kleid, und alle hatten kurz geschnittenes oder streng zurückgebundenes Haar. Sie sahen aus wie Amazonen.
    Gabriel beobachtete eine Gruppe von Leuten an der Bar und bemerkte, dass sie nur eines gemeinsam hatten – die Schuhe. Ihre Turnschuhe waren anders als die konventionellen Treter, mit denen man Basketball spielte oder durch den Park joggte. Sie leuchteten in bunten Farben, hatten auffällige Schnürsenkel und dicke Profilsohlen, wie man sie für Ausflüge durch unebenes Gelände braucht.
    Eine weitere kalte Bö, und ein neuer Gast trat in den Pub. Er war lauter, freundlicher und definitiv dicker als alle

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