Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
nächsten Tür und fand Bruce Fingers Namen. Ich trat ein.
In Missachtung des Stereotyps vom ordentlichen, pedantischen Finanzexperten war Bruce ein unverbesserlicher Chaot. Papier- und Zeitschriftenstapel bedeckten nicht nur seinen Schreibtisch, sondern fluteten auch den Boden und einen kleinen Konferenztisch. Seine Tastatur und der Bildschirm hatten einen sicheren Hafen auf einer kleinen Ausziehplatte an seinem Schreibtisch gefunden. Der Rechner stand dort auf dem Boden, wo ich ihn fünf Jahre zuvor hingestellt hatte. Ich schaltete ihn ein und legte die CD in den Schacht. Wenige Augenblicke später erschien auf dem Bildschirm das Matt BD -Logo und ein kleines Fenster, in dem »Press any key« stand.
Ich drückte auf Z und wartete. Nach wenigen Minuten war der Geist in der Maschine. Das Menü sah anders aus als bei der offiziellen Software, aber die Ordner und Dateien waren da.
Als Erstes kopierte ich die Programme des Buchhaltungs- und Finanzsystems sowie alle Vorgänge und Mails auf eine externe Festplatte. Dann öffnete ich Bruce’ Ordner und kopierte deren Inhalte. Es waren eine Menge Daten, aber das Terabyte Speicherkapazität, das ich zur Verfügung hatte, reichte aus. Es dauerte nur lange und kam mir noch länger vor, weil ich mit einer Stiftlampe im Dunklen kauerte und die Ohren nach jedem Geräusch spitzte.
Auf einmal hörte ich, wie sich jemand durch das Büro bewegte, ehe ich den Lichtstreifen unter Bruce’ Tür sah. Ich schaute zum Fenster hinüber, aber ich wusste, dass das nichts nützte, weil es sich um eine dicke Glasscheibe mit Lüftungsschlitz handelte, zu klein, um sich hindurchzuquetschen. Es gab keinen Schrank, in dem ich mich hätte verstecken können. Keine Vorhänge, kein Sofa, um dahinterzuschlüpfen. Ich saß in der Falle.
Einen Moment war ich versucht, den Monitor auszuschalten, aber ich wusste nicht, ob das Auswirkungen auf den Download hatte. Ich hörte, wie sich Türen öffneten und schlossen, und ein klirrendes Geräusch bewies, dass der Eindringling keine Angst vor Entdeckung hatte. Während ich angestrengt lauschte, stellte ich beinah die Atmung ein, aber das Klopfen meines Herzens war das einzige Geräusch, das lauter wurde.
Bis der Staubsauger eingeschaltet wurde, die Verkörperung guter Nachrichten, schlechter Nachrichten. Ich rückte den Papierkorb vor den Schreibtisch und stellte einen Karton an seinen alten Platz, damit die putzende Person ihn nicht dahinter zurückstellte.
Ich hörte, wie die Tür zum Büro gegenüber geöffnet wurde und das verklingende Brummen des Staubsaugers, der hineingeschoben wurde. Dann zwängte ich mich unter den Tisch und betete um eine müde, faule oder nachlässige Person am oberen Ende des Staubsaugers.
Der Türriegel klirrte, und plötzlich war der Raum erfüllt von Licht und Lärm. Meine Sicht beschränkte sich auf die Schubladen in Bruce’ Anrichte und den unteren Teil des Stuhls. Ich stieß ein kurzes Dankeswort für sein schlampiges Naturell aus, das, wie ich hoffte, einen schnellen Vorstoß ins Zimmer vereiteln würde.
Der Tisch wackelte, als der Staubsauger gegen eines der dicken Beine prallte. Mein Herz tat einen unfreiwilligen Satz. Ein weiteres Bollern an der anderen Seite des Tischs. Es war eine Frau, und ich konnte hören, wie sie etwas vor sich hin murmelte, aber nicht deutlich genug, um die einzelnen Worte zu verstehen. Ich stellte mir vor, dass es ihr übliches Lamentieren wegen des Saugens rund um Bruce’ Stapel war.
Plötzlich erschien das Gerät direkt vor mir, schob den Stuhl aus dem Weg, während es immer wieder auf die Fläche hinter dem Tisch vorstieß. Ich sah ein dickes weibliches Bein, das in einer Stützstrumpfhose über schwarzen hochgeschnürten Turnschuhen steckte. Ich zog die Beine an und kämpfte gegen die qualvolle Angst.
Die Frau grunzte etwas in einer unbekannten Sprache, und der Staubsauger begann sich zurückzuziehen. Er wanderte in den Flur. Dann schepperte der geleerte Papierkorb auf den Boden, der Stuhl wurde an seine alte Stelle gerückt, und eine Sekunde später war es dunkel.
Ich verharrte unter dem Tisch, spürte, wie meine Beine wegen des abgeschnürten Blutkreislaufs taub wurden, und wartete, bis das Licht unter der Tür erlosch.
Erst dann begann ich wieder normal zu atmen und wahrzunehmen, wie würdelos meine Position war. Ich lächelte innerlich, nicht weil ich mich über mich lustig machte, sondern weil mir völlig egal war, wie ich wirken musste.
Das Zwischenspiel half, mich von
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