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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Driest
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Büro nach London umgeleitet, wo sein Sekretär entschied, was unaufschiebbar war. Er rief dann auf einer Geheimnummer an und besprach die Sache mit Hal. Der Sekretär hatte aber die Anweisung, Hal nur über das Allerwichtigste zu informieren. Zum Einkauf in die Stadt fuhren zwei Hausmädchen, die mit den Gärtnern verheiratet waren und alle aus Rumänien stammten. Sie bereiteten auch das Frühstück zu, das schon immer auf einer der Terrassen bereitstand, wenn wir nach dem Aufwachen aus dem Pool stiegen. Es war immer dasselbe: Müsli mit frischen Früchten für mich, Kaviar und Champagner für ihn.
    »Warum isst du immer dasselbe?«
    »Tust du ja auch.«
    »Bei mir ist ja auch alles drin, was der Körper braucht.« Dieser Punkt war mir wichtig, denn meine Disziplin im Essen gab mir das Gefühl, vernünftig und weitsichtig für mich zu sorgen.

    »Bei mir auch«, sagte er und zeigte mit der Gabel auf die kleingehackte Petersilie, die Zitrone und das zerschnittene hartgekochte Ei.
    Es dauerte allerdings nicht lange, bis ich mich beim Champagner einklinkte.
    »Wir sind ein Liebespaar, das auf eisgekühltem Champagner schwimmt«, sagte er lächelnd.
    Immer wenn wir zusammen saßen, sprach er von Rumänien, meist von der Zeit vor der Wende, in der es nichts gab außer Elend, Hunger und Schmerz. Das grausame Tyrannenehepaar knechtete das Volk mit der Geheimpolizei, die wie ein millionenarmiger Krake in jede Stadt, in jedes Dorf, in jedes Haus seine Greifer schickte, so dass alle flüstern mussten, weil niemand wusste, was gesagt werden durfte. Selbst die Kinder taten es, und Hal tut es noch heute, wenn er aus der Zeit erzählt.
    »Adrian sagt, du bist sehr zurückhaltend.«
    »Wir haben alle das Schweigen gelernt – meine Eltern, meine Großeltern, die Leute im Dorf, die Leute in der Stadt. Auch das Land hat es gelernt – es war leer, nur Buskolonnen mit zugezogenen Vorhängen sind herumgefahren. Pferde zogen die Karren, aber sie wieherten nicht, auch die Arbeiter, die bleich und erschöpft aus den Fabriken strömten, sprachen nicht, ebenso wenig wie die Kinder, die nicht in den Kinderlagern aufwuchsen.«
    »Und die in den Lagern?«
    »Sie sprachen einheitlich in Chören. Ich war froh, dass ich nicht dazugehörte.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe von Orangen geträumt.«
    »Von Orangen?«
    »Ich habe mir immer überlegt, wie ich weg könnte. Wegfliegen mit einem Ballon. Die Luft so lange anhalten, bis man
ein Ballon ist. Einmal nahm mich mein Vater mit zu einer Zuckerfabrik, wo ein Güterzug davorstand. Ich musste auf ihn warten und probierte immer herum, ob ich mich unter den Zug klemmen könnte. Oder durch das Maisfeld davonkriechen. «
    »Wäre das gegangen?«
    »Nein, es gab Wachhunde, die waren total ausgehungert. Alles war bewacht, sogar die zerfallenen Gebäude, auch die Anzüge wurden bewacht und die Schuhe und Zähne, alles war bewacht und alles war grau. Leuchtend, prall und riesig war nur die rote Fahne mit Hammer und Sichel, doch da musste man schnell weitergehen, denn wenn Wind aufkam, schlugen die Flaggen hinter den Passanten her, um uns totzuschlagen, dachten alle. So dass wir zu laufen anfingen.«
    Das Frühstück war noch nicht zu Ende, da stand er auf, ging in sein Studio und kam erst wieder, als die Sonne im Zenit stand und das Meer wie ein silbernes Tablett vor uns lag.
    Ich gab der Hollywoodschaukel jede halbe Stunde einen Schubs, wenn ich mich herunterbeugte, um mir aus der Flasche im Champagnerkübel einen klitzekleinen Schluck einzugießen. Ich hatte Hals Sonnenbrille auf und beobachtete, ob vielleicht Delfine vorbeiziehen würden. Eigentlich hätte ich mich trotz der Hitze gerne nackend an den Strand gelegt, doch Papis Warnungen klangen in mir nach und hielten mich im Schatten.
    Hal war in einer sehr armen Gegend im Süden seines Landes aufgewachsen. Dort hatte er von Anfang an gelernt, sich nichts zu wünschen, sondern sich nur Ziele zu setzen. Sein Hauptziel war, in den Westen zu flüchten. Deshalb lernte er schon mit fünf schwimmen, er hatte gehört, manche entkämen schwimmend. Er war zwar in Bukarest geboren, 1976, aber nach dem großen Erdbeben ein Jahr später ging seine
Familie aufs Land zu den Eltern der Mutter. Der Grund war nicht das Erdbeben, das Bukarest ziemlich verwüstet hatte, sondern die wiederholten Verhaftungen seines Vaters. Ihm wurde nachgesagt, er helfe Regimegegnern in den Westen zu fliehen. Auf dem Dorf im Süden wurde Hal von den Eltern der Mutter erzogen, weil

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