Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
Straße geheftet und beachtete mich nicht. Seine Lippen waren zusammengekniffen.
»Papa!«
»Wie hast du ihn gerade genannt? Sepp?« Mein Vater lachte leise. »Hört sich ja dämlich an.«
»Dann eben Sebastian«, sagte ich. »Ich …« Hilflos hielt ich inne.
»Pass auf, Jannah.« Mein Vater legte seine Hand auf meine. »Ich bin ziemlich durcheinander und muss mich erst mal sortieren. Mit dir hat es nicht das Geringste zu tun, ja?«
»Okay«, nickte ich und sagte nichts mehr, bis wir vor unserer Haustür hielten.
»Gute Nacht, meine kleine türkische Kirsche.« Er gab mir einen Kuss. »Schlaf schön, ich melde mich dann nächste Woche.«
Auch ich wünschte ihm eine gute Nacht, öffnete die Wagentür und setzte meinen Fuß vorsichtig auf den Bürgersteig.
»Geht’s?« Er lächelte doktormäßig. »Lauf nicht zu viel herum. Und wenn was ist, rufst du mich sofort an, klar?«
»Ja, ist klar. Mach ich.«
Ich schloss die Haustür auf und stieg langsam die Treppen zu unserer Wohnung hoch. Mir war sehr elend. Dieser Tag war gründlich schiefgegangen, weil ich meinen Vater nicht vorgewarnt hatte, weil meine Mutter und Sepp ein Schock für ihn gewesen waren, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass er noch kommt. So hatte ich meinen Vater noch nie erlebt. Er musste sehr eifersüchtig gewesen sein. Wie meine Mutter, als ich ihr von Berlin erzählte. Die beiden hatten offensichtlich noch immer starke Gefühle füreinander, und das verwirrte mich. War da noch was zwischen ihnen? Aber wie konnte das sein, wenn meine Mutter in Sepp verliebt war? Oder war sie das gar nicht so sehr, wie sie vorgab?
Warum waren meine Eltern nicht einfach zusammengeblieben, wenn sie sich vielleicht doch noch mochten, wenn sie es nicht ertragen konnten, dass der andere sich verliebte? Und warum zeigte sich meine Mutter in der Öffentlichkeit so mit Sepp? War doch klar, dass mein Vater die beiden früher oder später gesehen hätte. Warum machten sie alles immer noch komplizierter, als es ohnehin schon war?
Und Ken? Was war mit Ken? Er hatte mich völlig ignoriert. Fand er mich wirklich so abstoßend? Blöd? Hässlich? Ich nahm meinen Spiegel vom Schreibtisch. Wie ernst und dunkel meine Augen aussehen konnten. Wenn ich sie länger fixierte, gruselte es mich vor mir selbst. Dieser starre Blick! Entrückt und fremd. Ich sah gar nicht aus wie ich. Als ich dann noch den Mund probehalber zu einer Grimasse verzog, erschrak ich wirklich, als könnte mich die Irre aus dem Spiegel plötzlich anfallen. Mit einer schnellen Bewegung warf ich ihn verkehrt herum auf meinen Kleiderstapel und rannte ins Wohnzimmer. Ein Knopfdruck auf die Fernbedienung.
Ich wollte nicht wie eine Irre aussehen. Ich wollte auch nicht irre sein und mich vor mir selbst fürchten. Ich wollte nicht, dass Ken Sepps Sohn war. Ich wollte, dass er mich mochte. Ich wollte, dass sich meine Mutter von Sepp trennte und wieder mit meinem Vater zusammen war, dass sie sich liebten, so wie früher, so wie es richtig war, wie es sein musste. Sofort. Aber das elende Gefühl sagte mir, dass genau das nicht passieren würde.
5
Die Spinne ist ein Einzelkind
Vier Wochen später packte ich den ersten Karton, fest entschlossen, das nächste Schuljahr im Internat zu verbringen. Am besten in Australien oder Neuseeland. Von mir aus auch in den USA oder sonst wo, nur weit genug weg.
Meine Mutter und Sepp hatten die Wohnung im Magnolienweg gemietet. Ohne mit uns darüber zu sprechen, ohne uns zu fragen. Schon bei der Aufführung war alles entschieden und unterschrieben. Das wollten sie uns beim gemeinsamen Essen verkünden, nur trauten sie sich nach der Begegnung mit meinem Vater nicht mehr. Und so erfuhren wir es erst kurz vor dem Umzugstermin.
Ich hatte eigentlich zu meinem Vater ziehen wollen, aber der wohnte in einer Zweizimmerwohnung und verbrachte die meiste Zeit im Krankenhaus. Wir hatten vereinbart, dass ich zunächst bei meiner Mutter bleiben und wir dann eine andere Lösung finden würden.
Auch weil der Magnolienweg in der Nähe unserer Schule lag, war das die praktischere Variante. Aber bestimmt nicht die angenehmere, obwohl Ken und Merrie nur jede zweite Woche dort und die restliche Zeit bei ihrer Mutter verbringen würden.
Schließlich würden wir ab jetzt oft in der gleichen Wohnung, in den gleichen Räumen sein. Zusammen essen, fernsehen oder gleichzeitig ins Bad wollen. Wir würden uns im Haus und im Flur begegnen, den gleichen Weg in die Schule und nach Hause gehen, wir
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