Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
Plätze freigehalten. Schon wegen deinem Fuß.«
Sepp sagte jedoch: »Klar, kann ich verstehen. Geht nur.« Er fasste in seine Jackentasche. »Suzan, hast du vielleicht mein Handy gesehen? Ich muss es noch ausschalten.«
»Nein.« Meine Mutter schüttelte den Kopf und rief mir nach. »Lauf bitte nicht so viel durch die Gegend, Jannah! Denk an deinen Fuß.«
»Ich denke an nichts anderes«, murrte ich leise.
»Ich setze sie auf den nächsten Stuhl!«, versprach Lou über die Schulter, hakte sich ein und zog mich fort.
»Puh, Mütter!«, seufzte Lou. »Sind doch alle irgendwie gleich.«
»Nee. Meine ist einmalig!«
Lou lachte. »Das kommt dir nur so vor. Aber total schön ist sie!«
»Pfff!« Mehr fiel mir dazu nicht ein.
»Und Sepp sieht aus wie Ken in hell und jung.«
»Was redest du?!«
»Hast du das etwa nicht gesehen?«, fragte Lou. »Das ist doch wohl ein und dasselbe Gesicht!«
»Jetzt ist aber gut!«
Weil es wirklich keine Plätze mehr gab, setzte ich mich bei Carmen auf den Schoß. Lou blieb neben uns stehen. Das Licht ging aus, und ein greller Scheinwerfer beleuchtete die Mitte des roten Samtvorhangs. Frau Sindel, die Klassenlehrerin der 10a, kam auf die Bühne, und Applaus hob an. Sie wartete lächelnd, bis es wieder ruhig war, dann sagte sie die Darbietungen der nächsten Stunde an.
Gleich kam Kens Klasse mit einem dadaistischen Gedicht. Danach würde unsere Tanz-AG auftreten. Für den Schluss war der Abiturjahrgang mit einem selbstgeschriebenen Theaterstück vorgesehen.
Unter erneutem Applaus verließ Frau Sindel die Bühne, und der Vorhang öffnete sich. Die Klasse hatte sich in zwei Reihen aufgestellt, die Mädchen vorne, die Jungs hinten. Ken war kaum zu sehen. Er hatte sich halb hinter seinem Freund Rouven versteckt.
Die kleine dicke Marta trat vor. »Sie hören nun: ›Ein kleines Gedicht für große Stotterer‹, von Kurt Schwitters.«
Sie ging zurück auf ihren Platz, und die Jungs begannen mit rauen Stimmen zu deklamieren: »Ein Fischge, Fisch, ein Fefefefefischgerippe lag auf der auf, lag auf der Klippe.« Einem Jungen brach die Stimme an der Klippe, und das Kieksen war so schrill, dass die gesamte Aula lachte und applaudierte.
Dann setzten die Mädchen ein: »Wie kam es, kam, wie kam, wie kam es dahin, dahin, dahin?« Die Jungs: »Das Meer hat Meer, das Meer, das hat es dahin, dahin, dahingespület, da llllliegt es, liegt, da llllliegt, llliegt es sehr gut, sogar sehr gut!«
Beim nächsten Fefefe schaltete ich ab und beobachtete nur noch Ken. Wenn Rouven den Blick auf sein Gesicht freigab, konnte ich sehen, dass er nicht mitsprach. Gelangweilt starrte Ken in den Zuschauerraum und schien nur auf das Ende zu warten. In Momenten wie diesen wünschte ich, meine Phantasie würde sich auch aufs Gedankenlesen erstrecken.
Mit dem Beifall des Publikums erwachte ich. Meine Mutter und Sepp waren aufgestanden und klatschten begeistert mit. Sepp pfiff sogar. Sicher hatte er nicht bemerkt, dass sein Sohn stumm geblieben war. Die Klasse verbeugte sich, und Ken war der Erste, der die Bühne verließ.
4
Glitzerndes Schattentheater
Wenn ich gewusst hätte, wie dieses Schulfest endet, wäre ich mit meinem kaputten Fuß zu Hause geblieben und hätte mir das erspart.
Angestrengt versuchte ich die Bilder der vergangenen Stunden zu vertreiben, aber sie flogen wie wilde Hornissen in meinem Kopf herum.
Als sich der Vorhang wieder öffnete und unser Startlied in voller Lautstärke erklang, wäre ich fast auf die Bühne gestürmt. Stattdessen stürmte nun die ganze Tanz-AG auf die Bühne, vorneweg Merrie in einem knallengen blauen Top und einem Rock, der ihr knapp über den Po reichte. Ihre Strumpfhose glitzerte, Merrie strahlte, und der ganze Saal klatschte, johlte und pfiff. Sie sollte doch ein ganz anderes Kostüm tragen! Nervös stand ich auf und stellte mich so, dass ich alles gut überblicken konnte. Mit den Fingern schnippte ich im Rhythmus mit.
Ich war doch die Front-Frau!
Frida patzte bei einer Figur, und Charlotte war nicht synchron mit den anderen. Sonst war es super. Die Zuschauer waren hingerissen, sie klatschten und stampften im Takt. Merrie tanzte ohne einen einzigen Fehler, sie ließ sich in Helenes Arme fallen und von May wieder hochziehen, sie drehte ihre Pirouetten weich wie eine Ballerina, und alle, wirklich alle schrien vor Begeisterung, als sie sich immer schneller und schneller in die Bewegung schraubte.
Wann hatte sie das geübt? Das war gar nicht ihr Solo! Das war so
Weitere Kostenlose Bücher