Heartbreak-Family – Als meine heimliche Liebe bei uns einzog (German Edition)
ausgestreckt.
»Bescheeerung!«, rief Ken und reichte mir sein Geschenk. »Ich fang an!«
Gespannt beobachteten die anderen, wie ich das kleine Päckchen von seinem grauen Packpapier befreite. Ich zog ein Stäbchen mit einem quadratischen Dings heraus und warf es sofort schreiend weg.
»Ken!«, brüllte ich. »Du … du … Blödian!«
Merrie hob den Lolli auf und hielt ihn hoch. Ich wandte mich mit Grausen ab. Im durchsichtigen Zucker war eine Spinne eingeschlossen. Alle brachen in lautes Gelächter aus.
»Das arme Tier!«, prustete meine Mutter, nahm es Merrie aus der Hand und betrachtete das scheußliche Objekt neugierig. »Ist die etwa echt?«
»Das ist nicht lustig!«, protestierte ich und konnte trotzdem nicht böse sein.
»Kann sein, dass die echt ist«, nickte Ken grinsend. »Auf jeden Fall ist alles essbar!«
Vor Ekel lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. »Könnt ihr das mal wegtun, bitte?!«
»Okay, jetzt ich«, sagte Sepp und gab meiner Mutter ein ähnlich kleines Päckchen. »Fröhliche Weihnachten, Süße.«
Sie lächelte ihn an, zog das Geschenkband ab und öffnete die blaue Schachtel. Darin lag, auf dunklem Samt, ein grau-silber schimmernder Stein an einer Kette.
»Oh!«, rief sie. »Was ist das?«
»Tja!«, machte Sepp geheimnisvoll. »Das ist der Stern, den ich dir vom Himmel geholt habe.«
Als meine Mutter verständnislos guckte, erklärte er stolz: »Das ist eine Sternschnuppe. Ein Stück Eisenmeteorit, der vor Urzeiten in Namibia einschlug. Der Meteorit ist über vier Milliarden Jahre alt.«
»Eine echte Sternschnuppe für mich?«, sagte meine Mutter gerührt und legte sich die Kette gleich um. »Damit gehen alle meine Wünsche in Erfüllung. Du weißt schon, was das heißt?!«
Sepp nickte. »Ich hoffe einfach, dass deine Wünsche auch meine sein werden.«
»Das hoffe ich auch!«, lachte meine Mutter.
Nun stand ich auf, nahm das größte Paket und stellte es vor Ken hin.
»Ich wusste doch gleich, dass das für mich ist!«, grinste er. »Ich hab einfach den siebten Sinn!«
»Dein siebter Sinn hätte dir ruhig sagen können, dass Spinnenlutscher nicht zu meinen liebsten Süßigkeiten gehören!«, sagte ich.
»Hat er ja!«, sagte Ken. »Eben drum! Ich hab es nur gut gemeint. Schocktherapie ist bei Phobien oft das Beste!«
Er schielte mich frech von der Seite an. »Hab ich mal gelesen!«
»Du kannst lesen?«, konterte ich.
»Doch, doch!«, sagte Ken. »Kann ich. Kann sogar schreiben.«
»Aber nur auf großen Flächen!«, setzte Sepp hinzu.
»Wuohh! Riesen-Schokoküsse!«, rief Ken beim Auspacken, öffnete die erste von zwei Schachteln und stopfte sich mit einem Bissen das ganze Teil in den Mund. Er gab einen erstickten Laut von sich, der wohl so was wie »Danke« heißen sollte. An seinen Lippen hing klebrige Creme, die er ableckte. Und er nahm sich gleich den nächsten vor. Die Schokolade brach, die Waffel ragte noch halb aus seinem Mund, als Ken versuchte zu lächeln.
»Geht’s noch?!«, stöhnte Merrie und wandte sich ab.
»Ken!«, schalt ihn Sepp. »Du bist kein Neandertaler mehr!«
»Nicht?« Mühsam schob Ken den Schokokuss nach, kaute und grinste mit braunverschmierten Zähnen. »Ich dachte.«
Als ich Merries Geschenk auspackte, kam ein Teufel zum Vorschein, dem ein Bleistift im Herzen steckte. Das Ganze nannte sich »Voodoo Luzifer Stifthalter«.
»Du willst ganz sichergehen, oder?«, lachte ich.
»Na klar«, sagte Merrie. »Sicher ist sicher!«
»Guck mal, was ich für dich hab«, sagte ich und Merrie wickelte eine Rolle Klopapier mit Sudoku-Quadraten aus der Folie.
»Danke«, schmunzelte sie. »Damit bleib ich aber länger als sonst im Bad, ist dir klar, oder?«
Ken bekam von Sepp und meiner Mutter ein Hoody mit seinen Taggs, die Sepp von seinem Zeichenblock kopiert und aufs Shirt hatte drucken lassen. Angezogen sah es mit den Schriftzeichen sogar gut aus. Die Rohrzange konnte gerade noch von allen bewundert werden, bevor Sepp sie erbarmungslos zerkaute. Die Vorliebe für Schokolade schien in der Familie zu liegen.
Den Schlüsselfinder meiner Mutter kommentierte Sepp allerdings mit einem so entschiedenen »Brauch ich nicht!«, dass sie ihm gleich sein zweites Geschenk gab. Das legte er mit einem wissenden Lächeln zur Seite.
Während ich den Gesprächen der anderen lauschte, sah ich nachdenklich ins Feuer. Es war ein besonderer Heiligabend, weil ich ihn zum ersten Mal nicht mit meiner Mutter und meinem Vater zusammen, sondern mit Ken, Sepp
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