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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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erwachte stöhnend und vergrub ihren Kopf unter dem Kissen.
    «Wie spät ist es?», krächzte sie.
    «Fast Mittag», antwortete ich und stellte meine Mitbringsel auf ihrem Schreibtisch ab. «Wie fühlst du dich?»
    «Als hätte mich ein Bus gestreift», antwortete sie theatralisch und schirmte sich mit der Hand gegen das Licht ab. «Was ist passiert?»
    «Du musstest dich übergeben», sagte ich. Ich versuchte, möglichst wenig preiszugeben, damit sie keine Fragen stellte, die ich nicht beantworten konnte. Ich kam mir vor, als hätte ich sie operiert und dabei einen Fehler gemacht.
    «Hatte ich was getrunken?», fragte sie und rieb sich die Schläfen.
    Ich betrachtete ihren hohlen Blick, die tiefen violetten Augenringe, die trockenen Lippen und das wirre Haar. Alkohol schien mir eine ziemlich gute Erklärung dafür zu sein, dass sie ganz alleine und ziellos auf dem Campusgelände herumgelaufen war.
    «Ja», sagte ich. «Ich denke schon.» In letzter Zeit kamen mir die Lügen immer leichter über die Lippen. Ich fing nicht mehr an zu stottern und verriet mich auch nicht mehr durch meine Körpersprache. Vielmehr hatte ich mich daran gewöhnt, ein dichtes Netz aus Betrug zu spinnen, wo immer ich ging. Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, mir Selbstvorwürfe zu machen. Erst musste ich unsere Spuren verwischen.
    «Wow, da muss ich aber ziemlich was intus gehabt haben», sagte sie. «Ich kann mich an absolut nichts mehr erinnern.»
    «Als wir dich gefunden haben, warst du ziemlich hinüber», sagte ich so allgemein wie möglich. «Aber Hauptsache, du bist heil nach Hause gekommen.»
    «Laurie …», sagte Mary Ellen kleinlaut. «Darf ich dich um einen Gefallen bitten?»
    «Klar.» Ich seufzte, froh, etwas gutmachen zu können.
    «Bitte erzähl niemandem etwas davon. Wenn das jemand erfährt, bin ich geliefert.»
    Überrascht willigte ich ein. Ich hatte erwartet, dass Mary Ellen die Geschichte überall herumerzählen würde. Ich hatte mir vorgestellt, wie sie mit ihrem Hang zur Übertreibung jedem, der es hören wollte, ihr Martyrium schildern und behaupten würde, dass sie kaum lebend nach Hause gekommen war. So aber gefiel mir die Sache noch viel besser.
    Als ich überzeugt war, dass ich sie beruhigt alleine zurücklassen konnte, machte ich mich zu Xaviers Wohnung auf. Spencer öffnete mir die Tür, und als ich an ihm vorbeispähte, sah ich auch Clay mit seinem Biobuch auf der Brust auf dem Sofa liegen.
    «Hi, Mini-McGraw», sagte Spencer grinsend. «Willkommen in der Männerhöhle.»
    «Danke. Glaube ich.» Ich lächelte ihn an und trat zögernd in Xaviers Behausung ein. Wohnung wäre das falsche Wort gewesen – dadurch, dass hier vier Jungs zusammenwohnten, hätte man gut Studien über das Leben in einer Verbindung machen können. Auch wenn Xavier von Haus aus ordentlich war, war das Wohnzimmer mit Pizzakartons, Dosen und Spielkonsolen übersät. Die Möbel wirkten wahllos zusammengewürfelt und passten nicht zueinander. Sie schienen lediglich Gebrauchsgegenstände zu sein, die praktisch sein mussten. Nichts in diesem Raum sollte dekorativ aussehen. An der Wand hingen sowohl die Flagge von Mississippi als auch das Wappen der Sigma Chi und ein Holzschnitt von Colonel Reb, dem Maskottchen der Ole Miss.
    «Hier riecht es nach Jungs», sagte ich und Spencer lachte.
    «Du meinst, es riecht schlecht?»
    «Nein», sagte ich. «Nur … männlich.»
    «Wir sind sehr männliche Männer.» Clay nickte zustimmend. «Dein Bruder steht unter der Dusche, aber sei ehrlich … eigentlich bist du unseretwegen hier.»
    «Du hast mich erwischt», sagte ich. «Ich halte es kaum ohne euch aus.»
    «Ja, klar, logisch.» Spencer zwinkerte mir scherzhaft zu. «Und, hast du schon gehört, dass Ford gestern Abend nicht mit uns auf die Piste gehen wollte? Wir glauben, dass es heimlich eine Frau in seinem Leben gibt.»
    «Also, wirklich!», sagte ich in gespieltem Empören. «Der Junge sollte wirklich andere Prioritäten setzen.»
    «Sehe ich auch so.» Spencer schüttelte den Kopf. «Du solltest mal ein ernstes Wort mit ihm reden. Allein die Vorstellung, dass ihm ein Mädchen wichtiger sein könnte als seine Verbindungsbrüder!»
    «Das wäre eine Schande.» Ich nickte und setzte mich aufs Sofa, um auf Xavier zu warten. Bald schon öffnete sich die Badezimmertür, und er trat mit nassen Haaren und nichts als einem Handtuch bekleidet heraus. Für einen Moment überwältigte mich sein Anblick, und ich musste mich zurückhalten, ihn nicht

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