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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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gewohnt, hatte aber jetzt keine Zeit, mich darum zu sorgen. Fürs Erste hatte ich es geschafft, sie ruhigzustellen.
    Ich spürte, wie mich Macht ergriff, bis meine Arme und Beine zu brennen schienen. Mein Körper straffte sich und richtete sich durch die Energie auf, die mich durchströmte. Ich streckte meine glühende Hand aus und legte sie Mary Ellen auf den Kopf. Sofort sank sie auf die Knie. Ich spürte, wie ihre Gedanken und Erinnerungen unter meiner Berührung durcheinanderwirbelten. Als ich die Augen schloss, konnte ich sie sehen, schmecken, als würde ich sie in diesem Moment durchleben. Ich sah Mary Ellen an ihrem sechsten Geburtstag als Disneyprinzessin verkleidet und wusste, dass ich zu tief gegangen war. Es war schwer, sich in den Erinnerungen zurechtzufinden, es gab so viele, jeder einzelne Moment bildete eine Erinnerung. So stocherte ich herum, bis ich die eine fand, die ich löschen wollte. Ich wusste, dass Gabriel dies schon öfter getan hatte, aber er konnte es auf einfachere, feinere Art. Ich war noch unerfahren auf diesem Gebiet und meine Technik nicht ausgereift. Endlich hatte ich die aktuelle Woche gefunden, also auch unsere Begegnung am Baseballplatz. Das musste reichen. Ich spürte, wie sich die Erinnerung aus Mary Ellens Gehirn löste und auf meine Fingerspitzen überging, bis alles verschwunden war, alles inklusive der letzten Minuten hier unter den Bäumen. Gerade als ich sie losließ und mit einer Handbewegung das Siegel von ihrem Mund entfernte, kam Xavier angerannt.
    «Hi», sagte ich und half Mary Ellen auf. «Alles klar?»
    Sie sah mich völlig verwirrt und zitternd an.
    «Was tue ich denn hier?», fragte sie. «Ich war im Wohnheim. Es war doch morgens …»
    Das Letzte, woran sie sich erinnerte, schien zu sein, dass sie aufgestanden und in die Vorlesung gegangen war. Xavier warf mir einen besorgten Blick zu. Ich ignorierte ihn und legte Mary Ellen die Hand auf die Stirn.
    «Wahrscheinlich brütest du irgendwas aus. Ich glaube, ich bringe dich am besten auf unser Zimmer.»
    «Was macht ihr zwei eigentlich hier?», fragte sie noch immer benommen.
    «Wir waren spazieren und haben dich hier gefunden», sagte ich. «Du solltest wirklich nicht so spät am Abend noch alleine durch die Gegend herumlaufen.»
    «Aber das habe ich doch gar nicht …»
    Xavier lehnte sie an seine Schulter, was sie ausreichend abzulenken schien.
    «Komm», sagte er. «Lass uns zurückgehen. Morgen fühlst du dich bestimmt wieder besser.»
    «Mir geht es gar nicht gut», sagte Mary Ellen plötzlich, als hätte Xavier gar nichts gesagt. Gabriel hatte mir mal erzählt, dass es Kopfschmerzen und Schwindel verursachen konnte, wenn man an den Erinnerungen von jemandem herumdokterte.
    «Das sieht man dir an», sagte Xavier. «Wahrscheinlich hat Laurie recht, und du wirst krank. Wir bringen dich gleich morgen früh zum Arzt.»
    «Gut, danke.»
    Mary Ellen machte ein paar wackelige Schritte in Richtung Wohnheim, ließ sich aber gleich wieder auf die Knie fallen und übergab sich über die Wurzel einer alten Eiche. Xavier hielt sie fest, und ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie winselte. Es musste ein gruseliges Gefühl sein, allein in der Dämmerung aufgegriffen zu werden, ohne zu wissen, wie man dort hingekommen war.
    «Kein Problem», sagte Xavier und stützte sie weiter, damit sie nicht fiel. Dabei warf er mir einen beinahe anklagenden Blick zu.
    «War das wirklich nötig?», zischte er mir ins Ohr, als er Mary Ellen auf die Beine half.
    Normalerweise hätte ich mich wegen meiner Tat schuldig gefühlt und sie bereut, heute aber fühlte ich trotz Marys ängstlicher Augen und ihres panischen Gesichtsausdrucks gar nichts. Ja, es war nötig, dachte ich mir. Was ich getan habe, war notwendig, um uns zu schützen. Ich merkte, dass ich plötzlich wie meine Geschwister dachte: Das große Ganze war mir wichtiger als das Einzelschicksal eines Menschen. Wenn Mary Ellen mit der Munition, die wir ihr gegeben hatten, schreiend zu den anderen gelaufen wäre, hätten wir jetzt in größten Schwierigkeiten gesteckt. Ich hielt Xaviers Blick stand.
    «Sie wird es überleben», war alles, was ich sagte.

[zur Inhaltsübersicht]
    13
    Hochzeitsglocken
    Als Mary Ellen spät am nächsten Morgen aufwachte, erwartete ich sie mit einer Tasse heißem Kaffee und einem Schinkenbrötchen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie am Abend zuvor so misshandelt hatte, auch wenn sie sich mit Sicherheit nicht daran erinnern konnte. Sie

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