Heaven (German Edition)
sollen diese Masken? Wir sind doch hier nicht bei Scream !»
Trotz all der Schrecken, die uns vermutlich bevorstanden, musste ich kichern. Die ganze Situation war so surreal, dass uns nichts mehr blieb, als ihnen zu zeigen, dass sie uns nicht kleingekriegt hatten. Hamiel kniff die Augen zusammen. Diese Reaktion hatte er ganz offensichtlich nicht erwartet, und auch wenn sein Gesicht unbeweglich blieb, sah ich Wut in seinen schwarzen Augen aufsteigen.
«Was glaubst du, wer du bist, Jungchen?»
Xavier zuckte die Achseln. «Ich gehöre zu ihr.»
Hamiel sah mich an. «Davon habe ich gehört.»
«Und, was willst du dagegen tun?», fragte ich beinahe herausfordernd.
Hamiel lächelte boshaft. «Das werdet ihr schon herausfinden.»
Plötzlich wurde es stockdunkel im Saal, und die Studenten, die wir beinahe schon vergessen hatten, stießen schrille Panikschreie aus. Xavier und ich klammerten uns aneinander, bereit, unsere Strafe anzunehmen, wie immer sie auch aussah. Wir waren zu allem bereit: Schmerz, Leere, Tod, solange wir es gemeinsam durchstehen durften.
Plötzlich ging das Licht an, und ich spürte, dass irgendetwas für Hamiel nicht nach Plan lief. Er wirkte wütend, verwirrt, als ob nicht er das angeordnet hätte. Und da sah ich ihn auch schon: Gabriel. Er stand barfuß im Mittelgang, und sein goldenes Haar flatterte hinter ihm wie eine Fahne im Wind. Eigentlich hätte er eine weiße Robe tragen müssen, um seine Position in der himmlischen Hierarchie zu demonstrieren, doch er hatte jegliches Protokoll missachtet und war stattdessen in seiner ausgewaschenen Jeans erschienen. Seine Haut strahlte so helles Licht ab, dass die Studenten, die in seiner Nähe standen, den Kopf abwenden mussten. Auch sein weißes T-Shirt leuchtete so intensiv, als hätte es sich in eine weiß glühende Rüstung verwandelt.
Stille trat ein, in der jeder den Neuankömmling bestaunte. Die Studenten begriffen sofort, dass Hilfe da war. Ein Blick auf Gabriel war genug, um zu wissen, auf wessen Seite er stand. Hamiel schnippte mit den Fingern, woraufhin sich sofort laut ächzend die Decke hob, aus den Angeln riss und ein klaffendes Loch hinterließ. Die Decke raste auf Gabriel hinab, doch der hob lediglich den Arm, um den Fall abzufangen, und lenkte sie so an die Wand um, dass niemand zu Schaden kam. Der Putz bröselte zu Boden und auf Gabriel und Hamiel hinab, die sich nur anstarrten. Die Reiter, die noch immer auf einen Befehl warteten, standen emotionslos wie Statuen da.
Die beiden himmlischen Kämpfer schienen sich eine Ewigkeit lang mit Blicken zu messen und zu versuchen, den nächsten Schritt des anderen zu erahnen. Ich wusste, wie riskant die Situation war. Hamiel und Gabriel waren gleich stark, und wenn dieses Gleichgewicht auch nur leicht ins Wanken kam und in die falsche Richtung ausschlug, konnte es zur Katastrophe kommen. Im schlimmsten Fall würde das Zusammenspiel ihrer geballten Kräfte dazu führen, dass das gesamte Gebäude über uns zusammenbrach. Das wusste auch Gabriel, und er würde es niemals riskieren.
Ich beobachtete die fassungslosen Studenten, die nur noch hofften, dass diese schreckliche Situation endlich ein Ende nahm. Einige Jungen versuchten, die schluchzenden Mädchen zu beruhigen und sie mit ihrem eigenen Körper zu schützen, während andere hilflos auf ihren Stühlen kauerten und den Kopf in die Hände gelegt hatten. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, für sie musste es aussehen, als ob das Ende der Welt bevorstand.
«Du hast kein Recht, an diesen Ort einzudringen», sagte Gabriel mit einer Stimme wie Stahl. «Dass du hier bist, ist illegal.»
«Genau wie du, Bruder», sagte Hamiel. «Erzähl mal, was denkt man denn im Himmel zurzeit so über Verräter?»
«Nur weil ich Unschuldige schütze, bin ich noch lange kein Verräter», fauchte Gabriel. «Und jetzt sag mir: Wer ist euer Auftraggeber?»
«Wir dienen dem Königreich», sagte Hamiel stolz.
«Lüg mich nicht an», donnerte Gabriel und wedelte angewidert mit der Hand. « Er würde so etwas niemals zulassen.»
Hamiel zeigte mit seinem behandschuhten Finger auf mich. «Dieser Engel hat das Gesetz gebrochen. Diese Tat wird nicht ungesühnt bleiben.»
«Und deine auch nicht», erwiderte Gabriel.
«Ihr hättet dieses Versteckspiel ja nicht spielen müssen.» Hamiel lachte verächtlich auf. «Was habt ihr denn gedacht, wie lange wir uns aufs Glatteis führen lassen?»
«Dir geht es nur darum, das Gesicht zu wahren, stimmt’s?», sagte Gabriel
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