Heaven (German Edition)
feste Überzeugung.
Xavier starrte die Leiche seines Mitbewohners an.
«Was hast du getan?!», hörte ich ihn völlig aufgelöst rufen. Spencer war sein Verbindungsbruder, sein Kumpel, sein Freund. Und jetzt war auch er unseretwegen tot. Xavier taumelte zurück und lehnte sich an einen Tisch. Ich wusste nicht, wie viele Tote er noch ertragen konnte. Jeglicher Kampfgeist in mir erlosch in diesem Moment.
Gabriel schäumte vor Wut. Ivy schien sich für einen Moment in sich selbst zu verkriechen, doch als sie die Augen wieder aufschlug, eröffnete sie das Feuer auf Hamiel und schleuderte tödliche Blitze in seine Richtung ab. Hamiel überschlug sich in der Luft und wich dem Angriff trotz seiner Größe aus. Gabriel konzentrierte sich auf den Schutz der Studenten und webte Netze aus blauem Licht über jeden einzelnen. Die Netze wirkten zart, waren aber stark und unzerreißbar wie Stahlkäfige. Hamiel jedoch scherte sich gar nicht mehr um die Studenten. Er hatte nur noch uns im Blick.
Ich versuchte, alle Kräfte, die in mir schliefen, zu bündeln, war aber von dem, was ich gesehen hatte, zu betäubt, um zu handeln. Als Hamiel nach mir griff, hob ich daher lediglich die Hände, um mich zu schützen. Er packte mich mit seinen riesigen Händen am Handgelenk und drehte mir die Arme um, bis die Knochen knackten wie Äste. Dann schleuderte er mich weg. Ich flog durch die Luft wie eine Puppe und rollte über die Tische, wo mein Kopf wieder und wieder gegen das Holz knallte. Als ich auf meinem gebrochenen Handgelenk landete, wurde mir übel vor Schmerz. Sofort war Gabriel bei mir, legte den Arm um mich und hob mich hoch. Ich fühlte mich zwar völlig benebelt, erinnerte mich aber trotzdem noch an etwas Wichtiges.
«Xavier», flüsterte ich und versuchte mich zu befreien. Doch sofort fuhr mir ein stechender Schmerz durch die Hand. Hilflos erkannte ich, dass Xavier vollkommen schutzlos war.
«Beth!» Er schien Hamiel völlig vergessen zu haben, seine ganze Sorge galt mir. Aber er war weit weg, am anderen Ende des Hörsaals, und konnte nicht zu mir gelangen. Wie immer, wenn ich in Gefahr war, blendete er alles um sich herum aus, wohingegen ich genau wahrnahm, was vor sich ging. Und so sah ich, wie Hamiels bedrohliche Gestalt mit gierigem Gesichtsausdruck hinter Xavier auftauchte. Der Sieg war schneller und einfacher zu erringen, als er erwartet hatte. Als Hamiels schwarze Augen meinen Blick trafen, lächelte er befriedigt, bevor er lässig nach seinem Zepter griff und Xavier ein Bündel aus Blitzen in den Rücken jagte.
Erstarrt griff sich Xavier ans Herz und sank mit verwundertem Blick langsam auf die Knie. Da er mich dabei noch immer unverwandt anschaute, konnte ich sehen, wie sich in seinen Augen zuerst Schock spiegelte, dann Schmerz und schließlich demütiges Ergeben. Einen Moment später schlossen sich seine Lider, und er sank zu Boden.
Als Xavier zusammenbrach, schrie ich so laut, dass mir die Lungen wehtaten. Es war fast zu schnell geschehen, als dass ich es begreifen konnte, aber ich hatte beinahe gehört, wie sein Herz aufgehört hatte zu schlagen, und gesehen, wie das Licht in seinen Augen erloschen war. Ivy sah Hamiel an. Ihr Blick drückte nur eins aus: Rache. Doch der Anführer der Sieben Reiter kauerte sich plötzlich zusammen und flog schnell wie eine Kanonenkugel nach oben, bis er von dem Loch in der Decke verschluckt war. Das Letzte, was wir von ihm sahen, waren sein flatternder Umhang und sein triumphierender Blick. Putz wirbelte weiter auf, regnete auf uns herab wie blasse Granatsplitter und hüllte uns in eine weiße Staubwolke ein.
Gabriel hielt mich noch immer fest, aber meine Flügel breiteten sich mit solcher Kraft aus, dass sie ihn umwarfen. Im nächsten Moment hatten sie mich zu Xavier getragen. Ich legte meine schwache, gebrochene Hand auf seine Brust und schüttelte ihn. Schmerz verspürte ich keinen mehr. Ivy und Gabriel eilten an meine Seite und wechselten hastig ein paar Worte, die ich aber kaum wahrnahm. Ich hatte das Gefühl, weit, weit weg zu sein, während meine Gedanken von einem lauten Dröhnen übertönt wurden. Mein Gehirn weigerte sich zu verstehen, was geschehen war. Nebel hüllte mich ein und wirbelte durch meinen Kopf. Ich spürte nichts als ein gähnendes Loch tief in mir. Gabriel legte Xavier einen Finger an den Hals und suchte seinen Puls. Dann wechselte er einen Blick mit Ivy und schüttelte kaum merklich den Kopf. All das konnte einfach nicht real sein. Doch tief in mir wusste
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