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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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bitte um Erhellung.»
    «Es ist nichts Weltbewegendes.» Raphael lächelte vorwitzig. «Nur dieses: Ich bin stärker als du.»
    «Ach, wirklich?»
    Für einen Moment hingen Luzifers Worte in der Luft. Dann begann Xavier zu würgen. Die Adern an seinem Hals pulsierten und verhärteten sich, als ob ihn ein Hustenanfall ergriffen hätte. Wir warteten darauf, dass der Anfall vorüberging, aber das tat er nicht. Xavier verdrehte die Augen und hielt sich am Bettgestell fest. Seine Lippen verfärbten sich blau. Als Raphael jetzt sprach, dröhnte seine Stimme wie Donner, so klein, wie er war.
    «Verlasse diesen Tempel des Herrn! Zeige nie mehr dein Gesicht!»
    «Er erstickt!», schrie ich. «Tu doch was!»
    Raphael löste die Fesseln um Xaviers Handgelenke, und gemeinsam halfen wir ihm, sich aufzurichten. Dann schlug Raphael ihm mehrmals hintereinander mit der Handkante zwischen die Schulterblätter, bis ihm ein Fremdkörper aus dem Hals schoss. Als sein Kopf zur Seite flog wie bei einer Puppe, konnte ich deutlich sehen, wie erschöpft Xavier war. Neben ihm auf der Matratze lag das Problem: mehrere unheimlich aussehende Krallen, voller Blut, weil sie ihm im Hals gesteckt hatten. Ich nahm eine hoch und sah sie prüfend an. Sie waren grau und rund mit scharfen Spitzen, wie um damit Beute zu packen. Sie sahen aus, als gehörten sie zu einem prähistorischen Vogel.
    Raphael nutzte die Gelegenheit, um mit ruhiger Stimme den Beschwörungsritus zu sprechen, ohne Atempause, als ob jede Unterbrechung das Ergebnis schmälern könnte.
    «Ich beschwöre dich im Namen des Schöpfers, aus diesem Kind Gottes auszufahren. Fahre aus, du Verführer der Menschen, Zerstörer der Völker, Fürst der Dunkelheit. Verbeuge dich vor einer Macht, die weit größer ist als die deine.»
    «Es gibt keine größere.» Luzifers Stimme wurde leiser, knackend, als ob er durch eine schlechte Telefonverbindung zu uns spräche.
    «Versuche nicht, dich zu wehren. Deine Pläne bringen nichts ein. Verlasse dieses heilige Haus, teuflischer Lindwurm. Je länger du bleibst, desto schwerer wird deine Strafe ausfallen. Deine Kraft schreckt uns nicht. Voraus! Voraus!» Das letzte Wort wiederholte er wie ein kraftvolles Mantra.
    Xavier begann erneut zu husten, und Panik ergriff mich. War dies eine Niederlage? Dann aber bemerkte ich, dass der Husten dieses Mal anders klang. Xavier erstickte nicht, er versuchte lediglich, etwas auszuhusten. Aus seinem geöffneten Mund quoll etwas, das lang, dunkel und reptilienartig aussah. Abgesehen von einem weißen pulsierenden Hals, der an einen Frosch erinnerte, war es schwarz und schuppig. Ich erkannte erst nach genauem Hinsehen, dass es eine Schlange war, die sich einen Weg aus Xaviers Körper bahnte, wo sie tief in ihm aufgerollt geruht haben musste. Sie glitt vom Bett auf den Betonboden, ringelte und drehte sich, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Über einem Riss im Boden, der sich sofort mit einem schrillen Ächzen weitete, blieb sie liegen. Als er groß genug war, verschlang er sie schmatzend, bevor sich der Riss wieder schloss und nichts hinterließ als einen faulen Geruch und eine schwarze Schleimspur. Gleichzeitig mit der Schlange verschwand Jakes Geist.
    «Beth?» Die Stimme, die die Stille durchbrach, war heiser, aber sie gehörte ohne Zweifel Xavier.
    Ich sank neben ihm auf die Knie und presste mein Gesicht an seinen Hals. «Ich bin hier. Es ist vorbei. Es ist vorbei.»
    «Wir haben es geschafft?»
    «Habe ich dir doch gesagt.» Ich lachte und weinte gleichzeitig vor Erleichterung. Ivy holte ihm ein Glas Wasser. Xavier trank mit so zittriger Hand, dass er die Hälfte verschüttete. Dann nahm er meine Hände, drückte sie an sein Herz und ließ sich auf das ramponierte Kissen sinken, am Ende seiner Kraft, aber endlich befreit. Dass seine blauen, lebendigen Augen wieder ihm selbst gehörten, berauschte mich regelrecht. Noch enger hätte ich ihn nicht an mich drücken können. Am liebsten hätte ich ihn in meinen eigenen Körper aufgesaugt, damit ihm niemand mehr etwas antun konnte.
    Raphael räusperte sich höflich, um uns daran zu erinnern, dass er auch noch da war. Es schien ihm peinlich zu sein, diesen sehr privaten Moment zu stören.
    «Das ist Raphael», erklärte ich Xavier. «Er hat uns das Leben gerettet.» Es gab keine Trennung mehr zwischen seinem Leben und meinem, sie waren komplett miteinander verwoben. Wer einem von uns etwas antat, tat es auch dem anderen an, und wenn einer von uns starb … Ich

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