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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ditto Beth
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Schlägertypen postierten sich rund um Kathys kleines Auto, in dem wir hockten. Sie nannten uns »Fat Farm«. Sie schlugen auf das Autodach ein. »Steigt aus, wir mischen euch auf!«, luden sie uns ein.
    Jeri saß einfach nur auf dem Beifahrersitz neben Kathy und starrte aus dem Fenster. Die fiesen Schlägervisagen glitten über die Windschutzscheibe. Sie schlugen mit ihren fleischigen Handflächen gegen das Fenster, als wollten sie Jeri auf den Kopf hauen. Wäre er ausgestiegen, um ihnen zu zeigen, mit wem sie es zu tun hatten, hätten sich die Feiglinge in die Hosen gemacht, aber Jeri war nicht nur Pazifist, sondern auch eine Lady. Wir kauerten uns so lange zusammen, bis sie die Lust verloren und verschwanden. Wir blieben schweigend sitzen und lauschten der Stille. Jetzt, da keine zehn Fäuste mehr auf das Dach trommelten, war es viel ruhiger. Wir saßen einfach nur da, hörten Musik, versuchten, uns zusammenzunehmen und unsere Rückfahrt zu planen.
    Das Münztelefon draußen auf dem Parkplatz erinnerte mich wieder daran, dass ich meine Mutter anrufen sollte. »Verflucht noch mal!« Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte, aber ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. Und ich wollte mich auch nicht zur Zielscheibe der Schläger machen, falls sie noch irgendwo in der Nähe waren. Kathy parkte direkt neben der Telefonzelle, und ich rief bei Mom an.
    Â»Lass mich mal kurz mit Vic und Stacy sprechen«, verlangte sie. Ich druckste herum, kam aber endlich mit der Wahrheit heraus: »Wir sind gar nicht bei Vic und Stacy. Nathan hat gelogen.« Meiner Mom ebenfalls eine Lüge zu erzählen, war mir gar nicht in den Sinn gekommen, da ihr meistens sowieso egal war, was ich machte.
    Â»Ihr seid also gar nicht irgendwo untergekommen?«, fragte sie.
    Â»Nein, wir sind auf dem Parkplatz an der Raststätte und wären fast verprügelt worden. Wir trinken noch Kaffee, dann fahren wir nach Hause. Ich übernachte bei Jeri.«
    Â»Ich komme und hol dich ab«, sagte sie. Es war seltsam, wenn sie mütterliches Interesse an meinem Wohlbefinden an den Tag legte. Wir sahen einander so gut wie nie – in jüngster Zeit war sie dazu übergegangen, mithilfe eines Notizbuches mit mir zu kommunizieren, das sie bei sich im Haus liegen ließ. Erst kürzlich hatte sie mir einen Zettel zwischen die Seiten meines Biologiebuches gesteckt: »Hab dich lieb. Auch wenn d u ’s nicht glauben willst, ich hab dich lieb.« Das alles machte mich traurig.
    Mom kam bis nach Little Rock gefahren, um mich im Anschluss bei meiner neunzehnjährigen Schwester abzuliefern. »Ich wollte bei dir in deinem Wasserbett schlafen«, sagte ich zu Jeri, schlang meine Arme um seinen stabilen großen Körper und umarmte ihn zum Abschied. Ich hatte die Nacht mit einer Pyjamaparty beschließen und mich im Dunkeln über tiefgründige Themen unterhalten wollen: über die Liebe, Gott und unsere Familien, über Musik und Klamotten, das Leben außerhalb von Arkansas und wie gut es war, dass Nathan so viel log, weil wir sonst den Ausflug nach Little Rock nicht unternommen hätten, der so viel Spaß gemacht hatte. Stattdessen würde ich mich im Bett meiner Schwester vor der Dunkelheit fürchten. Aber ich wusste, dass sich in jener Nacht zwischen meinen neuen Freunden und mir etwas verändert hatte. Wir waren uns während unseres Abenteuers nähergekommen, und als ich in Moms Wagen davonfuhr, konnte ich spüren, dass ich wirklich zu ihnen gehörte und sie zu mir.
    Ohne sie hätte ich heute nicht das Leben, das ich habe, würde nicht denken, was ich denke, wäre nicht ich selbst. Ich wäre schwanger, würde immer noch in Arkansas leben und mich fragen, warum ich trotz der ganzen Babys immer noch lesbische Gefühle hätte. Jeri ist immer noch ein Seelenverwandter für mich, und Nathan stellt mich nach wie vor mit seinem Wissen über Musik und Kultur, über alles eigentlich, in den Schatten. In kreativer Hinsicht bleibt er durch mich geerdet, während er mir seinerseits Flausen in den Kopf setzt. Kathy ist das erste Mädchen, in das ich mich bewusst verliebte, und schon deshalb wird sie für immer einen Platz in meinem Herzen haben. Ich glaube, meine Mom hat mich verzaubert und diese Menschen in mein Leben gebracht. Denn es kommt mir vor, als wäre es vorherbestimmt gewesen, dass wir uns kennenlernten.

FÜNFZEHN
    15
    SO

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