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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ditto Beth
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einen kleinen Geldbetrag geschenkt.
    Wenn man wie ich mit der Hälfte der Einwohner der Region verwandt ist, kommt dabei ganz schön was zusammen. Plötzlich hatte ich Geld für Olympia. Ich, die zuvor nie auch nur irgendetwas hatte, besaß jetzt ein bisschen Geld und ein Ticket in die Heimatstadt von Riot Grrrl, wo meine Freunde mich bereits sehnlichst erwarteten. Am Abend vor meiner Abreise fuhr Mom mit mir zu meiner Schwester. Meine Schwester und mein Bruder sollten mich am Morgen zum Flughafen bringen. Mom kam nicht mit, sie hasste Abschiede. Ich nahm alles mit, was ich besaß. Ich hatte zwar weiterhin vor, wieder nach Arkansas zurückzukehren, aber ich war noch nie zuvor verreist und brauchte natürlich all meine besten Sachen in Olympia! Und aufgrund meiner Herumtreibermentalität wollte ich die wichtigen Dinge immer bei mir haben. Für mich war klar, dass überall auf den Straßen Riot Grrrls sein würden. Ich könnte weitere Freundschaften schließen und wäre endlich wieder mit Jeri, Kathy und Nathan zusammen.
    Ich weiß, dass meine Mom mich verhext hatte, damit ich den Absprung aus Arkansas schaffte, genauso, wie sie mich verhext hatte, damit ich nicht schwanger wurde, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte. Ich glaube wirklich, dass Mom das alles ermöglichte, weil sie uns gut erziehen wollte und sich wünschte, dass wir all die Dinge bekamen, auf die man verzichten musste, wenn man wie sie so jung schon Mutter wurde. An jenem Abend auf dem Weg zum Haus meiner Schwester, als ich in dem seltsam stillen Wagen saß, befand ich mich in ihrem Bann.
    Ich war noch nie zuvor geflogen. Damals durfte man seine Freunde noch bis ans Gate bringen. Anthony, mein Bruder und meine Schwester begleiteten mich. Mein Bruder gab mir eine Karte von meiner alten Freundin Crystal. Die beiden waren inzwischen ein Paar und sind es bis heute. Auf der Karte stand: »Ich kann nicht glauben, dass du nach Seattle fliegst!« In dem Umschlag steckte außerdem eine Telefonkarte, damit ich Ferngespräche nach Arkansas führen konnte. Ich dachte: »Jetzt mach ic h ’s. Ich gehe wirklich weg.«
    Meine Geschwister und mich verbindet eine ganz besondere Liebe. Wir sagen einander nicht oft, wie sehr wir uns lieben, aber wir tun es. Das Gefühl ist stark, und als sie sich von mir verabschiedeten, spürte ich es. Ich wusste, dass sie alles getan hatten, damit ich bekam, was ich wollte, einschließlich der Chance auf ein Leben außerhalb von Arkansas. Ich war immer schon anders als meine älteren Brüder und Schwestern. Sie passen mehr oder weniger dorthin, wo wir herkommen. Sie haben herausbekommen, wie man trotz all der schmerzhaften Erinnerungen dort ein gutes Leben führen kann. Dass jemand Judsonia verließ, war sehr ungewöhnlich. Aber ich war auch ungewöhnlich, und deshalb ergab das alles Sinn. Sie wünschten mir das beste und tollste Leben, das man sich vorstellen konnte.
    Besonders meine Schwester Akasha achtete sehr auf mich. Sie hatte ganz allein herausfinden müssen, wie es im College ablief. Als Teenager war sie jeden Morgen aufgestanden und hatte dafür gesorgt, dass wir beide zur Schule gingen. Sie musste eigenhändig Unterstützung beantragen, um aufs College gehen zu dürfen. Sie hatte sich gewünscht, dass wir beide zusammen das Ole Miss in Mississippi besuchen würden. Stattdessen besuchte sie nun das Community College in Beebe, Arkansas, setzte mich in ein Flugzeug und stieß mich hinaus in die Welt.

SIEBZEHN
    17
    ALS ICH IN OLYMPIA EINTRAF, dachte ich noch, in einer durchschnittlichen Stadt könne es nie mehr als höchstens fünfzehn Punks geben. Ich war so naiv. Ich dachte, Kill Rock Stars sei ein Mailorderservice für Kassetten, der so was wie Nathan machte, nur viel cooler. Sassy hatte ich nie gelesen. Ich hatte nur von den anderen, die es gelesen hatten, einiges darüber gehört. Und deshalb konnte ich nicht wissen, wie wahnsinnig groß die Szene war, in die ich mich jetzt begab. Erst als ich in Olympia gelandet war, merkte ich, wie wenig ich eigentlich wusste.
    Die Wohnung, die Kathy für uns aufgetrieben hatte, war widerlich, denn die Feuerschlucker und Zirkuspunks, die kurz zuvor ausgezogen waren, hatten das Haus einfach verkommen lassen. Zum Glück war ich dank Tante Jannie unempfindlich gegenüber heillosem Durcheinander. Für mich war das kein großes Ding. Ich teilte mir im Wohnzimmer eine

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