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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ditto Beth
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wahrzunehmen vermochte. Er brach ein in den dunklen kalten Morgen, der sich in meinem Herzen ausgebreitet hatte und alles absterben ließ.
    Nachts war es schrecklich. Ich hatte Albträume, träumte von meiner Mom, meinem Onkel und meinem Dad, wachte oft weinend auf. Ich wollte nicht wieder einschlafen und meinen Fantasiegespinsten erneut begegnen, aber in der furchtbaren Dunkelheit wollte ich auch nicht bleiben – meinen kaputten, aber viel zu realitätsnahen Gedanken ausgeliefert.
    Ich wurde noch dünner, während sich gleichzeitig meine Sehkraft verschlechterte. Eines Tages wachte ich auf und war völlig blind, wie vorher schon auf Tour. Doch dieses Mal dauerte es mehrere Angst einflößende Minuten und nicht nur einen kurzen Moment. Man muss sich vorstellen, wie langsam eine Minute vergeht, wenn man plötzlich die Sehkraft verliert. Man glaubt, vor Angst wahnsinnig zu werden. Erst bekam alles einen Lilastich, und dann wurde alles weiß, bevor ich zu Boden fiel. Das passierte einmal, dann noch einmal und immer wieder. Ich rief um Hilfe, nach Nathan, Kathy oder Freddie. Dann kehrte meine Sehkraft zurück, und ich tat, als wäre nichts gewesen. Bis es wieder passierte.
    Während ich mich in diesem Zustand befand, wurde es auch zwischen mir und Freddie problematisch. Ich war mit den Nerven am Ende und verlor schon wegen Kleinigkeiten die Kontrolle. Wenn wir Sex hatten, stieß ich ihn ganz plötzlich von mir weg und schlug ihm ins Gesicht. Er war der Einzige, an den ich mich anlehnen konnte. Aber mit der Zeit wurde ihm die Situation zu anstrengend.
    Freddie umfasste die dickste Stelle meines inzwischen mageren Arms. »An dir ist kaum noch was dran«, meinte er. »Kommt mir gar nicht so vor«, erwiderte ich. Ich fühlte mich nicht dünn, hatte aber nur noch Größe 38 und bemerkte es nicht. Ich ging zum Augenarzt. Er meinte: »Da stimmt was nicht mit Ihren Augen, das muss untersucht werden.« Er überwies mich zu einem Spezialisten. Doch ich hatte kein Geld für einen Spezialisten, ich konnte ja nicht mal ihn bezahlen. Ich nahm die Brille, die er mir verschrieben hatte, und ließ mich nie wieder dort blicken.
    Aber es dauerte nicht lange, bis die Brille nicht mehr half. Meine Sehkraft ließ weiter nach. Meine Augen waren gerötet, um die Iris hatte sich ein roter Rand gebildet, der die Pupille umschloss. Ungefähr ein Jahr lang unternahm ich nichts, bis ich ohne eine stärkere Brille nicht mehr zurechtkam. Dann ging ich erneut zum Arzt, war noch immer dünn, und meine Sehkraft war merklich schlechter geworden. Mein Gesicht war halbseitig gelähmt, ich sah aus, als hätte ich einen Schlag anfall gehabt. Ich konnte meinen Mund nicht mehr schließen und Wasser nur trinken, wenn ich den Kopf in den Nacken legte. Die Lähmung legte mal die eine Hälfte meines Gesichts, dann wieder die andere lahm. Der Augenarzt betrachtete mich mit großer Besorgnis. »Sie waren nicht bei dem Spezialisten.« Das war keine Frage. Ihm war klar, dass ich nicht dort gewesen war.
    Ich verlor dreißig Prozent meiner Sehkraft auf dem rechten Auge, kann bis heute nicht gut sehen. Auf dem linken Ohr büßte ich vierzig Prozent meiner Hörstärke ein. Und auch meine Kehle hatte jetzt Aussetzer. Bei der Arbeit wollte ich einen Donut essen, doch er kam mir zur Nase wieder raus. Die Muskeln in meiner Kehle versagten ihren Dienst. Erst konnte ich nicht mehr schlucken und dann auch nicht mehr sprechen. Ohne Muskeln können die Stimmbänder nicht vibrieren, deshalb kam meine Stimme plötzlich aus meiner Nase, wie der Donut – blechern und nasal, ein schlechter Scherz. Ich erinnere mich noch, als das zum ersten Mal passierte. Ich fragte meinen Kollegen, ob er meine Stimme hören könne. Er sah mich an, als wäre ich verrückt. »Ja, ich kann deine Stimme hören.« Aber irgendetwas war nicht in Ordnung, entweder mit meiner Stimme oder mit meinem Kopf. Oder vielleicht verlor ich einfach nur den Verstand.
    Bei meinem zweiten Augenarztbesuch bekam ich zu hören: »Wenn Sie nicht sofort einen Spezialisten aufsuchen, werden Sie erblinden. Und wenn Sie mir jetzt erklären, dass Sie sich keinen leisten können, dann stecke ich Sie in einen Krankenwagen und lasse Sie dorthin abtransportieren.« Der Augenarzt hatte mir in die Augen gesehen und Knötchen dort entdeckt. Er erklärte mir, dass ich an einer Krankheit namens Sarkoidose

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