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Heavy Metal (German Edition)

Heavy Metal (German Edition)

Titel: Heavy Metal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Rodenkirchen
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Manni, der inzwischen neben der Frau Platz genommen hatte und ihr seine Hand anbot, die sie krampfhaft festhielt. Nach einer weiteren kurzen Weinattacke schien Margot Wenisch abrupt ihre Fassung wiedererlangt zu haben, entzog Manni die Hand und stellte mit starker Stimme fest, dass die beiden Herren doch sicher einen Kaffee wünschten.
    Kamphaus kannte diese Ruhe vor dem Sturm. Diesen Schockzustand, der einen Menschen alles mögliche tun ließ, um das eben Gehörte langsamer als nötig sacken zu lassen. Daher stimmte er dankend zu.
    „Ein Kaffee wäre sehr freundlich, vielen Dank.“
    Während die Frau, Kamphaus schätzte sie auf Mitte bis Ende Vierzig, mit forschen Schritten in die angrenzende Küche eilte, setzte sich Manni wieder neben ihn.

    „Die ist total fertig, lass uns einen Arzt rufen.“
    „Warte“, entgegnete Kamphaus. „Lass uns jetzt erst mal warten, bis ihr Mann hier ist und schauen, wie sie sich hält. Ich würde gerne noch mehr über Anna erfahren.“
    „Das hat doch Zeit, sie steht unter Schock, siehst du das nicht?“
    Kamphaus sah Manfred Krämer an. „Ich mache das auch nicht zum ersten mal wie du weißt. Ich sage, dass wir noch ein wenig abwarten.“
    Das Poltern und Klirren aus dem Nebenraum riss beide Polizisten augenblicklich von dem Wildledersofa hoch. Manni erreichte den Durchgang zur Küche als erster und noch bevor Kamphaus einen Blick auf die Szene werfen konnte, rief Manni ihm „Krankenwagen!“ entgegen.

    Die wenigen Schnitte, die sich Margot Wenisch zugezogen hatte, als sie gemeinsam mit der gläsernen Kaffekanne auf dem Boden aufgeprallt war, waren nicht tief. Sie hatten die ohnmächtige Frau auf das Sofa getragen und die Wunden am Oberarm notdürftig mit Küchenkrepp versorgt. Sie war relativ schnell wieder zu sich gekommen, wenn sie auch außer „Anna! Wo haben Sie meine Kind hingebracht?“ nicht viel hervorgebracht hatte. Kamphaus ignorierte Mannis vorwurfsvolle Blicke und sah auf seine Uhr. Als es an der Haustür klingelte, vermutete Kamphaus zunächst dankbar Herrn Wenisch, wobei ihm schnell klar wurde, dass dieser wohl einen Schüssel zu seinem Heim besitzen würde. Hinter der mit Milchglasfenster versehen Haustür zeichneten sich schemenhaft zwei weiß gekleidete Gestalten ab, denen er öffnete.

    Der betagte Notarzt verpasste Margot Wenisch augenblicklich eine Beruhigungsspritze, um anschließend ihre Schnittwunden zu begutachten. Mit einem Ohr bekam Kamphaus mit, wie Manni die Situation erklärte. Sein Blick streifte indes über die Familienfotos an der Wand neben dem riesigen Wohnzimmerschrank. Er sah Anna Wenisch als Kleinkind mit einem Plastiktelefon telefonierend, nur wenig älter nackt im Planschbecken spielend, als Funkemariechen beim Kinderkarneval und mit Schultüte bei der Einschulung. Nur ein einziges aktuelles Foto, das auf der Anrichte, hatte ihm vorhin verraten, dass es sich wirklich um die Tote von letzter Nacht handelte. Die strohblonden Haare und diese leuchtend blauen Augen, die ihn so kalt angestarrt hatten. Sie war eine wirklich hübsche junge Frau gewesen.
    „Ich verstehe das alles nicht“. Gerd Wenisch hatte sich, nachdem er  in seinem Wohnzimmer fassungslos zwei Polizisten und zwei Sanitäter vorgefunden und seiner mittlerweile tief und fest schlafenden Frau nur kurz über die Haare gestrichen hatte, an Kamphaus und Manni gewandt. Als diese ihm alles mitgeteilt und er die Instruktionen des Notarztes entgegengenommen hatte, der sich nun wieder verabschiedete, saßen sie sich für einige Sekunden schweigend am Esstisch gegenüber, bevor Wenisch zu reden begann.
    „Ich verstehe das alles nicht“, wiederholte der Mann vor ihnen kopfschüttelnd und Kamphaus entgegnete ihm ein weiteres Mal, dass es ihnen sehr leid tue, sie jedoch momentan nicht mehr berichten könnten.
    „Sie hatte in der letzten Zeit wohl ihre Sturm und Drang- Phase“, erwiderte Annas Vater, der fast mehr zu sich selbst zu sprechen schien.
    „Sie war ja mit 17 auch in dem Alter. Wollte sich wohl ein bisschen mehr von zu Hause abgrenzen. Aber waren wir früher anders? Alles in allem hatten wir keine Probleme mit ihr. Sie ist wirkliche ein gutes Kind... sie war ...“
    Gerd Wenisch hob den Kopf an und sah beiden Kommissaren abwechselnd in die Augen. In seinem Gesicht bahnte sich eine einzige Träne ihren Weg hinab auf einen sauber getrimmten Schnurrbart.
    „Aber das sie so etwas macht ... Wir waren doch immer für sie da! Traurig sterben ... warum war sie denn nur traurig?

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