Heavy Metal (German Edition)
Was haben wir falsch gemacht?“
„Herr Wenisch, es tut uns wirklich alles sehr leid. Glauben Sie, dass sie ohne Hilfe zurechtkommen“, Manni sah fragend zu dem ihm gegenüber sitzenden Mann, der diese Sorge mit einer Handbewegung abtat.
„Natürlich, machen Sie sich keine Gedanken um mich. Ich werde mich um Margot kümmern wie der Arzt gesagt hat. Jetzt muss ich erst mal einige Telefonate erledigen. Wann glauben Sie ... werden wir Anna beerdigen können?“
Kamphaus seufzte bedauernd. „Das wissen wir noch nicht genau, Herr Wenisch. Momentan wird sie noch obduziert. Routine. Wahrscheinlich in zwei oder drei Tagen schätze ich. Unsere Kollegen werden sie informieren“
„Obduziert? Mein Gott ... Und der Fahrer? Was ist mit ihm?“
Gerd Wenisch hatte sich die Träne mit dem Handrücken vom Schnäuzer gewischt und sah Kamphaus abwartend an.
„Er lebt, wenn wir auch noch nicht wissen, ob er durchkommen wird. Sein Name ist Gernold Serrig aus Zülpich. Sagt ihnen das etwas?“
„Nein, nie gehört. Serrig … nein wirklich nicht“.
Herr Wenisch, wir müssen jetzt leider gehen. Dürfen wir sie später nochmals kontaktieren, falls sich noch weitere Fragen ergeben sollten?“
„Was denn für Fragen?“
„Nur für den Fall. Außerdem lasse ich Ihnen unsere Telefonnummer da, sollten Sie noch etwas wissen wollen oder sollten hier Hinweise auftauchen wie etwa ein Abschiedsbrief Ihrer Tochter.“
Kamphaus hielt Manni fordernd die offene Hand hin, der ihm wie automatisiert einen Kugelschreiber hineinlegte. Es war ein Running-Gag zwischen den beiden Kollegen, denn Kamphaus verlegte jegliches in seinem Besitz befindliche Schreibgerät sofort. Momentan war beiden allerdings nicht zu dem üblichen Grinsen zumute, dass diese Situation normalerweise nach sich zog.
„Ich notiere Ihnen hier auf der Rückseite der Karte einfach unsere Durchwahl.“ Der Oberkommissar formte eine „230“ auf die starre Pappe seiner Visitenkarte der Euskirchener Kriminalpolizei.
„Lassen Sie bei einem Anruf einfach die Null am Ende weg und wählen Sie sofort zu uns durch“.
An der Tür reichte Gerd Wenisch den beiden Kommissaren die Hand.
„Sagen Sie, Herr Kamphaus, kann ich meine Tochter noch einmal sehen?“
„Vielleicht unterdrücken Sie diesen Wunsch besser“, antwortete Kamphaus. Er nickte zum Abschied, wandte sich schnell um und ging zügig in Richtung des Dienstwagens.
6. Kapitel
Das Spiel war lau. Bernd Kamphaus konnte dem müden Championsleague-Kick zwischen seinem fußballerischen Erzfeind Bayern München und irgendeiner osteuropäischen Mannschaft aber nicht nur deshalb kaum folgen. Sein „Feierabend ist Feierabend“-Motto unbewusst missachtend, wanderten seine Gedanken immer wieder zu der toten Anna Wenisch und ihrem ominösen Selbstmord. Was lies ihm auch nur den leisen Hauch eines Zweifels daran, dass es sich um nichts anderes als einen Suizid handelte? Er trug den Teller mit einer angeknabberten Salzgurke zurück in die Küche. Eigentlich hätte es ein netter Fußball-Abend werden sollen. Er, ein paar leckere Schwarzbrote mit Leberwurst und Senf garniert mit Gürkchen und einige „Bitburger“ frisch aus der Dose – Manchmal konnte er ein richtiger Spießer sein. Aber es gelang ihm heute absolut nicht, sich innerlich von seiner Arbeit loszureißen. Dazu kam noch, dass ihm der Traum vom frühen Morgen immer noch hinterherlief. Er könnte seine Ex-Frau auch ruhig noch einmal anrufen. Es war sicher ein Jahr vergangen, seit er sie zum letzten Mal gesprochen hatte. Aber warum sollte er das tun, was sollte er sagen? Und überhaupt: Wollte er das überhaupt, sie anrufen? Er musste sehr aufpassen, dass er nicht zum Prototypen eines TV-Kommissars mutierte: Geschieden, ohne viel Privatleben, die meisten sozialen Kontakte während der Arbeit oder mit Kollegen und außerhalb des Jobs keine wirklichen Interessen.
Bernd Kamphaus musste grinsen. Er war längst so geworden.
Halbzeit. Selbst die Kartoffelchips schmeckten ihm heute nicht. Morgen würde er sich den ganzen Tag Anna und diesem Serrig widmen, sofern nichts Nennenswertes dazwischen käme. Das Obduktionsprotokoll würde sicherlich fertig sein und ein Besuch bei Frau Serrig stand noch an. Auch die Notebook-Schnüffelei von Arnie würde hoffentlich erledigt sein, obwohl ihm dieser Wunsch dem Spurensucher gegenüber im Nachhinein fast peinlich war. Wenn es bis Dienstschluss keine weiteren Erkenntnisse gäbe, die auf irgendetwas anderes als auf einen Selbstmord
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