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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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kein Wort. »Und warum lassen Sie Geesche dann allein? Warum helfen Sie ihr nicht?«
    Dr. Nissen stand auf, als hätte er sich soeben entschlossen, zum Abendessen in die ›Dünenhalle‹ zu gehen. Doch er ging nur bis zur Öffnung des Steinwalls, dann drehte er sich wieder zu Hanna um. Was er sagte, war so leise, dass Hanna ihn kaum verstehen konnte. »Und das alles, weil ich dir kein Geld gegebenhabe? Was hättest du getan, wenn du die vier Monatsgehälter deiner Mutter bekommen hättest? Das Geld in der Truhe gelassen? Oder Geesche erpresst, damit sie dir was abgibt?«
    Hanna hätte ihm auch dann nicht geantwortet, wenn sie allein geblieben wären. Als Dr. Nissen sah, dass ihre Mutter und ihr Bruder auf das Haus zugelaufen kamen, machte er keinen Versuch, Hanna zu einer Antwort zu bewegen. Ohne ein Wort und ohne einen Blick ging er ins Haus und dort sofort in sein Zimmer. Laut ließ er die Tür ins Schloss fallen, und Hanna wusste, was er damit sagen wollte: Ein Mann wie er lauschte nicht an der Tür der Wohnstube. Auch dann nicht, wenn sich dahinter das Schicksal seiner Verlobten entschied.
    Ebbo war Freda einige Schritte voraus. »Stimmt es, was in Westerland geredet wird?«, fragte er Hanna atemlos. »Die Frau des Inselvogts erzählt überall rum, dass Geesche Jensen die Lohngelder gestohlen hat. Und du hättest sie angezeigt.«
    Freda hatte sich die letzten Meter herangeschleppt. Sie machte einen völlig erschöpften Eindruck, als sie endlich neben Ebbo stand. »Sag, dass das nicht wahr ist«, stöhnte sie. »Du hast Geesche nicht angezeigt. Nicht ausgerechnet Geesche!«
    Verzweifelt suchte sie in Hannas Gesicht nach einem Indiz, aber noch während sie suchte, wusste sie, dass die Frau des Inselvogts die Wahrheit gesagt hatte.
    Auch Ebbo deutete Hannas Schweigen richtig. »Bist du verrückt geworden? Du weißt, dass Geesche keine Diebin ist!«
    Hanna sah hochmütig von ihrem Bruder zu ihrer Mutter und wieder zurück. »Ich habe die Beute in ihrer Truhe gefunden.«
    Ebbo ließ sich von dieser Antwort verblüffen. Mit offenem Munde starrte er seine Schwester an. »Ist das wahr?«
    Freda wollte Hannas Antwort nicht hören. Sie griff nach ihren Armen, als wollte sie ihre Tochter durchrütteln. »Wie kannst du Geesche das antun? Du hast immer nur Gutes von ihr erfahren. Ohne Geesche wären wir längst im Armenhaus!Sie ist unsere Wohltäterin! Du darfst in diesem Haus ein- und ausgehen. Du hast dich hier immer wärmen dürfen und hast zu essen bekommen, wenn bei uns die Töpfe leer waren. Geesche war gut zu dir und du …«
    Zornig machte Hanna sich von ihrer Mutter frei. »Sie hat mich nie gemocht«, schrie sie zurück. »Sie hat immer nur so getan.« Ihr Gesicht wurde noch kleiner, noch schmaler, ihre Augen verschwanden beinahe in ihrer Feindseligkeit. »Belogen hat sie mich! Jeden Tag! Macht mir vor, dass ich ihr wichtig bin! Tut so, als ginge es ihr um meine Zukunft! Alles gelogen!«
    Hanna drehte sich um, damit weder ihre Mutter noch ihr Bruder ihre Tränen sehen konnten. Ihre Stimme jedoch schwankte so stark, dass sie niemandem etwas vormachen konnte. »Keiner mag mich! Nur die Comtesse! Und ihr Vater … der mag mich auch. Ein richtiger Graf!«
     
    Heye Buuß redete immer eindringlicher auf Geesche ein. »Nun sag schon, dass du es gewesen bist!«
    Aber jedes Mal erntete er nur ein Kopfschütteln.
    »Wenn das Geld nicht aus der Beute stammt, woher dann?«
    Aber wieder schüttelte Geesche den Kopf. »Das geht niemanden etwas an.«
    Heye Buuß stand auf und reckte sich so hoch wie möglich. Würdevoll sah er auf Geesche herab. »Damit ist der Beweis erbracht. Wenn du ein reines Gewissen hättest, könntest du sagen, was es mit dem Geld in deiner Truhe auf sich hat.«
    »Ich bin keine Diebin, das weißt du!«
    »Dann sag mir, woher du das Geld hast!«
    »Das kann ich nicht. Das ist … etwas sehr Privates. Ich bin darüber keine Rechenschaft schuldig. Es hat niemanden zu interessieren, wie viel Geld ich in meiner Truhe aufbewahre.«
    »Ausflüchte! Alles Ausflüchte!«, rief der Inselvogt so laut, als wollte er, dass vor dem Hause zu hören war, mit welcher Härte er vorging. »Du bist verhaftet, Geesche Jensen!«
    Nun blickte Geesche zum ersten Mal auf. Und sie konnte im Gesicht des Inselvogts lesen, dass ihre Ruhe ihn beunruhigte. Tatsächlich war eine Stille in ihr, die eigentlich nicht den Namen Ruhe verdiente. Eher Resignation, Aufgabe, Kapitulation und ein bisschen auch Erleichterung. Aber das konnte Heye

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