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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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hier die Zeit zubringen, bis ich glaubhaft versichern kann, ihn lange genug gesucht zu haben.«
    Marinus starrte seinen Bruder an. Dann bestellte er ein weiteres Bier. Da er bereits unfähig war, eine Erklärung zu verstehen, die sich ganz einfach anhörte, kam es auf ein weiteres Bier nicht an.
    Zum Glück war Arndt zu einer Erläuterung bereit. »Ich will nicht, dass Dr. Nissen ins Haus kommt. Es ist mir unangenehm, einen Mann, der auf Sylt Urlaub macht, derart zu behelligen. Außerdem … kann ich ihn nicht besonders gut leiden.«
    Marinus nahm sein Bier in Empfang und betrachtete es misstrauisch, weil er plötzlich glaubte, dass es besser war, es nicht zu trinken. Noch während er überlegte, öffnete sich die Tür für einen weiteren späten Gast. Heye Buuß, der Inselvogt, trat ein und ließ die Tür so geräuschvoll ins Schloss fallen, als wollte er sichergehen, dass alle ihn bemerkten. Er sah in die Runde, sein Blick blieb an Arndt und Marinus hängen. Dann beschloss er, dass diese Gesellschaft für einen Inselvogt genau richtig war, und kam auf ihren Tisch zu. Widerwillig rückte Marinus ein Stück zur Seite, damit Heye Buuß neben ihm auf der Bank Platz hatte. »Meine Leute suchen die ganze Insel ab«, sagte er statt einer Begrüßung, »aber Geesche Jensen bleibt unauffindbar.« Er sah die beiden Brüder an, als erwartete erAnerkennung für sein redliches Bemühen. Als nichts dergleichen kam, ergänzte er: »Auch die Inselarbeiter sind ihr auf der Spur. Gerade sind mir wieder ein paar begegnet, die nach ihr suchen. Dabei habe ich es verboten. Was soll aus dem modernen Fremdenverkehr werden, wenn hier noch die Verbrecher gelyncht werden? Das muss ich unbedingt verhindern.« Wieder wartete er auf Zustimmung, auch diesmal vergebens. »Nur gut, dass der Hamburger Arzt bei Geesche Jensen wohnt. Das dürfte die Inselbahnarbeiter davon abhalten, ihr Haus zu plündern.«
    Erneut sprang die Tür auf, und Marinus hörte Arndt leise aufstöhnen. Beinahe hätte er ihn komplizenhaft angelächelt, um ihm zu zeigen, dass er genauso wenig einen weiteren Gast an ihrem Tisch sitzen haben wollte. Aber gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass Arndts Unschuld noch lange nicht bewiesen war. Zwar wünschte er sich nichts sehnlicher, aber dass die Indizien nach wie vor gegen Arndt sprachen, durfte er nicht vergessen. Wenn er auch in diesen Minuten eingesehen hatte, dass er ihn noch immer liebte und damit wohl erst aufhören würde, wenn Arndt ihm ins Gesicht sagte, dass er für Geesches Tod verantwortlich war.
    Mit Dr. Pollacsek drang etwas Neues, Unangenehmes in den »Alten Jennes«. Das begriff Marinus mit einem Schlage, und das fiel auch Arndt und Heye Buuß sofort auf. Sogar an den anderen Tischen wurde aufgemerkt, als die Gäste erkannten, dass der Kurdirektor außer Atem und sehr aufgewühlt war. Er setzte sich dem Inselvogt gegenüber und verzichtete auf eine förmliche Begrüßung. »Ich habe von Ihrer Frau gehört, dass Sie hier sind.«
    Die Serviererin erschien und fragte nach seinen Wünschen, aber Dr. Pollacsek winkte ab. Und als Heye Buuß um ein Bier bitten wollte, winkte er ebenfalls ab. »Sie haben keine Zeit! Kommen Sie mit! Es ist wichtig.«
    Die Gespräche an den anderen Tischen wurden prompt leiser,deshalb musste Dr. Pollacsek flüstern, damit er nicht gehört wurde. »Es ist ein Mord geschehen. In Geesche Jensens Haus. Dr. Nissen liegt tot in seinem Bett.«
     
    Ebbo klopfte das Herz noch immer bis zum Halse, als er zu Hause ankam. Die letzten paar hundert Meter lief er, so schnell er konnte, um die durchlittene Angst aus seinem Körper zu hetzen und von seiner Haut zu schwitzen. Keuchend blieb er vor der Tür stehen und hielt sich die Seiten. Die Angst war immer noch da. Nicht die Angst, vor der Hanna sie rechtzeitig gewarnt hatte, sondern die Angst, die sie kurz vor dem Haus der von Zederlitz angesprungen hatte. Eine Kutsche hatte den gleichen Weg genommen wie Ebbo und Elisa, und der Kutscher hatte die Pferde angehalten, als er auf sie aufmerksam geworden war. Und das, obwohl sie alles getan hatten, um sich hinter einem Findling zu ducken, der ein so dunkler Punkt in der grauen Nacht gewesen war, dass sie gehofft hatten, ebenso dunkel zu sein wie er. Doch der Wagen hatte dennoch in ihrer Nähe angehalten. Wollte der Kutscher sie mitnehmen? Oder nur fragen, was sie in der Nähe des gräflichen Anwesens zu suchen hatten?
    Ebbo hatte Elisa einen Stoß versetzt, sie in die richtige Richtung gedrängt und zu

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