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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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musste Arndt selber zum Täter geworden sein. Den Strandräuber Hauke, den er mit Katerinas Collier bezahlt hatte, damit er Geesche umbrachte, gab es nicht mehr. Um Dr. Nissen loszuwerden, musste er selbst zum Messer greifen. Welche Gefahr war von ihm ausgegangen? Hatte Dr. Nissen herausgefunden, was vor sechzehn Jahren geschehen war? Hatte er Arndt gedroht, ihn anzuzeigen?
    »Natürlich dachte ich, dass es unmöglich ist«, klagte Dr. Pollacsek weiter. »Ein Mann wie Dr. Nissen! Der hat es doch nicht nötig, einen Tresor auszurauben!«
    Der Kurdirektor sah aus, als wollte er vor Verzweiflung in Tränen ausbrechen. »Vielleicht hat er auch jemandem ein paar Kaffeebohnen zur Verfügung gestellt. So wie mir!« Als müsse er diese Vermutung untermauern, griff Pollacsek in seine Jackentasche und hielt Marinus die Kaffeebohne hin, die er dort aufbewahrte. »Gegen Mundgeruch«, erklärte er. »Womöglich hat jemand die Lohngelder gestohlen, der ebenfalls unter Mundgeruch leidet.«
    »Sie hatten Angst, Dr. Nissen zu Unrecht zu verdächtigen?«, fragte Marinus, während Heye Buuß nun Anstalten machte, in Dr. Nissens Zimmer zu steigen.
    Dr. Pollacseks Stimme verlor die Larmoyanz nicht, er schien sich nicht damit abfinden zu können, dass auf Sylt Straftaten begangen wurden, die dem Fremdenverkehr schaden konnten. »Andererseits … mir fiel ein, dass ich ihm während eines Besuchs gezeigt hatte, wo der Tresor ist. Sogar wo ich den Schlüssel nachts aufbewahre, habe ich ihm erzählt. Ich habe ihm ja vertraut! Und ich habe ihm auch geglaubt, als er von dem schwarzen Mann gesprochen hat, der um mein Haus herumgeschlichen war. Angeblich!«
    Marinus nickte. »Damit wollte er womöglich nur von sich ablenken. Er wollte, dass wir Ioan Bitu verdächtigen.«
    Heye Buuß kletterte wieder aus dem Fenster heraus und kam mit ernster Miene auf die beiden Männer zu. Dr. Pollacsek wollte anscheinend gar nicht hören, was er zu vermelden hatte, und fuhr fort: »Dann stand er an dem Abend vor dem Diebstahl plötzlich vor meiner Tür. Und das, nachdem ich kurz vorher diese schleichenden Schritte gehört hatte, die mir seit langem Angst machen. Angeblich wollte er sich nach meiner Gesundheit erkundigen, aber kurz darauf fühlte ich mich schrecklich müde.« Dr. Pollacsek richtete sich auf und sah Heye Buuß ins Gesicht, als hätte er etwas zu sagen, von dem er wusste, dass es dem Inselvogt nicht gefallen würde. »Heute glaube ich, dass Dr. Nissen mir ein Schlafmittel in mein Getränk gegeben hat, damit er leichtes Spiel hatte. Nur so ist es zu erklären, dass ich nicht gehört habe, wie die Tür der Vorratskammer aufgebrochen wurde.«
    Heye Buuß sah den Kurdirektor an, als wollte er die Gelegenheit nutzen, die schwelende Feindschaft zwischen den beiden zu seinen Gunsten zu entscheiden. »Sie wollten also die Abwesenheit des Doktors nutzen, um Beweise zu sammeln?« Die Frage klang so, als wäre Dr. Pollacsek mit einem Male selbst in Verdacht geraten. »Dabei wissen Sie doch, dass die Diebin bereits verhaftet ist. Wie kommen Sie auf die unsinnige Idee, Dr. Nissen könnte das Geld gestohlen haben?«
    Der Kurdirektor schien die Veränderung im Tonfall des Inselvogtes auch zu bemerken. Seine eigene Stimme wurde aufbegehrend und widerspenstig. »Ich klage niemanden an, der unschuldig sein könnte. Ich wollte sehen, ob ich die Beute in Dr. Nissens Zimmer finde. Hätte ich nichts entdeckt, wäre mein Mund versiegelt geblieben.«
    Heye Buuß zog mit den Daumen seine Hosenträger ab und ließ sie zurückschnellen. »Dann lassen Sie uns mal sehen, ob wir was finden.«
    Er war nun in seinem Element. Marinus war erstaunt darüber, wie wenig ihn der Anblick der Leiche berührte. Aber anscheinend gehörte er zu den Menschen, die sich von der Schwäche eines anderen stärken ließen. Verächtlich betrachtete Heye Buuß den Kurdirektor, der auf seine entsprechende Kopfbewegung nicht reagierte und nicht bereit war, einen weiteren Schritt auf das Fenster zuzumachen, hinter dem er Dr. Nissens Leiche wusste.
    Marinus hätte sich gern an Pollacseks Seite gestellt, aber er sah ein, dass der Inselvogt jemanden brauchte, der später seine Angaben bestätigte. Zögernd ging er neben ihm auf das Fenster zu und verbot sich jede Anerkennung, als Heye Buuß leicht und behände über die Brüstung sprang. Er selbst beließ es zunächst bei einem langen Blick in Dr. Nissens Zimmer und stieg erst auf die Fensterbank, als der Inselvogt ihn ungeduldig hereinwinkte. »Nun

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