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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Pauly
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der die Kutschen des Nachts standen. In einer von ihnen saßen Elisa und Ebbo, aneinandergeschmiegt, tief indie Polster geduckt, so leise und bewegungslos, dass niemand ihre Anwesenheit erahnt hätte, der nicht eingeweiht war.
    Als Hanna an die Kutsche trat, sah sie gerade noch, wie Ebbo seine Hand aus Elisas Mieder nahm. »Ist die Luft rein?«, fragte er.
    Hanna kletterte auf den Kutschbock. »Die Lichter sind gelöscht. Sieht so aus, als wären nun alle schlafen gegangen.«
    »Besser, du gehst nach Hause, Hanna«, sagte Elisa. »Sonst wird deine Mutter misstrauisch.«
    »Und wenn schon«, gab Hanna zurück. »Sie wird nichts verraten. Dann wäre sie dumm.«
    »Aber ich möchte nicht, dass sie dich noch einmal schlägt.«
    Hanna winkte ab. »Das macht mir nicht aus.«
    »Trotzdem! Du sollst nicht darunter leiden, dass ich Ebbo liebe. Ich bin dir so dankbar, dass du uns hilfst.« Elisa beugte sich soweit vor, dass sie Hannas Wange berühren konnte. »Das werde ich dir nie vergessen. Nie! Nie! Wenn ich heirate, werde ich wissen, wie die Liebe ist, und das habe ich dir zu verdanken. Viele erfahren das nie.« Nun drängte sie sich wieder in Ebbos Arme, der sie liebevoll umfing. »Ich bin so glücklich, dass ich es weiß.«
    Ebbo wandte sich an Hanna. »Wenn du jetzt nach Hause gehst, wird Mutter dir glauben, dass du so lange bei Elisa bleiben solltest, bis sie eingeschlafen war. Sag ihr, du musstest ihr vorlesen. Sie ist stolz darauf, dass du lesen kannst, deshalb wird sie dir gern glauben.«
    »Und ich gebe Ebbo Geld mit«, ergänzte Elisa. »Dann nimmt sie ihm morgen früh ab, dass er einen Fischer gefunden hat, mit dem er rausgefahren ist.«
    »Dass du mir sehr, sehr leise gehst«, mahnte Ebbo noch, während Hanna vom Kutschbock herunterkletterte. »Niemand darf deine Schritte hören. Du weißt ja …«
    Ja, Hanna wusste es, ohne dass Ebbo es aussprach. Das Tohk-tik kannte jeder in Westerland. Wer es hörte, wusste, dass Hanna Boyken unterwegs war.
    Sie streifte die Holzschuhe von den Füßen, bevor sie die Remise verließ. Das Gehen mit bloßen Füßen fiel ihr zwar schwer, aber der Rhythmus ihrer Schritte war dann nicht zu vernehmen. Und mittlerweile hatte sie Übung darin, ihre Fußsohlen waren abgehärtet. Wenn sie um fremde Häuser schlich, um sich das Leben von Menschen anzusehen, die im Überfluss lebten, dann zog sie immer ihre Holzschuhe aus, damit niemand sie hörte.
    Hanna ging so weit wie das Licht der Sturmlaterne reichte, dann blieb sie stehen und sah zurück. Um sie herum nur Dunkelheit. Das Licht der Laterne sorgte für einen hellen Kreis, der durch die Finsternis schaukelte und sie manchmal auch grell durchzuckte, wenn der Wind nach ihr griff. Aber sie erhellte die Nacht nicht. Außerhalb des Lichtkegels schien sogar alles noch dunkler zu sein, als gäbe es kein künstliches Licht. Hanna wusste, dass die Nächte auf Sylt selten so finster waren, dass die Dunkelheit undurchdringlich wurde. Die Dünen blieben weiß, auch in der Nacht, der Strand leuchtete, die Gischt war zu sehen, wenn der Mond nicht von Wolken verdeckt wurde.
    Sie legte ihre Holzschuhe neben einem Stein ab, der die Grenze des Grundstücks markierte, und schlich zurück. Die Remise hatte auf der Rückseite ein niedriges Fenster, die offene Kutsche, in der Elisa und Ebbo saßen, war gut zu erkennen. Elisas Mieder war nun geöffnet, ihre Brüste lagen in Ebbos Händen. Ebbo schien sie zu wiegen, dann beugte er sich über sie und küsste ihre Warzen. Hanna konnte hören, wie Elisa aufstöhnte. Gierig schob sie ihr Gesicht näher an die Scheibe, als sie sah, dass Ebbos Hände unter Elisas Rock griffen. Hanna stockte der Atem. Die Comtesse musste empört auffahren, sich diese dreiste Annäherung verbitten, Ebbo ohrfeigen … aber nichts dergleichen geschah. Elisa legte den Kopf weit zurück und öffnete sogar die Schenkel, damit Ebbo leichteres Spiel hatte. Und was Hanna nun zu sehen bekam, hatte sie erst ein einziges Mal beobachtet, als Heye Buuß, der Inselvogt, mit seinerFrau zu Bett gegangen war und vergessen hatte, die Vorhänge vorzuziehen …
     
    Geesche ließ die Stalltür geöffnet, während sie die Hühner fütterte. Sie wollte Marinus sofort sehen, wenn er sich ihrem Hause näherte. Zwar wusste sie nicht, ob er Zeit haben würde, noch vor Arbeitsbeginn zu ihr zu kommen, aber sie hoffte so sehr darauf, dass diese Hoffnung ihr schließlich eine Sicherheit suggeriert hatte. Er würde kommen! Nur um sie zu küssen und ihr zu sagen,

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