Hebt die Titanic
einige herabhängende Bretter verfaulender Wandtäfelung erkennen. Nach etwa zehn Metern versperrte ihnen ein Gewirr von Trümmern den Weg. Hier war ein Durchkommen unmöglich. Sie machten also kehrt und gingen in die Sporthalle zurück. Als sie eintraten, wandte sich Al Giordino vom Empfangsgerät seiner Radioanlage ab.
»Die Firmenleitung von Uranus-Öl hat sich gerade nach ihrem Tauchboot erkundigt«, berichtete er.
»Erklär ihnen, sie könnten die Deep fathom vom Vorderdeck der Titanic abtransportieren, sobald das Wrack in New York auf Trockendock liegt«, sagte Pitt.
Giordino nickte und wandte sich wieder seinen Apparaten zu.
»Ölproduzenten haben offenbar sogar an einem so denkwürdigen Tag nichts als ihre Geschäftsinteressen im Sinn«, sagte Sandecker mit freundlichem Spott. »Und da wir gerade von einem denkwürdigen Tag sprechen, Gentlemen: sollten wir den nicht feiern?«
»Wird hier von feiern gesprochen?« Giordino schaute erwartungsvoll hoch.
Sandecker bückte sich nach einer Tragetasche, die er vorhin neben einem der Tische abgestellt hatte, und zog zwei Flaschen heraus. »Keiner soll behaupten, daß James Sandecker nicht gut für seine Mannschaft sorgt.«
»Hütet euch vor Admirälen, die Geschenke machen«, murmelte Giordino.
»Wie kann man nur so mißtrauisch sein«, sagte Sandecker.
»Ich schwöre jedem Mißtrauen ab, Admiral«, antwortete Giordino mit versöhnlichem Lächeln. »Wenn ich nur endlich was zu trinken bekomme.«
»Sofort«, sagte Sandecker. »Für die Englandfreunde eine Flasche Scotch und für den amerikanischen Geschmack eine Flasche Bourbon. Besorgt euch Gläser. Alle sind herzlich eingeladen.«
Giordino holte sofort die erforderliche Menge von Pappbechern aus der transportablen Küche, und als eingeschenkt war, hob Sandecker seinen Becher.
»Gentlemen, wir trinken auf die Titanic!« stimmten die Männer ein.
Sandecker ließ sich auf einen Klappstuhl sinken und nippte an seinem Scotch. Aber sogar in diesem festlichen Augenblick beunruhigte ihn die Frage, welche von den Männern hier im Raum im Sold der Sowjetregierung standen.
53
Der Sowjetische Generalsekretär Georgi Antonov sog in kurzen, heftigen Zügen an seiner Pfeife und musterte Prevlov nachdenklich.
»Ich muß schon sagen, Hauptmann, das ganze Unternehmen mißfällt mir sehr.«
»Wir haben alle Möglichkeiten sorgfältig geprüft«, gab Prevlov zu bedenken. »Und dies ist der einzig gangbare Weg.«
»Aber ein sehr gefährlicher. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich die Amerikaner dieses äußerst wertvolle Byzanium so widerstandslos wegnehmen lassen.«
»Wenn wir es erst einmal haben, sind vollendete Tatsachen geschaffen, gegen die die Amerikaner nichts unternehmen können.«
Antonov machte ein skeptisches Gesicht. »Internationale Spannungen und Krisen müssen vermieden werden«, sagte er warnend. »Es muß der Welt gegenüber so aussehen, als hätten wir völlig legal gehandelt.«
»Der amerikanische Präsident wird diesmal nichts unternehmen können. Das internationale Recht ist auf unserer Seite.«
»Ja, das stimmt.« Ein mattes Lächeln huschte über das sonst so ernste Gesicht des Sowjetischen Generalsekretärs. »Ich wünsche Ihnen Glück für Ihr Unternehmen, Hauptmann.«
»Danke. Das werde ich brauchen.«
»Wann starten Sie?«
»Auf dem Gorld-Flughafen steht schon ein Langstreckenaufklärungsflugzeug bereit. Ich muß unbedingt in zwölf Stunden auf der Kommandobrücke der Mikhail Kurkov sein. Zu unserem Glück nähert sich ein Wirbelsturm dem Bergungsgebiet. Die ungünstigen Wetterbedingungen werden uns als gute Tarnung dienen, wenn wir auf völlig legale Weise die Titanic beschlagnahmen.«
»Dann will ich Sie nicht aufhalten.« Antonov stand auf und umarmte Prevlov auf russische Art. »Die Hoffnungen der Sowjetunion begleiten Sie, Hauptmann Prevlov. Enttäuschen Sie uns nicht.«
54
Der erste Erkundungsgang hinunter zum Laderaum l im G Deck war nach dem Triumphgefühl der letzten Stunden eine herbe Enttäuschung für Pitt. Die Tresorkammer mit dem Byzanium lag völlig unter den Trümmern der vorderen Trennwand begraben. Er stand lange da und musterte im Schein einer Taschenlampe das Gewirr von verbogenen Stahlträgern und Schutt. Sandecker, der ihn begleitet hatte, räusperte sich hinter ihm.
»Sieht nicht sehr gut aus.«
Pitt nickte. »Zumindest im Augenblick nicht.« Er seufzte. »Mit unseren tragbaren Schneidbrennern würden wir Wochen brauchen, um durch diesen Dschungel von
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