Hei hei er und dann

Tier mitzunehmen.

    Zu sehen, wie glücklich er Brianne – und den Hund – machen konnte, gab ihm ein gutes Gefühl. Er schaute Brianne an. Vanille-Eiscreme mit Schokosplittern tropfte vom Rand ihrer Waffel, und sie beeilte sich, die Reste mit ihrer Zungenspitze aufzufangen – wie auf dem erotischen Foto.
    „Darf ich dich etwas fragen?“
    Ihre Stimme riss ihn aus seiner Versunkenheit. „Natürlich.“
    „Es klingt vielleicht etwas albern, aber ich habe überlegt, woran du merkst, ob du verfolgt wirst.“ Verlegen senkte sie den Blick. „Ich sagte ja, dass es albern ist.“
    Ihr schien wirklich unbehaglich zu sein, und Jake wurde sofort hellhörig. „Wie kommst du darauf?“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Ich war heute einkaufen, und da hat mich ein Mann angestarrt.“
    „Honey, du bist schön. Klar, dass Männer dich anstarren.“ „Danke.“ Brianne errötete und sah ihn ernst an. „Doch dieser Mann war anders. Ich meine, ich hatte ein seltsames Gefühl dabei. Ich war auf der Fifth Avenue, und er passte von seiner Aufmachung her irgendwie nicht dahin. Er hatte einen Bürstenhaarschnitt und so einen lüsternen Blick. Als ich später in das Fenster eines Coffeeshops blickte, bemerkte ich ihn wieder. Ich blinzelte kurz, und schon war er weg. Ich dachte …“ Sie verstummte nachdenklich.
    Das restliche Eis schmolz. Behutsam nahm Jake ihr die klebrige Waffel aus der Hand und warf sie in den Müll. „Was dachtest du?“

    „Dass es wieder passieren würde.“ Nervös verschränkte sie ihre Finger ineinander, und Jake legte beruhigend seine Hand auf ihre.
    „Dass was wieder passieren würde?“ „Als meine Eltern starben, durchlebte ich eine schwere Zeit.“ Brianne schüttelte den Kopf. „Genau genommen, hat es schon vorher begonnen. Meine Eltern waren nicht gerade häuslich. Mein Vater war ein erfolgreicher Börsenmakler, und da sie beide den Nervenkitzel liebten, gaben sie ihr Geld für abenteuerliche Hobbys aus – Heißluftballons, Bungeejumping, Motorradtouren. Gut, dass die Nachbarn uns mochten, denn wir haben oft bei ihnen übernachten müssen, und meine Eltern waren nicht verlässlich, was ihre Rückkehr betraf. Manchmal dachte ich, sie würden überhaupt nicht wiederkommen. Da hat es angefangen.“
    Jake wusste nicht, wohin ihre Geschichte steuerte, aber er wollte mehr hören. „Was?“, fragte er.
    „Ich litt unter Panikattacken. Glaub mir, ich war ein ziemlich nervöses Kind.“
    Er drückte ihre Hand. „Das ist verständlich. Und du musst es gut verarbeitet haben, denn ich hätte so etwas nie vermutet, wenn du es mir nicht erzählt hättest.“
    „Nun, ich hatte zum Glück einen guten Schulpsychologen, und als ich älter wurde, habe ich Techniken zur Stressbewältigung erlernt. Ich wurde ruhiger, bis alles durch den Unfall wieder aufflammte.“
    „Was für ein Unfall?“
    Brianne runzelte die Stirn. „Ich habe dir doch erzählt, dass ich meinen Bruder aufgezogen habe. Meine Eltern sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Dad hat die Maschine gesteuert.“
    Sie erschauerte, und Jake zuckte unwillkürlich zusammen. „Das tut mir aufrichtig leid.“

    „Es war ihre Entscheidung. Sie sind bei einem Unwetter gestartet, obwohl selbst die Luftfahrtbehörde eine Warnung ausgegeben hatte.“ Sie seufzte resigniert. „Da wurden die Angstanfälle schlimmer, und ich habe mich befristet in Behandlung begeben. Ich musste mich unter Kontrolle bekommen, damit ich für Marc sorgen konnte. Und das habe ich getan. Es ist ewig her, dass ich richtig Angst gehabt habe.“
    „Bis heute.“
    „Bis heute“, stimmte sie zu. „Dann sollten wir es ernst nehmen.“ Jake hatte ein ungutes Gefühl. Er wusste nur nicht, was hier nicht stimmte. Noch nicht.
    Brianne atmete auf. „Ich weiß nicht. Vielleicht musste ich es nur einmal aussprechen, um zu merken, wie lächerlich meine Reaktion war.“
    „Gefühle sind niemals lächerlich, und nur zu oft gründen sie auf Tatsachen.“
    Sie schaute ihn mit großen Augen an. „Ja, doch in diesem Fall habe ich wahrscheinlich überreagiert. Ich schätze, es hängt mit dir zusammen.“
    Verwirrt musterte er sie. „Wie das?“
    Sie seufzte. „Ich hatte schon lange keine Panikattacke mehr. Dann treffe ich dich, wir fühlen uns zueinander hingezogen, und ich entdecke, dass du genau wie sie bist. Und schon kommen die alte Ängste wieder hoch.“
    „Ich bin wie wer?“ „Meine Eltern. Sie lebten dafür, Risiken einzugehen. Und das tust du bei deinem Job ja