Hei hei er und dann
den Kaffee spendierte. Die unauffällige Rina hatte dafür jedoch bisher immer bezahlen müssen.
Heute hatte sie nur ein paar kleine äußerliche Veränderungen vorgenommen, da sie sich bis Weihnachten noch steigern wollte. Sie dachte, es wäre interessant zu beobachten, ob bereits ein wenig Rouge und Lidschatten und eine andere Frisur das Verhalten der Männer beeinflusst. Darüber wollte sie in ihrer nächsten Kolumne schreiben.
„Die Nächste, bitte.“ Der Cafebesitzer wischte die Theke sauber und sah zu Rina. „Was kann ich für Sie tun?“
Rina klimperte einmal kurz mit den Lidern. „Geben Sie mir einfach das, was Sie am besten machen.“ Sie legte den Kopf schief und ließ ihren Pferdeschwanz über die Schulter nach vorn fallen. Dieselbe Kopfbewegung hatte sie bereits getestet, als sie noch den Knoten getragen hatte. Heute aber baumelte der Zopf direkt über einer ihrer Brüste.
Der Besitzer stützte sich auf einen Ellbogen und lehnte sich über die Theke. Von nahem betrachtet, war er für Rinas Geschmack zu glatt. Sie bevorzugte dunkelhaarige, verwegen aussehende Männer, deren Küsse sie noch stundenlang auf den Lippen spürte und die sich in ihre nächtlichen Fantasien einschlichen.
„Daves Spezialität ist Schoko-Malz-Cappuccino“, erklärte er mit vor Stolz geschwellter Brust.
„Und das bedeutet, dass Sie Dave sind.“ Rina zwang sich zu einem strahlenden Lächeln für einen Mann, der ihr im Grunde egal war. „Geben Sie mir eine Extraportion Schoko, und wir sind im Geschäft.“
Fünf Minuten später trat sie mit einem extragroßen Schoko-Malz-Cappuccino zum Preis eines normal großen in der einen und einem schwarzen Kaffee in der anderen Hand sowie einem Rendezvous-Angebot für Samstagabend wieder auf den schneebedeckten Gehsteig. Zum Glück fand am Samstag Emmas Weihnachtsparty statt, sodass sie das Rendezvous mit gutem Grund ablehnen konnte.
Damit hatte sie bereits einen Punkt für die Vermutung gesammelt, dass Männer auf Äußerlichkeiten reagieren. Dave war heute auf ihr verändertes Aussehen angesprungen, während er sie gestern noch keines weiteren Blickes gewürdigt hatte. Das zeigte, dass für den Mann die Chemie zwischen ihm und der Frau nicht so viel Bedeutung hatte wie sein erster oberflächlicher Eindruck.
Rina betrat die Redaktion. Sie kannte den Tagesablauf der meisten Kollegen ebenso gut wie ihren eigenen. Colin kam meistens sehr früh, um eine Tasse von Martys frisch gebrühtem Kaffee zu ergattern. Sie marschierte quer durch das Großraumbüro und bemerkte sofort, dass Colin schon an seinem Platz saß, heute aber noch keinen Kaffeebecher vor sich stehen hat te.
Er sah seine Post durch und murmelte verärgert vor sich hin. Selbst in schlechter Stimmung sah er verdammt gut aus. Und es lag nicht nur an seinem Äußeren: der schwarzen Lederjacke, dem windzerzausten Haar oder den wach blickenden blauen Augen. Es kam von innen. Seine ganze Person und seine Bewegungen strahlten Kraft und Intensität aus.
Rina hielt einen Moment inne, um Mut zu fassen, und als sie sich auf die Lippe biss, schmeckte sie den Lippenstift. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie nahm den für Colin bestimmten Kaffee und ging zu seinem Schreibtisch.
Er lehnte in seinem Stuhl und starrte in eine Büroecke, ohne Rina zu bemerken. „Wie kommt es, dass ich diesen Ort kaum mehr wiedererkenne?“, murmelte er halblaut vor sich hin.
Sein düsterer Ton war keine gute Voraussetzung für Rinas Plan, ihn zu betören. Sie warf einen aufmerksamen Blick durch das Büro, um herauszufinden, was Colin so verärgern mochte. Hie und da hing ein Mistelzweig von der Decke, und in der Ecke stand ein riesiger, exquisit in Gold und Silber dekorierter Weihnachtsbaum.
„Das klingt aber deprimiert. Haben Sie etwas gegen Weihnachten?“, fragte sie unverblümt.
„Gegen Weihnachten? Gar nichts. Gegen diesen Baum? Alles!“ Er drehte sich um und sah sie an.
Rina selbst bevorzugte liebevoll selbst gebastelten Christbaumschmuck wie in ihrer Kindheit – dennoch sah dieser teuer dekorierte Baum nicht übel aus. „Was haben Sie gegen diesen armen, unschuldigen Baum?“
„Diese Ecke ist normalerweise für Joes selbst geschlagenen Christbaum reserviert.“ In Colins Stimme schwang sowohl Empörung als auch Zärtlichkeit mit.
„Ich bin sicher, Corinne hat es nur gut gemeint. Vielleicht dachte sie, so ein Baum ist besser als gar kein Baum“, gab Rina zu bedenken.
„Corinne denkt an nichts anderes als an ihr
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