Heidegger - Grundwissen Philosophie
insofern »Dasein
ist
, das heißt die ontische Möglichkeit von Seinsverständnis,›gibt es‹ Sein« (SZ 212). Denn allein diesem »Seienden eignet, daß mit und durch dieses Sein dieses ihm selbst erschlossen ist«. Das Dasein hat »immer schon« ein Seinsverständnis. »Und dies wiederum besagt: Dasein versteht sich in irgendeiner Weise und Ausdrücklichkeit in seinem Sein.« (SZ 12)
Heideggers Antwort auf die Frage, an welchem Sein sich der »Sinn von Sein« ablesen lassen soll, kann deshalb so bündig ausfallen, weil dieses Seinsverständnis »immer schon in gewisser Weise verfügbar« sein muß; anderenfalls ließe sich die Frage nach dem »Sinn von Sein« nicht stellen. Dies gilt selbst dann, wenn wir nicht in der Lage sind, die Frage, »was ›Sein‹ besagt«, positiv zu beantworten. Allein schon mit der Frage »was
ist
›Sein‹? halten wir uns in einem Verständnis des ›ist‹, ohne daß wir begrifflich fixieren könnten, was das ›ist‹ bedeutet«, wobei nach Heidegger »
dieses durchschnittliche und vage Seinsverständnis […] ein Faktum
« ist. (SZ 5) Gemäß der für die Daseinsanalyse konstitutiven Unterscheidung von Sein und Seiendem, die Heidegger später als ontisch-ontologische [47] Differenz bezeichnet, kann demnach das Dasein als ein Seiendes bestimmt werden, »das nicht nur unter anderen Seienden vorkommt«. Die wirkliche ontische Auszeichnung des Daseins liegt vielmehr darin, »daß es ontologisch
ist
«. Denn das »
Seinsverständnis ist selbst eine Seinsbestimmtheit des Daseins
«. (SZ 12)
Dasein bedeutet Offenstehen im und für das Sein. Es ist jene Stätte, die Heidegger die der
Seinseröffnung
nennt. So ist auch die Kategorienlehre, die traditionell mit der Ontologie und damit mit der Frage nach dem Sein des Seienden zusammenfällt, an die Ontologie des Daseins zurückgebunden – was analog für die Bedeutungslehre gilt, insofern die Kategorienlehre im Rahmen der
grammatica speculativa
auf die Bedeutungslehre ausgedehnt wird. Wollte Heidegger im Scotus-Buch noch die Sprachphilosophie auf der Grundlage der Bedeutungslehre erneuern, sollen nun letzte ontologische Fundamente des Verstehens angegeben werden. Die Bedeutungslehre, die traditionell die Bedingungen der Möglichkeit einer philosophischen Beschäftigung mit Sprache festlegt, fällt unter die Bedingungen der Existenzialontologie.
Gemäß der von Heidegger ins Auge gefaßten Aufgabe muß diese Ontologie, so sie wirklich Fundamentalontologie sein will und nicht positive Wissenschaft, die Gestalt einer
existenzialen Analytik
annehmen, weil die Aufklärung des Sinns von Sein nur über das Dasein führt. Denn wenn das Dasein sich selbst auslegt, wird aus der transzendentalen Reflexion eine
existenziale Explikation
, die von Heidegger im Rahmen einer existenzialen Analytik entfaltet wird. Damit tritt an die Stelle des Selbstbewußtseins die Auslegung eines vorontologischen Seinsverständnisses und die Explikation von Sinnzusammenhängen, in denen sich die alltägliche Existenz immer schon vorfindet. Der Selbstbeziehung des erkennenden Subjekts stellt Heidegger das existenziell um sein Sein besorgte Dasein gegenüber, das, in konkrete Weltbezüge eingelassen, sich in seinem Tun zu sich und zu anderen verhält.
Heidegger löst also das transzendentale Subjekt, in dessen [48] Adern kein echtes Blut, sondern nur der »verdünnte Saft von Vernunft als bloßer Denktätigkeit« 8 fließt, auf und ersetzt es durch ein Dasein, das er mit der tiefergreifenden Begrifflichkeit einer transzendental verfahrenden Existenzialontologie so zu beschreiben gedenkt, daß all die Erfahrungsbereiche, die die konstitutiven Leistungen des transzendentalen Ich systematisch überforderten, in der Begrifflichkeit einer transzendental verfahrenden Existenzialontologie thematisch werden können. Gleichzeitig hält er an der transzendentalen Einstellung einer reflektierenden Aufklärung der Bedingungen der Möglichkeit des Daseins als In-der-Welt-Sein fest, jedoch so, daß er der transzendentalen Fragestellung einen ontologischen Sinn verleiht.
Die Fundamentalontologie muß »in der
existenzialen Analytik des Daseins
gesucht werden« (SZ 13). An diese existenziale Analytik des Daseins ist auch die
Bedeutungslehre
gebunden. »Die Bedeutungslehre ist in der Ontologie des Daseins
verwurzelt
. Ihr Gedeihen und Verderben hängt am Schicksal dieser.« (SZ 166) Die Sprachphilosophie, die sich im Scotus-Buch noch auf die Bedeutungslehre gründete, muß nun
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