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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
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gegenstandstheoretisch, sondern funktional aufgeklärt werden muß.

[40]
Der fundamentalontologische Ansatz im Umfeld von
Sein und Zeit
Die Seinsfrage: Sein und Seiendes
    Heidegger hat später nicht nur die absolutistischen Kosten für die Widerlegung des Psychologismus gesenkt, sondern auch den Sinnbegriff aufgegeben, den er ursprünglich über den Begriff der Geltung erläutert hatte, weil »im Grunde […] dieses Zauberwort ›Geltung‹ ein Knäuel von Verwirrungen, Ratlosigkeit und Dogmatismus« darstellt. (GA 21, 79) Im Umfeld von
Sein und Zeit
geht er daran, mit dem Begriff der »Erschlossenheit« den gegenstandstheoretischen Ansatz der traditionellen Ontologie insgesamt einer Kritik zu unterziehen, wobei Heidegger auf die Ganzheit eines nicht gegenständlichen Sinnzusammenhangs rekurriert, der jeglicher Prädikation ermöglichend vorausliegt. Heidegger, der bereits am Ende seiner Habilitation darauf verwies, daß im Vergleich zur neuzeitlich etablierten Rückwendung auf das transzendentale Subjekt die spekulative Grammatik »eine feinere Disposition sicheren Hinsehens in das unmittelbare Leben der Subjektivität und der ihr immanenten Sinnzusammenhänge« bewies, ohne daß »ein scharfer Begriff des Subjekts gewonnen ist« (GA 1, 401), meinte bereits hier, daß der Zusammenhang, aus dem heraus die Begründungsprobleme der Logik zu deuten sind, ein »translogischer« sein müsse. (GA 1, 405 f.) Damit war nicht nur das von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) und Wilhelm Dilthey (1833–1911) thematisierte Problem der Geschichte und des historischen Verstehens angesprochen, das für den Anfang des Weges zur Seinsfrage wichtig wird, sondern auch das Verhältnis von Sprache und Sein, das Heideggers Denkweg von früh an bestimmt. 1
    In welchem Maße dies gilt, zeigt die Auseinandersetzung mit [41] Husserl, die zu den faszinierendsten Diskussionen im 20. Jahrhundert zählt. Gegen Husserl, der für die Phänomenologie immer am Programm der »strengen Wissenschaft« und an der Idee der Voraussetzungslosigkeit festhielt, weist Heidegger auf die Zirkelhaftigkeit hin, aus den Wissenschaften die Regeln und Grundbegriffe zu entnehmen, die diese gerade begründen sollen. Ohne daß er sich schon völlig über die Zirkelhaftigkeit im vortheoretischen Bereich des Verstehens im klaren war, geht Heidegger mit der Überzeugung, daß das Theoretische in einem vortheoretischen Verstehen gründet, zunehmend auf Distanz zu Husserl und dem Programm einer »Philosophie als strenger Wissenschaft«. Erst eine hermeneutisch gewendete Phänomenologie vermag nach Heidegger die »Generalherrschaft des Theoretischen« zu brechen und die Setzungen thematisch zu machen, die in die Frage der Ontologie eingehen: »Gibt es etwas?« (GA 56/57, 66) Mit dieser hermeneutischen Wendung der Phänomenologie ist ein Wechsel von der phänomenologischen Grundhaltung des »Erschauens« bewußtseinsmäßiger Erlebnisse zum »Heraushören« der Motivation für die Frage nach der Gegebenheitsweise von Etwas verbunden, womit das intentionale »Er-leben von etwas« an das intentional gerichtete »Leben zu etwas« zurückgebunden ist. (GA 61, 194 f.)
    Heidegger, der hier noch mit dem »Leben« auf die Ganzheit dieses nicht gegenständlichen Sinnzusammenhangs rekurriert, hat damit in den Grundzügen das Programm für eine »Hermeneutik der Faktizität« formuliert, die in der Lage ist, die traditionelle Frage nach dem Sein noch einmal zu stellen. Bereits im Sommersemester 1920 fragte Heidegger in seiner Vorlesung
Phänomenologie der Anschauung und des Ausdrucks
mit dem Begriff der »Faktizität« 2 nach dem Grund des konstituierenden Bewußtseins und im Anschluß daran, ob es das »es gibt« überhaupt gibt, und nun fragt er mit diesem Begriff nach dem Sein, von dem er gleich zu Beginn von
Sein und Zeit
sagt: » ›Sein‹ ist nicht Seiendes.« (SZ 4) Die Seinsfrage, die sich in den Frühschriften in Gestalt des Kategorienproblems [42] ankündigte, führt im Anschluß an die Auseinandersetzungen mit Lask, Husserl und Dilthey über die berühmten Aristoteles-Interpretationen zur existenzial-hermeneutischen Daseinsanalyse in
Sein und Zeit
, wo die Frage nach dem »Sinn von Sein« zur philosophischen Leitfrage erhoben wird.
    In
Sein und Zeit
exponiert Heidegger diese Frage, die in einer eigentümlichen Vergessenheit ruhen soll. Diese Frage, die »das Forschen von
Plato
und
Aristoteles
in Atem gehalten [hat], um freilich auch von da an zu verstummen« (SZ 2),

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