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Heidegger - Grundwissen Philosophie

Heidegger - Grundwissen Philosophie

Titel: Heidegger - Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Tietz
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Konsequenzen diskutiert werden, die sich für das Wahrheitsproblem daraus ergeben, daß die Abkünftigkeit der Aussage gegenüber dem existenzial-hermeneutischen Logos des Verstehens nachgewiesen wird. Denn eben dieser Nachweis führt Heidegger nicht nur zu der These, daß der »Sinn von Sein« abhängig ist von unseren horizontbildenden Grundbegriffen des alltäglichen In-der-Welt-Seins, sondern gleichzeitig zu einer Revision des Wahrheitsbegriffs, so daß dieser am Ende mit Erschlossenheit zusammenfällt.
    Für Heidegger ist die Bewußtseinsphilosophie dadurch charakterisiert, daß sie die Welt als die Gesamtheit all dessen begreift, was er »Vorhandenheit« nennt. Die Weltlichkeit dieser Welt ist von Kant in der
Kritik der reinen Vernunft
in Form einer »apriorischen Sachlogik des Seinsgebietes Natur« (SZ 11) auf ihren philosophischen Begriff gebracht worden. Hieran nimmt Heidegger zunächst keinen Anstoß. Ausdrücklich betont er, daß »der positive Ertrag von Kants
Kritik der reinen Vernunft
in der Herausarbeitung dessen« besteht, »was zu einer Natur überhaupt gehört, und nicht in einer ›Theorie‹ der Erkenntnis«. Heidegger, der die Kantische Vernunftkritik nicht als Erkenntnistheorie, sondern als Regionalontologie der Natur interpretiert, moniert in diesem Zusammenhang, daß die ontischen Erkenntnisarten, die die kategoriale Verfassung der natur- und geisteswissenschaftlichen Objektbereiche klären, sich nicht, wie es der methodische Formalismus des Neukantianismus nahelegt, als freischwebende kognitive Leistungen begreiflich machen lassen. Da sich die wissenschaftlichen Objektbereiche überhaupt erst durch eine in transzendentaler Einstellung vorgenommene Analyse des vorgängigen [107] Seinsverständnisses des alltäglichen In-der-Welt-Seins erschließen, dieses vorgängige Seinsverständnis den nicht hintergehbaren Horizont des wissenschaftlichen Fragens bildet, muß zunächst die ursprüngliche Welt gefunden werden, wenn nach dem ursprünglichen »Sinn von Sein« gefragt werden soll. 59
    Dies ist jedoch so lange nicht möglich, solange sich die Ontologie an der Aussagenlogik orientiert, da durch die Orientierung an der Aussage der ursprüngliche Weltbegriff und damit eben auch der spezifische Sinn von Erschlossenheit preisgegeben werden. Indem das horizontbildende Hintergrundverständnis in die Einzelbeziehungen zwischen »Wort und Gegenstand« verlagert und die Unabhängigkeit von beiden behauptet wird, wird in der Aussagenlogik darüber hinweggetäuscht, daß das Benennen kein ursprünglicher Taufakt ist, da »schon viel in der Sprache vorbereitet sein muß, damit das bloße Benennen einen Sinn hat« 60 .
    Dies kann man sich leicht an einem Beispiel von Heidegger klarmachen. Die Aussagenlogik, so behauptet Heidegger, hat den Satz »Der Hammer ist schwer« »vor aller Analyse […] immer schon logisch verstanden«. Fragt man nun nach dem Grund, warum dieser Satz »immer schon« verstanden werden kann, dann lautet die Antwort: Weil hier als »›Sinn‹ des Satzes […] ›Der Hammer hat die Eigenschaft der Schwere!‹ « schon (unthematisch) vorausgesetzt, nicht aber in transzendentaler Einstellung freigelegt ist. Eben diese unthematischen Voraussetzungen gedenkt Heidegger mit der Erschlossenheitsanalyse thematisch zu machen.
    Erschlossenheit ist »durch Befindlichkeit, Verstehen und Reden konstituiert und betrifft gleichursprünglich die Welt, das In-Sein und das Selbst« (SZ 220). Daher wird nicht schon mit dem apophantischen »Als« der Aussage, sondern erst mit der »
Erschlossenheit
des Daseins das
ursprünglichste
Phänomen der Wahrheit erreicht«. Diese Feststellung ist alles andere als trivial. Sie ist sowohl für Heideggers Erschlossenheitsanalyse als auch für seine Wahrheitstheorie grundlegend. Aus der Bestimmung, daß das Dasein wesentlich seine Erschlossenheit [108] ist, folgert Heidegger, daß es damit auch »in
der Wahrheit
« ist. Oder wie er an anderer Stelle sagt: »Wahrheit setzen ›wir‹ voraus, weil ›wir‹, seiend in der Seinsart des Daseins, ›in der Wahrheit
sind
.« (SZ 227)
    Dieses Verständnis von Wahrheit als basaler Begriff, der weder aus einem anderen ableitbar noch durch einen anderen substituierbar ist, bedeutet nicht, daß wir Wahrheit im Sinn einer platonistischen Wahrheitsauffassung als etwas Subjekttranszendentes voraussetzen – als etwas »›außer‹ und ›über‹ uns« Seiendes. Und damit ist auch nicht gemeint, daß das Dasein, so es »in der

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