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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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wir Glück, und der Typ ohne Motorrad führt uns zu Fitz«, sagte ich zu Vangelis, als wir uns trennten. Zwei kamen immer mit dem Motorrad, und einer seit ein paar Tagen zu Fuß, hatte Frau Brenneisen mir erklärt.
    Schon eine Viertelstunde später kamen sie. Erst die Motorräder, fünf Minuten später der dritte zu Fuß. Frau Brenneisen warf mir vielsagende Blicke zu, als ich vorbeischlenderte, während sie Bier und Bockwürste servierte. Ihre Maschinen hatten die Burschen neben dem Kiosk abgestellt. Eine schien eine Harley Davidson zu sein, die andere eine schwere Honda. Sie tranken ihr Bier und verzehrten lachend ihre Würste. Noch war es hell genug, sodass ich sie aus der Entfernung gut im Auge behalten konnte.
    Nach fünfzig Schritten hatte ich meinen Standort erreicht. Nun hieß es warten. Ich hörte die Männer lachen, konnte aus meiner Position aber weder sie noch Klara Vangelis sehen. Der ohne Motorrad war aus meiner Richtung gekommen, also war damit zu rechnen, dass er später wieder an mir vorbei musste. Hin und wieder schlenderten Passanten vorbei. Menschen, die ihre Hunde ausführten, weltvergessene Liebespaare, aufgekratzte Jugendliche auf dem Weg zu ihren Abendvergnügungen. Inzwischen war die Sonne untergegangen, ein kühler Wind war aufgekommen. Ich war zu leicht angezogen.
    Kurz vor neun wurde das Gegröle plötzlich lauter, dann heulten die Motoren der schweren Maschinen auf, und Sekunden später hörte ich sie in Richtung Süden verschwinden. Mein Handy vibrierte, Vangelis berichtete mit verhaltener Stimme, der Dritte im Bunde stehe nun wieder am Kiosk und kaufe ein. Wie ich hörte, ließ er sich ein Sixpack Bier und zwei weitere Bockwürste zum Mitnehmen einpacken und ging dann los, wie erwartet in meine Richtung. Augenblicke später sah ich ihn kommen. Ich ließ das Handy verschwinden und betrachtete ein halb abgerissenes Wahlplakat der SPD.
    Die spannende Frage war nun, ob er sich weiterhin zu Fuß bewegen würde oder ob er irgendwo in der Nähe ein Fahrzeug stehen hatte. Dann hatte ich Pech gehabt, aber der Schaden würde sich in Grenzen halten. Ich hatte die Kennzeichen der Motorräder notiert, und die Burschen würden sicherlich wiederkommen. Aber ich hatte Glück. Der aufgeschwemmte und sichtlich angetrunkene Mann in zerschlissenem Jeans-Anzug ging an mir vorbei, ohne mich zu beachten. Mit unsicheren Schritten bewegte er sich die Straße hinunter, es ging um einige Ecken, und schon bald hatte ich die Orientierung verloren. Er sah kein einziges Mal zurück. Hin und wieder blieb ich stehen und gab Vangelis einen Straßennamen durch, damit sie mir folgen konnte. Nach etwa einer Viertelstunde, als ich längst nicht mehr wusste, wo ich mich befand, verschwand der Kerl in der dunklen Einfahrt eines vierstöckigen Mietshauses aus der Gründerzeit.
    Vor der Fassade stand ein Gerüst, alle Fenster waren dunkel. Offenbar wurde hier saniert und anschließend vermutlich in Eigentumswohnungen umgewandelt, wie es üblich war. Ein paar preiswerte Altbauwohnungen weniger, einige luxuriöse Appartements mehr. Wohnraum für Menschen der Mittelschicht, die es sich leisten konnten. Wie ich zum Beispiel.
    Die Einfahrt führte durch das Gebäude hindurch in einen finsteren Hof. Von dort hörte ich ein schepperndes Geräusch, als wäre ein Fahrrad umgefallen, dann war es wieder still. Die Straße war menschenleer. Endlich kam Vangelis daherspaziert.
    »Sie gehen weiter bis zur Ecke und rufen Verstärkung«, befahl ich halblaut, als sie einige Schritte von mir entfernt stehen blieb, als hielte sie nach einem Taxi Ausschau. »Ich schnuppere da drin mal vorsichtig rum. Ich will sicher sein, dass dieser Hof keinen zweiten Ausgang hat.«
    »Verstärkung?«, fragte sie abfällig. »Wegen so einem zugedröhnten Pimpf?«
    »Ich bin nicht Arnold Schwarzenegger, und Sie sind nicht Lara Croft«, erwiderte ich scharf. »Sie warten dann da vorne auf mich. In einer Minute bin ich da.«
    Achselzuckend hob sie ein bläulich schimmerndes Hightech-Gerät ans Ohr und spazierte davon. Ich trat in die unbeleuchtete Durchfahrt zum Hof. Nach Sekunden gewöhnten sich meine Augen an das Dämmerlicht, langsam ging ich weiter. Außer einem Radio in der Ferne und einem wimmernden Kind, das vermutlich nicht ins Bett wollte, war es still. Meine Zwillinge fielen mir plötzlich ein, von denen ich den ganzen Tag noch nichts gehört hatte. Ich hoffte, dass dies ein gutes Zeichen war.
    Es schien keinen zweiten Ausgang zu geben. Allerdings hätte

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