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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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der Mann zur Not über die etwa zwei Meter hohe Backsteinmauer türmen können. Dort standen Mülltonnen, auf die man steigen konnte, um auf die Mauer zu kommen. In einer Ecke ein altes Moped, zwei vergessene Fahrräder, daneben eine Haufen Schrott und Bauschutt. Wasserrohre, Fliesenscherben, zerbrochene Waschbecken. Links führte eine steile Treppe in den Keller hinunter. Die Tür war nur angelehnt. Gelbliches Licht schimmerte durch den Spalt. Dort unten mussten sie stecken.
    Als ich wieder zu mir kam, brauchte ich viele quälend lange Sekunden um zu begreifen, was geschehen war. Mein Hinterkopf schmerzte, dass mir Tränen in die Augen traten, und in meinem Gehirn dröhnte noch der Widerhall des Schlags, den ich erhalten hatte. Meine Hände und Füße waren stramm gefesselt, ich saß halb aufgerichtet in einem fensterlosen, von zwei Kerzen spärlich erleuchteten Kellerraum auf dem schmutzigen Fußboden. Vor mir hockte Fitz und studierte gelassen den Inhalt meiner Brieftasche. Neben ihm lag ein handliches Rohrstück, das vermutlich von dem Schrotthaufen im Hof stammte.
    »Bulle ist er jedenfalls nicht«, sagte er über die Schulter zu seinem Begleiter, in dem ich den Bierlieferanten erkannte.
    »Was sucht der Wichser dann hier?«
    Mein Dienstausweis lag zusammen mit der Waffe im Handschuhfach des Peugeot. Ich wusste nicht, ob das in der momentanen Situation gut oder schlecht war. Fitz warf die Brieftasche zur Seite und sah mich ruhig an. Er schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein.
    »Also, was willst du von uns?« Er versetzte mir mit dem Rohrende einen derben Stoß in die Magengrube. »Bist du so ’n Privatschnüffler oder was?« Wieder ein Schlag. Ich krümmte mich zusammen, so gut es ging. Ich musste Zeit schinden. Die Verstärkung musste jeden Augenblick anrücken und den Raum stürmen. Vangelis würde längst Verdacht geschöpft haben und meine Befreiung organisieren. Hoffentlich war sie schlau genug, auf Abstand zu bleiben, nichts zu riskieren, solange sie allein war.
    Die Tür knallte auf, meine hübsche Kollegin taumelte herein. Der breitschultrige Kerl hinter ihr gab ihr einen mächtigen Stoß ins Kreuz, sie stürzte auf eine schmierige Matratze, die in der Ecke lag, und rollte sich dort ängstlich wimmernd zusammen.
    In Karlsruhe hatte ich einen Kollegen gehabt, der hartnäckig behauptete, Frauen bei der Kripo seien ungefähr so nützlich wie Laubfrösche beim Pferderennen. Im besten Fall störten sie nicht weiter, im schlechten machten sie die Pferde verrückt. In dieser Sekunde war ich geneigt, ihm Recht zu geben.
    »Los jetzt, rede, du Arschloch!«, fuhr Fitz mich an. »Oder wir machen deine Torte alle.« Er versetzte mir mit dem Rohr einen eher symbolischen Schlag gegen die Stirn. Es tat verteufelt weh. Er sah auf seine klobige und offensichtlich teure Taucheruhr. »Du hast zehn Sekunden«, erklärte er mir entspannt grinsend. »Dann ist sie dran.«
    Klara Vangelis begann zu weinen. Auch das noch. Heulend und schniefend richtete sie sich auf, kniete auf der Matratze und begann zu betteln.
    »Bitte, tun Sie ihm nichts!«, jammerte sie. »Wir werden Sie auch nicht verraten! Wir werden keiner Menschenseele was sagen, nicht wahr, Schatz? Bitte! Haben Sie doch Mitgefühl mit uns!«
    Ich fragte mich, ob sie auch einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Die Junkies wechselten amüsierte Blicke.
    »Stopf ihr das Maul«, knurrte Fitz und wandte sich wieder mir zu. Er hob die Faust. »Deine zehn Sekunden sind um, Arschloch«, erklärte er mir genüsslich.
    »Nein! Bitte!« Nun begann sie auch noch zu schreien, riss ihre Handtasche auf, begann deren Inhalt am Boden zu verstreuen. »Sie können alles von mir haben! Geld, hier, Kreditkarte, meine Uhr!« Sie zerrte ihr silbernes Ührchen vom schmalen Handgelenk und warf es auf die Matratze zu den anderen Sachen. »Meinen Schmuck! Bitte! Alles!«
    »So hau ihr doch endlich eins in die Fresse!«, brüllte Fitz genervt. Der Typ, der sie hereingebracht hatte, bewegte sich in ihre Richtung, und plötzlich hielt sie eine Walther PPK in Händen, die sie aus der Handtasche gezaubert und entsichert hatte. Gelassen schwenkte sie die Waffe hin und her.
    »Langsam aufrichten und dort drüben an die Wand«, kommandierte sie kalt. »Wer als Erster zuckt, ist als Erster tot.«
    Sie drückte ab, es krachte ohrenbetäubend, Putz fetzte von der Wand. Die Typen gehorchten eilig.
     
    »Mit dieser Masche soll meine Urgroßmutter im letzten Krieg sieben Türken ausgetrickst

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