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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Schimmer. War nach ’nem Vortrag von so ’nem echt weltberühmten amerikanischen Ägyptologen. Namen hab ick vergessen. War aber interessant irgendwie, Isis und Osiris und die alten Pharaonen und ihre Totenstädte und der ganze Kram. Später sind wir dann in der Destille versackt.«
    »Und haben einen gehoben.«
    Simon musterte mich misstrauisch. »Ist doch nicht verboten? Bisschen Stimmungsaufheller? Ist doch nicht verboten, oder?«
    »Nein, das ist nicht verboten, solange es im Rahmen bleibt und man seine Mitmenschen nicht belästigt. Wer waren die beiden, mit denen zusammen Sie versackt sind?«
    Simon musste nachdenken. »Frieder und Ricky, glaub ick. Aber später sind dann noch mehr gekommen. Irgendwie trifft man sich ja am Ende immer.«
    An mehr konnte er sich nicht erinnern. Den Mantel hatte er in jener Nacht über die Stuhllehne gelegt. Jeder im Lokal hätte ihm den Ausweis zustecken können. Ich gab ihm ein paar Ermahnungen mit auf den Weg, schärfte ihm ein, er solle sich melden, falls ihm noch etwas einfiele, und schickte ihn weg.

18
    Sönnchen war natürlich längst nach Hause gegangen. Meine Töchter hockten in meinem Büro vor einer Familientüte Gummibärchen und taten, als würden sie Hausaufgaben machen. Ihr Getuschel erstarb, als ich die Tür öffnete. Auf mein Kommando hin packten sie freudig zusammen.
    Ich versuchte, meinen Frust nicht an ihnen auszulassen, aber es gelang mir schlecht. Als sie endlich in ihrem Zimmer verschwunden waren, legte ich Keith Jarrett auf, »The Köln-Concert«, eine Musik, die normalerweise gegen alles hilft. Aber selbst die ging mir auf die Nerven. Ich blätterte in meinem »Dorian Gray«, ohne etwas zu lesen. Ich versuchte es mit der Zeitung, konnte mich aber nicht konzentrieren. Ich legte Norah Jones auf. Bei »Come away with me« hätte ich um ein Haar angefangen zu heulen.
    Schließlich beschloss ich, es Georg Simon gleichzutun, und holte mir eine Flasche Wein aus der Küche. Ich nahm den billigen, roten. Den Unterschied hätte ich ohnehin nicht bemerkt. Mit Flasche und Zeitung legte ich mich in die Badewanne. Als ich wieder erwachte, war die Zeitung ertrunken, der Wein fast leer und das Wasser kalt.
     
    Wieder einmal begannen wir von vorne. Sönnchens Bericht an die Staatsanwaltschaft fiel beängstigend kurz aus. Liebekinds Anrufe wurden immer häufiger, seine Worte von Mal zu Mal besorgter. Die Stimmung meiner Sonderkommission war miserabel. Die eingehenden Hinweise der Bevölkerung waren so zahlreich wie sinnlos. Wir häuften Papier an und wussten längst nicht mehr, wozu. An diesem Vormittag verschreckte ich Sönnchen mehrmals so mit Unbeherrschtheiten, dass ich mich am Ende bei ihr entschuldigen musste, damit sie wenigstens wieder mit mir sprach. Als meine Töchter mittags kamen und meine Laune bemerkten, zogen sie es vor, in die Stadt zu flüchten.
    Ich hasste den Fall. Ich hasste meinen Job. Ich hasste mich selbst. Und vor allem hasste ich die bohrenden Kopfschmerzen, die mich seit dem Aufstehen plagten. Ich hätte gestern Abend doch einen teureren Stimmungsaufheller wählen sollen.
    Es wurde Nachmittag, es wurde Abend, und noch immer waren wir keinen Schritt weiter. Unser namenloser Mörder blieb verschwunden. Nicht ein glaubwürdiger Zeuge wusste etwas über ihn zu berichten. Niemand kannte den Mann, dessen Phantombild heute auf der ersten Seite der Zeitung prangte, dessen Beschreibung nahezu stündlich im Radio kam, dessen Bild inzwischen jede Streifenwagenbesatzung der Stadt bei sich trug.
    Schon im Lauf des Tages hatte ich mir vorgenommen, abends wieder Sachen nach Heidelberg zu bringen. Um irgendetwas Sinnvolles zu tun. Um mich nicht wieder zu betrinken. Und natürlich auch, um vielleicht die Frau wiederzusehen, die zurzeit mein einziger wirklicher Gesprächspartner war.
    Zum ersten Mal stellte ich fest, wie verdammt einsam man sein kann als Chef.
    Ich traf sie tatsächlich wieder. Ich war noch nicht einmal mit dem Ausladen fertig, da stand sie vor mir. Dieses Mal lächelte sie nicht, sondern war sehr ernst. Wie an unserem ersten Abend. Wir gingen auch nicht spazieren, sondern auf direktem Weg zur Wohnung ihrer Freundin. Sie fiel über mich her, als hätte sie seit Monaten an nichts anderes denken können.
    Später rauchte sie wieder. Sie lag auf dem Rücken, und ich streichelte sie noch ein wenig. Mehr aus Neugierde, um ihren Körper kennen zu lernen, als aus Lust oder Zärtlichkeit. Sie sah zur Decke.
    »Wer treu ist, kennt nur die triviale Seite

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