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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Sorte, fünf ungeöffnete Packungen Strümpfe zum Wechseln. Stapelweise flauschige Handtücher. Zwei edle Bademäntel, nach dem Emblem auf der Brust zu schließen, im Plaza in New York geklaut. Diese Leute hatten Geschmack, kein Zweifel.
    Im Bad nur das Nötigste. Ein Damen-Parfüm von Gucci, ein Herren-Duft und ein After-Shave von Dolce & Gabbana. Der übliche Kram, den eine Frau braucht, die auf sich hält. Ein elektrischer Rasierapparat.
    In der Küche eine dieser vollautomatischen italienischen Kaffeemaschinen, die einem die gewünschte Stärke des Espresso von der Stellung der Augenlider abliest. Eine silberne Thermoskanne, sechs Tassen, Teller, Besteck, von allem nur so viel, wie man für einen kurzen Urlaub benötigt, für ein, zwei Übernachtungen. Der Kühlschrank enthielt einige Portionspackungen Kondensmilch, eine Tafel Lindt-Schokolade und vier Flaschen Veuve Clicquot. In den Hängeschränken ein angebrochenes, schon leicht muffig riechendes Päckchen Segafredo Casa, daneben eine Teedose. Ich öffnete sie und schnupperte daran. Der Geruch kam mir bekannt vor, irgendwas Parfümiertes. Vera hatte immer viel Tee getrunken. Ich dagegen bin Kaffeetrinker.
    Im Wohnraum neben der italienischen Landhaus-Sitzgruppe ein Marmortisch, Carrara, wenn ich mich nicht irrte, und eine sündhaft teure Anlage von Bang & Olufsen. Die CDs waren nicht mein Geschmack. Ein wenig Mozart und Vivaldi, ein bisschen Kuschelrock und der unvermeidliche Bolero von Ravel, zu dem es vermutlich jedes halbwegs kultivierte Paar der westlichen Welt schon getrieben hat.
    »Wie oft sind die Leute hier?«, fragte ich, nachdem ich meinen zweiten Rundgang beendet hatte.
    Die Frage war natürlich falsch gestellt. »Jede Woche?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Öfter?«
    Wieder Kopfschütteln.
    »Einmal im Monat?«
    Kopfwackeln. Zaghaftes Nicken.
    »Und sie bleiben dann für eine Nacht?«
    Kopfwackeln.
    »Auch mal zwei? Ein Wochenende hin und wieder?«
    Nicken. Jetzt kamen die Fragen, die ich mir mit gutem Grund bis zum Schluss aufgehoben hatte.
    »Wann waren sie das letzte Mal hier?«
    Er sah mich beunruhigt an und kämpfte lange mit seinem Gewissen. Schließlich hob er eine Hand und malte die Zahl fünfzehn an die Wand. Er hatte geschworen, den Mund zu halten, und brach sein Versprechen nicht.
    »Vor fünfzehn Wochen?«
    Er nickte.
    »Früher kamen sie öfter?«
    Sehr gequältes Nicken. Mein Fünfziger war abgearbeitet. Vor fünfzehn Wochen, das musste Mitte Mai gewesen sein.
    »Allerletzte Frage: Kennen Sie die Leute?«
    Empörtes Kopfschütteln. Er kannte sie also. Aber sie hatten ihn geschmiert. Und zwar mit mehr Geld, als ich in der Tasche trug.
    Vangelis und Balke standen schäkernd neben dem BMW, als ich hinunterkam. Das Licht der Sonne blendete mich.
    »Und?«, fragten sie im Chor. »Hat er Sie reingelassen?«
    Ich wusste selbst nicht, was mich an der Frage ärgerte. »Sind die von der Spurensicherung denn immer noch nicht da?«
    Erstaunt über meinen pampigen Ton wies Vangelis auf den wohl bekannten grauen Passat-Kombi, der nicht weit entfernt parkte. »Sie sind schon unten in der Tiefgarage.«
    »Die Jungs sollen sich nachher auch gleich die Wohnungstür oben ansehen.«
    »Sie meinen, jemand hat versucht einzubrechen?«, fragte Balke, als wir abfuhren.
    »Vorläufig meine ich noch gar nichts«, erwiderte ich mürrisch. »Wenn ich den Verdacht habe, dass einer an dem Schloss rumgemacht hat, dann will ich eben, dass das untersucht wird.« Ich wandte mich an Vangelis: »Und ich fände es angenehm, wenn Sie sich an die Verkehrsregeln halten würden. Zumindest, solange wir nicht unter Blaulicht fahren.«
    Sie warf mir einen interessierten Seitenblick zu und ging bereitwillig vom Gas. Ich fühlte mich wie ein Versuchstier unter Beobachtung und ärgerte mich noch mehr.
    »Wissen Sie, was mich beruhigt?«, fragte Balke aufgekratzt von hinten. »Dass unser Professor nicht noch mehr Kinder hat, das beruhigt mich ganz kolossal.«
    »Ich finde das überhaupt nicht witzig«, blaffte ich ihn an.
     
    Schon auf dem Parkplatz der Polizeidirektion erfuhren wir die erlösende Nachricht: Georg Simon war verhaftet worden. Eine Streife hatte ihn festgenommen, mitten in der Stadt, vor dem Eingang der Heilig-Geist-Kirche. Er hatte im Alkohol-Delirium randaliert, und als er den Schupos seinen Ausweis zeigte, hatten sie ihm ohne Zögern Handschellen angelegt. Leider war der Mann so betrunken, dass an eine Vernehmung vorläufig nicht zu denken war. So ließ ich ihn

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