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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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der Liebe«, sagte ich.
    »Die Treulosen kennen auch die Tragödien der Liebe«, ergänzte sie das Zitat ohne Zögern und lächelte zum ersten Mal an diesem Abend. »Sie haben es gelesen?«
    Ich umkreiste ihre linke Brustwarze mit der Spitze meines Zeigefingers. Ein Rest des Lächelns blieb auf ihrem Gesicht, als sie den Blick abwandte.
    »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen«, sagte sie nach einer Weile und drückte ihre Zigarette in dem grünen gläsernen Aschenbecher aus, der auf ihrem Bauch stand. »Es läuft nicht gut mit Ihrem Fall?«
    »Es läuft absolut beschissen.«
    »Das dürfte Bukowski gewesen sein«, meinte sie lachend. »Wirklich eine merkwürdige Geschichte«, fuhr sie fort, stellte den Aschenbecher auf den Fußboden und erhob sich. Nackt ging sie in die Küche und kam mit Gläsern, einer Flasche Weißwein und dem Korkenzieher im Mund zurück. Ich setzte mich auf und öffnete die Flasche. Es war ein trockener Riesling aus der Nähe von Wiesloch. Ich versuchte, das Kleingedruckte zu entziffern.
    »Sie werden vielleicht bald eine Brille brauchen«, sagte sie warm, zog mich an sich und küsste zum Trost meine Augenlider.
    Sie hielt mir die hohen Gläser hin, ich schenkte ein, ihr Ehering glänzte im Kerzenlicht.
    Sie bemerkte meinen Blick. »Das einzige Ziel des Lebens ist die Selbstentfaltung«, meinte sie mit dem satten Lächeln einer befriedigten Frau. Wir stießen an.
    »Kennen Sie Ihren Dorian Gray eigentlich auswendig?«
    »Nur die wichtigsten Stellen«, erwiderte sie mit einem Blitzen in den Augen.
    Plötzlich war sie wieder ernst. »Eine wirklich merkwürdige Geschichte«, wiederholte sie in Gedanken. »Erst der Sohn, bald darauf die Tochter. Es muss schrecklich sein für die Eltern.«
    »Sie haben Kinder?«, fragte ich.
    Sie lächelte versonnen und schmiegte sich an mich. Ich legte den Arm um sie und hielt sie fest. Sie summte eine leise Melodie und hielt die Augen geschlossen. Sie fühlte sich wohl, und das tat mir gut. Auf einmal verstummte sie.
    »Was ist?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Mir war nur etwas in den Sinn gekommen. Aber … nein, es ist nichts.«
    »Ich würde es trotzdem gerne wissen.«
    Sie blickte in ihr Glas, nippte daran. »Es muss zehn oder zwölf Jahre her sein. Genau weiß ich es nicht mehr. Damals ist etwas Ähnliches geschehen. Eine Familie hat erst den Sohn und nur wenige Tage später die Tochter verloren. Ich meine mich auch an einen Unfall zu erinnern. Einen Verkehrsunfall.«
    »Das Schicksal kann so grausam sein«, sagte ich und fühlte mich sofort durch die Banalität meines Satzes blamiert. »Können Sie sich an Einzelheiten erinnern?«
    Sie hatte die Augen wieder geschlossen. »Es ist so lange her.«
    »Wurden sie ebenfalls ermordet?«
    »Nein. Das wohl nicht …«
    »Wie alt waren die Kinder, als sie starben?«
    Aber sie war mit ihren Gedanken längst woanders. Sie hatte die Augen wieder geöffnet und blickte an mir herunter.
    »Alexander der Große«, murmelte sie anerkennend, nahm mir mein Glas aus der Hand und stellte es auf den Boden. Dann warf sie sich mit einem Jauchzer auf mich, riss mich um und begann mich zu küssen wie im Fieber. Unser Atem wurde lauter und lauter.
    Ihr Mann musste vollkommen impotent oder ein unerträglicher Langweiler sein.
    »Eines ist mir noch eingefallen«, sagte sie später beim Abschied. »Der Vater, der war Polizist wie Sie.«
    »Der Vater dieser Kinder, die damals ums Leben kamen?«
    Sie gab mir einen letzten, glühenden Kuss.
     
    Hätte Balke am nächsten Morgen nicht Runkel mitgeschleppt, die Sache wäre mit Sicherheit in Vergessenheit geraten. Ich wusste nicht einmal, warum dieser maulfaule Runkel an jenem Morgen dabei war, denn er saß die ganze Zeit nur da und glotzte auf seine nicht besonders sauberen Schuhe.
    Vangelis berichtete in gewohnt knapper Form, die Drogenfahnder hätten aufgrund von Notizen und Telefonnummern, die wir in Grotheers Labor gefunden hatten, zwei Kleindealer festgenommen. Immerhin ein gewisser Erfolg, mit dem wir Staatsanwaltschaft und Presse bei Laune halten konnten. Die neuen Spuren aus dem Emmertsgrund bestätigten Gardeners Version des Tathergangs voll und ganz. Nach Georg Simons Doppelgänger wurde nach wie vor mit Hochdruck gefahndet, die DNA-Analysen waren immer noch nicht fertig. Gardener und seine Kumpane waren gestern gegen Auflagen aus der U-Haft entlassen worden, und Balke hatte inzwischen den Namen der Stiftung in Lausanne ermittelt.
    »Fondation pour la Santé per tous les

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