Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
geworden ist. Wenn sie dann an anderer Stelle in einer Morgenshow allein vor dem Moderator sitzt und der fragt: „Wie ist zur Sendung gekommen?“ dann antwortet Heidi selbstbewusst: „Eigentlich war so, dass mich Harvey Weinstein von Miramax angerufen hat. Er fragte, ob ich einer Reality-Show machen wolle. Ich finde es nicht gut, dass man es eine Reality-Show nennt. Für mich ist eine Sendung, in der Designer zeigen können, was sie drauf haben. Es dreht sich alles um die Designer. Und Design – das ist meine Welt.“ Auch in den Cartoon-Episoden auf modelinia.com im Jahr 2009, in denen Heidi in der Rolle von Supergirl die New Yorker Fashion Week gegen einen bösen Modedesigner rettet, der sie zerstören will, tut sie das im Alleingang. Zumindest im Comic ist Heidi Project Runway , und Project Runway ist Heidi geworden.
Heidi wird mehr und mehr von Staffel zu Staffel auch vor Ort die Chefin. In dieser Zeit wird sich auch ihr Verhältnis zu den Kandidaten in ihrer Sendung nicht bessern, denn diese sind in den Augen Heidis im Wesentlichen nur mehr Material für eine gute Show. Im Jahr 2008 mokiert sich Heidi dann bei Ellen de Generes sogar darüber, dass Designer in ihrer Show vor laufender Kamera weinten anstatt „abends, wenn sie ins Bett gehen.“ Ist Weinen wirklich so schlimm? „Vielleicht ist das das Deutsche an mir“, fährt Heidi fort, wirft sich in Pose und macht ein grimmiges Gesicht. Das Publikum findet es lustig, obwohl einige darunter sitzen dürften, die durchaus von Tränen verzweifelter Menschen gerührt werden.
Die Szene zeigt vor allem eines: Heidi findet emotional zu den Designern keinen Zugang mehr und sieht sie eher als Anfänger in einem Beruf, dessen Höhen und Tiefen sie bereits kennen gelernt hat. Sie ist über das Stadium einer Kandidatin, die sich alles erst erkämpfen muss, im eigenen Empfinden so sehr hinaus gewachsen, dass es für Empathie nicht mehr reicht. Als Harvey Weinstein aussteigt, indem er die Show 2008 für kolportierte 150 Millionen Dollar an den Lifetime Kanal verkauft, nimmt dann auch Heidis Rolle als Produzentin konsequenterweise zu. Es gehören ihr von nun an ein Drittel der Einnahmen. Es ist nur folgerichtig, dass sie Sendung dann auch nach Los Angeles zieht, da Heidi dort wohnt. Doch der Ortswechsel tut der Sendung nicht gut. Die Modestadt New York und das dortige Klientel fehlen. Außerdem wird „Project Runway“ im zunehmenden Maß zum Vermarktungsvehikel für Heidi, ihren Bekanntenkreis und die Firma IMG. Das Team von Magic Elves ist in New York zurückgeblieben. Wird das zum Todesstoß für die Sendung? Nein. Der Einstrom neuer Prominenter aus dem Filmgeschäft stellt die Zuschauer bei der Stange halten. Als die australische Filmschauspielerin Nicole Kidman Ende August 2009 als Gastjurorin bei Heidi auftritt, wird den Zuschauern schnell klar, dass es von nun an einen neuen Glamourfaktor in der Sendung geben wird. Man ist schließlich in Hollywood. Heidi will alles unternehmen, um einen Misserfolg zu verhindern. Sie tritt in der Öffentlichkeit in zunehmendem Maß als Macherin der Sendung, für die die Rolle der Moderatorin nur mehr eine Nebentätigkeit darstellt. Der Erfolg der Sendung beflügelt auch Heidis Karriere bei Victoria's Secret , deren Marketingchef 2008 bekannt gibt: „ Project Runway zählt bei unserer Käuferschicht zu den beliebtesten Sendungen, und Heidi ist da der Triebfaktor.“
Heidi wird von 2005 an nicht nur zum Machtfaktor in ihren Sendungen, sondern auch ihr öffentliches Profil wird immer markanter. Sie wird ab 2008 weltweit als Celebrity wahrgenommen. Je stärker sie sich aber fühlt, desto mehr geht ihr Geschick verloren, bei der Arbeit Widerstände auszugleichen und Widersprüche zu glätten. Sie wird immer wieder als kühl wahrgenommen und kann bei öffentlichen Auftritten auch mitleidslos wirken. Als die Talkshow-Moderatorin Bonnie Hunt 2009 in ihrer Sendung Heidi aus Anlass der baldigen Ausstrahlung der 6. Staffel fragt, was sie dabei empfinde, wenn sie gescheiterten Kandidaten auf Project Runway „You're out“ oder „Auf Wiedersehen“ sagen müsse, erwartet sie sichtlich ein Statement von der Art, dass es immer schwer sei, einem begabten Menschen Schmerz zuzufügen. Zuerst versteht Heidi aber gar nicht, was Bonnie meint. Dann wirkt sie relativ ungerührt, als sie antwortet: „Ob ich mich schlecht dabei fühle? Meistens fühle ich mich schlecht dabei, ja. Weil für sie ist es ein Traum, der ein bisschen ... die Blase
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