Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
Redegewandheit zum Beruf gemacht haben, unmerklich dann nach einer Schrecksekunde auf Klum-Englisch umschalten und ihre Kalauer nun unter Benutzung des Wortes „spit“ ablassen, ist dann doch ein etwas surreal, aber auch bezeichnend für Heidis gewachsene Stellung in der amerikanischen Öffentlichkeit. Mögen kleinere Geister in unwichtigen Medien noch selbstgefällig Heidis Sprachdefizite anmahnen: Für den Großteil des amerikanischen Establishments hat es die „Teutonin“ im Showbusiness längst geschafft und ist sakrosankt geworden.
Der Wechsel zwischen den beiden Sprachen fällt Heidi sichtlich schwer. Wenn sie nach einigen Wochen Los Angeles wieder nach Deutschland jettet, fällt es ihr mitunter sichtlich schwer, Deutsch zu sprechen. 2008 steht sie beispielsweise in München auf der Bühne, um ein calciumreiches Mineralwasser anzupreisen, das leicht mit Kohlensäure versetzt ist. Heidi sieht toll aus, ist superschlank, hat ein wunderschönes Lächeln, trägt ein elegantes Kleid und wirkt charmant. Während ein Firmensprecher gerade erklärt, dass dieser Zusatz den Geschmack verbessert, unterbricht ihn Heidi mit folgender Wortmeldung: „Ist ne gute Zwischenmischung. Und was gut ist wenn Moderation ... wenn du eine Moderation machst, ist zu viel (sie breitet die Arme aus) Gas (schnalzt mit der Zunge), zu viel Kohlensäure ist sowieso nicht gut. (Lachen ihrer Zuhörer) Insofern ist das eine supergute Zwischenmischung.“ Ein anderer Firmensprecher fragt scherzhaft: „Willst du noch was?“ Und Heidi: „Nein, ich meine nicht jetzt, ich meine überhaupt, wenn man viel im Fernsehen ist und erzählt zu viel Kohlensäure ist in unserem Job nicht so gut.“
Dass sie ungeachtet ihrer Sprachprobleme längst den Status einer Königin erreicht hat, führt Heidi auch im Juli 2009 in der wichtigsten Morgenshow im amerikanischen Fernsehen“, Diane Sawyer auf abc vor, wo sie als „Supermodel und Supermom“ vorgestellt wird. Gastgeberin Sawyer spielt ihr einen Filmclip vor, in dem Heidis Phrase „Auf Wiedersehen“ von einer Komödiantin veralbert wird. Heidis Gesicht bleibt, während sie den Einspieler betrachtet, starr, mit eisigem Lächeln. Danach wendet sie sich emphatisch an Sawyer: „Klinge ich wirklich so?“
„ Nein“, sagt die mit ironischem Unterton, und blickt sich im Studium um, „neiiin ...“
Heidi (mit deutlichem deutschen Akzent): „Ich glaube wirklich nicht, dass mein Akzent noch so stark ist. Ich bin hier seit 1993 ... ich meine, klar habe ich einen Akzent, aber ich glaube nicht, dass er so stark ist (sie gestikuliert, parodiert eine männliche Stimme) Jo, jo jo! (Heidi lacht, auch im Publikum wird gelacht)... das ist immer das Überraschende daran, wenn mich Leute nachmachen, dass ich mich frage: Klinge ich wirklich so?“
Ja, Heidi, du klingst so. Aber weil du es bist, ist das auch in Ordnung.
Project Runway macht Heidi in den Vereinigten Staaten zum Superstar. Von Staffel zu Staffel wird Heidis Ansehen in den USA steigen. Und man wird den Eindruck gewinnen, dass ihr auch ihr Erfolg erstmals im Laufe ihrer Karriere zu Kopf steigt. Wo sie früher eifrig darum bemüht war, vom Zuschauer gemocht zu werden, strahlt sie nun eisiges Selbstbewusstsein aus. Witze über sich selbst und ihre Defizite, die früher ihre Auftritte bestimmt haben, gibt es da nicht mehr. Die Bescheidenheit, die noch aus ihrem Buch und vor allem aus dem Essay für die Hamburger Zeit spricht, ist nun Vergangenheit. Heidi hat es längst geschafft, und sie ist reich genug, um von einem Tag auf den anderen aufhören zu können. Im Vordergrund stehen nun die Kinder. Heidi baut sich mit Seal und ihren Kindern eine undurchdringliche Festung, über die sie, wenn sie wieder in die Öffentlichkeit tritt, nur verlauten lässt, dass sie „sehr glücklich“ sei. Beruflich merkt man von Jahr zu Jahr auch ein Anschwellen des Neids. Auch ihre Umwelt registriert, dass Heidi gelungen ist, woran viele andere gescheitert sind. Dazu gehört auch das ehemalige Supermodel Elle MacPherson, das sich im Jahr 2006 bei Heidi meldet. Sie ist zehn Jahre älter als die Deutsche. Man kennt einander schon lange, hat einige Fotoshoots gemeinsam gemacht, ist einander dabei aber nicht näher gekommen. MacPherson ist 2006 eine würdige Dame, die längst das Leben an der Seite eines Schweizer Bankiers führt. Das Paar hat zwei Kinder. Obwohl sich die 43jährige bereits aus dem Modelgeschäft zurückgezogen hat, ärgert sie sich nun darüber,
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