Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
sei. Kurz darauf lästert sie grinsend vor versammelter Mannschaft, dass Celine die Gruppe verlassen hätte, „weil alle so böse“ zu ihr waren. Und nach lautem Gelächter stellt sie die Kandidatin, die keiner gefragt hat, warum sie geht, als jemanden dar, die zu schwache Nerven gehabt habe, den Druck durchzustehen.
Heidi ist auch jene, die als Haupt der Jury Entscheidungen verkündet. Sie wirkt dann sachlich, mitunter aber auch streng und ohne Einfühlungsvermögen. Oft mischt sich ein von den Redakteuren gewünschter Sadismus in die Szenen. Heidi spielt dann die Katze, die die Maus zappeln lässt. Gerade noch scheint sie einer Kandidatin zu erklären, warum sie ausscheidet, um dann nach einer Atempause im lauten Tonfall bekannt zu geben, dass sie doch „weiter“ ist. Es geht aber auch umgekehrt. Dann zählt lächelnd die Vorteile des Mädchens auf, bevor sie ihr kühl mitteilt, dass das leider alles nicht reichen würde. Ob diese Szenen auch für Heidi Triebabfuhr sind, mit denen sie eigene Erlebnisse der Ohnmacht und Demütigung bei Castings verarbeitet?
Ein Hauch der starken Sprüche von Dieter Bohlen, die die Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ populär gemacht haben, ist auch in dieser Sendung zu spüren, wenn Heidi Kandidatinnen verletzende Sprüche hin wirft wie: „Ein bisschen sieht sie aus wie ein geprügelter Hund“, oder: „Die bist wie eine mäßige Mahlzeit. Ganz lecker, aber ziemlich fad.“ Diese betreffen vor allem Mädchen, die nicht mager sind – was ein Widerspruch zu der sehr häufig geäußerten Meinung ist, Heidi selbst und auch „ihre Mädchen“ dürften ruhig Kurven haben. Allerdings muss man anmerken, dass diese Art der Sprüche es sind, die beim Fernsehzuschauer ankommen, und die man längst bei einer Casting-Show anbieten muss, wenn man an einer guten Quote interessiert ist. Die Fernsehzuschauer wollen keine Knutsch- und Bussi-Jury. Von Dieter Bohlen, dem Erfinder dieser Beleidigungsmasche, ist ja vor einen Jahren sogar ein Buch gesammelter Anmachersprüche erschienen und war ein Bestseller. Wenn sich Heidi diesem Trend anschließt, macht sie genau genommen auch nur „gutes“ Fernsehen.
Eine ähnliche Ausstrahlung wie Bohlen hat zumindest anfangs Peyman Amin, der bald für Fragen wie „Hast du an deinem Gewicht gearbeitet?“ bekannt werden wird. Er ist es gewohnt, mit Models nüchtern umzugehen. Seit 1999 ist er Heidis „Booker“ im Paris Büro von „IMG International Models“, der Agentur, zu der Heidi damals von Elite gewechselt hat, und somit eigentlich einer der Typen, die Heidi zu Beginn ihrer Karriere sehr zugesetzt haben. Ein Booker ist nur dann tüchtig, wenn er den Fotografen perfekte Körper liefern kann. Aber die beiden haben einen Draht zu einander. Amin wird einmal sagen: „Sie versteht meinen Sinn für Humor und umgekehrt.“ Der 1971 in Teheran geborene Amin hat 1999 nach abgebrochenem BWL-Studium erst zwei Jahre für IMG Models gearbeitet, betreut aber seither Heidi exklusiv. Mit ihr hat er keine Schwierigkeiten, denn Heidi hat verstanden, worauf es im Business ankommt. Die enge Geschäftsbeziehung garantiert auch, dass er Heidi in Germany's Next Topmodel nicht in die Quere kommt. Sie ist sein Star, und er ist dazu da, ihr zu zu arbeiten. Deshalb ist er eigentlich auch nicht darauf angewiesen, beim Publikum Sympathiepunkte zu machen. Dem leidenschaftlichen DJ fehlt es auch insgesamt etwas an Originalität. Nach dem Abgang von Darnell fällt Amin vor allem damit auf, dass er dessen begeistert vorgebrachten Klassiker: „Super! Super! Super ... langweilig“ aufwärmt oder als Imitation eines Prolls aus dem Unterschichtenfernsehen einen auf aufgewärmten Dieter Bohlen macht, als er einem Model bei der Beurteilung sagt: „Das war absolute Scheiße. Ich kann dich schlagen, wenn ich will, hab ich schon mal gemacht, pem-pem, weg war die Alte.“
Sein Jury-Kollege, Casting-Direktor Rolf Scheider, der Armin Morbach ersetzt, bleibt blasse, weshalb es ausgerechnet Amin überlassen bleibt, auch mal Händchen mit entmutigten Kandidatinnen zu halten. Und auch Heidi wird in der 3. Staffel netter, hat nichts Gouvernantenhaftes mehr. In der 4. Staffel wird sie endgültig als Zentrum der Jury wahrgenommen, in der Scheider den stillen, immer etwas verwirrten Fachmann spielt, dessen Deutsch durch seinen langen Aufenthalt in Frankreich noch bedeutend hilfloser klingt als Heidis. Scheider outet sich zu der Gelegenheit im verzückten Tonfall über Heidi:
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