Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
und Glamour-Faktor und sie ist jemand, den alle Welt kennt. Vor allem die Amerikaner sind ja total angetan von ihr. Da ist es auch völlig wurscht, dass sie selbst nie ein richtiges Topmodel war.
Auch die Grazerin Anja Platzer, die in der 2. Staffel Sechste wird, schildert Heidi als eiskalten Profi, der Kandidatinnen nur dann herzen würde, solange die Kameras eingeschaltet sind: „Kaum sind die Kameras weg, lässt sich Heidi nicht mehr blicken. Sie sieht die Show nur als Job. Privat würde sie wohl kein Wort mit uns wechseln.“ Dass Platzer sich so offen über die Sendung und ihre Moderatorin äußert, hängt damit zusammen, dass sie bei Louisa Models untergekommen, der Agentur von Louisa von Minckwitz, die Heidis Sendung ebenfalls scharf kritisieren wird. Platzer hat auch den Vorteil, in ihrer Heimat als Lokalmatadorin öfters in die Medien zu kommen. Ihr Modelkarriere entwickelt sich unabhängig von Heidis Kosmos.
Dass Heidi mit dieser Sendung von Anfang an auch sonst große Kritik in Deutschland erntet, hat aber weniger mit ihrer Ausstrahlung als Moderatorin zu tun, sondern ist im größeren Rahmen vor allem ein Hinweis auf den großen politischen Symbolgehalt der Sendung. Oberflächlich betrachtet geht es darin zwar um eine Handvoll junger Frauen, unter denen jene ausgesucht werden sollen, die sich am Besten für die Vermittlung als Model eignen. Im weiteren Sinn aber verspricht die Sendung den Kandidatinnen die Erfüllung des klassischen amerikanischen Traums. Dieser wird zwar eher im Begriff des Tellerwäschers zusammengefasst, der zum Millionär aufsteigen kann. Doch dieser im Kern männliche Traum, in dem es von Achselschweiß und Fäusten riecht, wird in der Sendung Germany's Next Topmodel nach Deutschland gebracht und hier erstmals ausschließlich für den weiblichen Teil der Bevölkerung geträumt. Eben noch haben sich Mädchen als Prinzessinnen oder Barbie-Puppe gefühlt. Nun werden sie im Fernsehen tatsächlich als Prinzessinnen oder Barbie-Puppen ausstaffiert und unternehmen Reisen in exotische Weltgegenden, so wie man früher im Hochadel in andere Länder auf Brautschau ging. Sie werden in der Sendung wie im Märchen Prüfungen unterzogen, und man weiß ja, worin diese Prüfungen mündeten. Wenn man einen Frosch küsste oder gegen die Wand knallte, kriegte man gleich einen Prinzen ab. Ähnlich geht es auch in Germany's Next Topmodel zu. Wer sich darin nach zahlreichen „Challenges“ durchsetzt, wird zum „Topmodel“ gekürt. Was aber meint man denn mit diesem Ehrentitel „Topmodel“ wirklich? Ist er wie zu Beginn der Neuzeit der Begriff „Kaiser“ für den Markgrafen von Spoleto nur mehr bedeutungsloses Schmuckwerk oder lässt er sich ummünzen in Werbeverträge? Ist es möglich, durch eine Castingshow auch im wirklichen Leben eine neue Heidi Klum zu kreieren oder bleibt hier der Begriff Topmodel eher etwas Diffuses wie bei den „Superstars“, die gleichzeitig bei RTL gekürt werden? Es ist letztendlich die alte Frage, die früher mit dem altbekannten Reim „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ geklärt wurde. Es war im Märchen die Königin, nach der so gefragt wurde. Sie war nicht nur die Schönste im ganzen Land, sondern auch die Mächtigste. Sie regierte über das ganze Reich. Ähnlich darf man sich die Metaphern vorstellen, die in den Köpfen junger Frauen spuken, die bei Germany's Next Topmodel anheuern. Sie treten wie Alice im Wunderland durch einen Spiegel, auf dessen Abseite sie sich ein Leben in Reichtum und Schönheit erhoffen. Denn sie assoziieren den Begriff eines „Topmodels“ nicht mit pausenloser Arbeit und Stress in einem Haifischbecken, sondern glauben, dass ein Topmodel zwei Dinge in Personalunion vereint, die sonst eher vereinzelt vorkommen: Superreich zu sein und superschön.
Damit auch der Zuschauer etwas vom kollektiven Träumen der Jungmädchen hat, wird diese Sehnsucht optisch umgesetzt. Tolle Kleider, zauberhafte Frisuren, himmlisches Make-Up und dazu ein gepflegtes Ambiente an den schönsten Orten dieser Welt werden vorgeführt. Die meisten Mädchen erleben dadurch bereits in der Show einen Vorgeschmack auf das Leben als eine Art Königin, der sich für die meisten dieser Mädchen sehr rasch als eine von wenigen Kostproben vor dem schalen Geschmack des Ausscheidens erweisen wird. Der Zuschauer aber – darunter vor allem Frauen mit Sinn für Schönheit – genießt die Interieurs und Exterieurs, vor allem aber die
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