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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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wirksame Kraft. Der Joggi schaute das Miezchen an, ganz ohne Schrecken, dann schaute er auf seinen roten Zuckerhahn, und dann fing er an zu lachen, was er seit vielen Tagen nicht mehr getan hatte. Dann stand er auf, und nun ging Otto voran aus dem Stall heraus, dann kam das Miezchen und ihm folgte der Joggi auf dem Fuß. Draußen aber, als Otto dem Joggi sagte: »Das kannst du mitnehmen, wir gehen nun heim und du auch, dort hinunter«, – da schüttelte Joggi den Kopf und stellte sich hinter das Miezchen. So gingen alle drei weiter, der Halde zu, voran der Otto, dann Miezchen, dann der Joggi. Die Mutter sah den Zug herankommen, und ihr Herz wurde ganz erleichtert, als sie sah, wie der Joggi hinter dem Miezchen herschritt, den roten Zuckerhahn in der Hand hielt und immerfort vergnüglich lachte. So traten die drei ins Haus und in die Stube, und hier holte das Miezchen geschäftig einen Stuhl, nahm den Eßkorb zur Hand und winkte dem Joggi, daß er komme. Als er dann am Tische saß, legte es alles, was im Korb war, vor ihn hin und sagte beschützend: »Iß du jetzt nur, Joggi, und iß du nur alles auf und sei nun ganz fröhlich.« Da lachte der Joggi und aß die beiden großen Würste und das ganze Brot und das ungeheure Stück Käse ganz fertig und dann noch die Krumen. Den roten Zuckerhahn hielt er die ganze Zeit über fest mit seiner linken Hand und schaute ihn an von Zeit zu Zeit und lachte unbeschreiblich vergnüglich, denn Wurst und Brot hatte er wohl auch schon bekommen, aber einen roten Zuckerhahn hatte ihm in seinem ganzen Leben noch nie jemand geschenkt. Endlich ging der Joggi die Halde hinunter. Voller Freuden schauten die Mutter, Otto und Miezchen ihm nach: er hielt seinen Zuckerhahn bald in der einen, bald in der anderen Hand, lachte immerzu und hatte seinen Schrecken gänzlich vergessen. –
    Seit drei Tagen hatte die Frau Oberst den Schreiner Andres nicht besucht. Es hatte sich so vieles ereignet in diesen Tagen, daß sie gar nicht begriff, wie die Zeit dahingegangen war; doch konnte sie ja ruhig sein, sie wußte, daß der Andres gut verpflegt und besorgt und dazu auf dem besten Wege der Genesung war.
    Ihr Mann hatte gleich am Morgen nach seiner Rückkehr aus der Stadt den Andres besucht, um ihm die Entdeckung und die Festnahme seines Bruders selbst mitzuteilen. Andres hatte ganz ruhig zugehört und dann gesagt: »Er hat es so haben wollen; es wäre doch besser gewesen, er hätte mich um ein wenig Geld gebeten, ich hätte ihm ja schon gegeben; aber er hat immer lieber geprügelt, als gute Worte gegeben.«
    Jetzt trat die Frau Oberst am sonnigen Wintermorgen aus ihrer Tür und stieg fröhlichen Herzens den Berg hinunter, denn sie beschäftigte sich in ihrem Innern mit einem Gedanken, der ihr wohlgefiel. Als sie die Haustür aufmachte beim Schreiner Andres, kam Wiseli eben aus der Stube heraus. Seine Augen waren ganz aufgeschwollen und hochrot vom Weinen. Es gab der Frau Oberst nur flüchtig die Hand und schoß scheu in die Küche hinein, um sich zu verbergen. So hatte die Frau Oberst das Wiseli noch gar nie gesehen. Was konnte da begegnet sein? Sie trat in die Stube ein. Da saß am sonnigen Fenster der Andres und sah aus, als sei ein noch nie erlebtes Unheil über ihn hereingebrochen.
    »Was ist denn hier geschehen?« fragte die Frau Oberst und vergaß im Schrecken, »guten Tag« zu sagen.
    »Ach, Frau Oberst«, stöhnte Andres, »ich wollte, das Kind wäre nie in mein Haus gekommen!«
    »Was«, rief sie noch erschrockener aus, »das Wiseli? Kann dieses Kind Euch ein Leid angetan haben?«
    »Ach, um’s Himmels willen, nein, Frau Oberst, so meine ich’s nicht«, entgegnete Andres in Aufregung; »aber nun ist das Kind bei mir gewesen und hat mir ein Leben gemacht in meinem Häuschen, wie im Paradies, und jetzt muß ich das Kind wieder hergeben, und alles wird viel öder und leerer um mich her sein, als vorher. Ich kann es nicht aushalten; Sie können sich gar nicht denken, wie lieb mir das Kind ist; ich kann es nicht aushalten, wenn sie mir’s wegnehmen. Morgen muß es gehen, der Vetter-Götti hat schon zweimal den Buben geschickt; es müsse nun zurück, morgen müsse es sein. Und dann ist noch etwas, das mir fast das Herz zersprengt: seitdem der Vetter-Götti geschickt hat, ist das Kind ganz still geworden und weint heimlich; es will es nicht so zeigen, aber man kann’s wohl sehen, es macht ihm so schwer, zu gehen, und morgen muß es sein. Ich übertreibe nicht, Frau Oberst, aber das kann ich sagen:

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