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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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Käferchen, das ihm nahe kommt, einen solchen Lärm aufschlagen darf und uns so zu seiner Hilfe herbeizwingen kann; es muß wissen, daß sein Geschrei für nichts keine Teilnahme mehr erweckt.«
    »Gewiß hält ihm der Fred wieder irgendeinen großäugigen Frosch unter die Augen, der es unbarmherzig erschreckt«, sagte mitleidig die Tante; »aber du hast schon recht, das Zetergeschrei muß es zu überwinden suchen.«
    In diesem Augenblick ertönte ganz von der anderen Seite her ein Gesang, der an großem Lärm mit dem fortdauernden Schreien wetteiferte. Es war unverkennbar Freds Stimme, die, dem Kreischen antwortend, sang:
    »Das Rikli und der HanseliSind ganz wie zwei Geschwister;Sie singen wie die Amseli,Nur unerhört viel wüster.«
    »Fred kann es nicht sein, der das Kind erschreckt, er singt ja auf einer ganz anderen Seite«, sagte die Mutter, sichtlich ein wenig erschüttert in ihrem Vorsatz, Rikli einmal schreien zu lassen, ohne ihm zu Hilfe zu kommen. Jetzt nahm das Geschrei aber einen so unverkennbaren Charakter der Verzweiflung an, daß Mutter und Tante zugleich aufsprangen und dem Orte zustürzten. Erst erblickten sie gar nichts, obschon das Wehgeschrei dicht vor ihnen ertönte. Aber jetzt, da vor ihnen, unten im Graben, lag das verzweiflungsvoll schreiende Rikli in einem wirklich jämmerlichen Zustand. Fast bis an den Hals hinauf stak es in dem grünen Schlammwasser; die Arme streckte es krampfhaft empor, wie um sie zu schützen vor der Berührung mit den kleinen grünen Fröschen, die hier und da lustig in dem Sumpfwasser herumplätscherten. Die Tante war die nächste beim Graben. Rasch stieg sie einige Tritte hinunter, erfaßte das Kind bei den Armen und zog es mit einiger Anstrengung heraus. Als sich nun das Rikli von zärtlicher Besorgnis umgeben fühlte und auf die überstandenen Schrecken zurückschaute, fing es erst recht kläglich zu weinen und zu jammern an, und einmal ums andere stöhnte es: »O, warum seid ihr auch nicht gekommen?« Aber da wurde nicht viel Antwort gegeben, der Zustand erforderte ein schnelles Eingreifen. Mutter und Tante faßten das Kind je an einer Hand und eilten mit ihm dem Hause zu, wo das schlammüberzogene Rikli ohne Verzögerung in die Badewanne gesteckt wurde. Die Mutter war abgerufen worden, die Tante aber setzte sich neben das badende Kind hin und sagte: »So, jetzt will ich dir auf deine Frage antworten.« Und nun erklärte ihm die Tante die Sache und sagte ihm, daß es schon so oft dasselbe fürchterliche Geschrei ausgestoßen habe, wenn der Fred mit einem harmlosen Käferchen oder kleinen Frosch sich ihm nur genaht habe, daß weder sie noch die Mutter dieses Gebaren unterstützen und ihm mehr zu Hilfe kommen wollten. Einzig Freds Gesang hätte es gerettet, der bewies, daß er nicht bei dem Rikli sei; sonst wäre niemand zu seiner Hilfe gekommen und es hätte noch lange, lange Zeit in dem Schlammwasser stecken können. Dann ermahnte die Tante das Rikli ernstlich, an diese Erfahrung zu denken, denn sonst könnte es noch einmal auf viel längere Zeit und noch erschrecklichere Weise unter die Frösche versetzt werden. Das Rikli hörte die Worte aufmerksam an, und diesmal machten sie mehr Eindruck, als ähnliche Ermahnungen gemacht hatten, bevor es etwas so Grauenvolles erlebt hatte, wie das war, ganz verlassen und ungehört mitten unter den Fröschen im Sumpf zu stecken.
    Während dieser Zeit hatte Oskar seine Schar versammelt und war mit ihr auf den Festplatz gezogen. Hier sollte zuerst die Festrede als Probe abgehalten werden, dann sollte der große Umzug und hernach die Schlußfestlichkeiten mit Bankett folgen, heute nur als Probe, morgen aber mit richtigem Johannisbeersaft und Lebkuchen; das hatte die Tante samt der Fahne zu liefern versprochen. Die Rednerbühne war aus vier in die Erde gesteckten Holzpfosten und vier darüber gelegten Brettern kunstvoll errichtet. Jetzt bestieg sie der Feklitus und begann:
    »Hochgeehrte Herren und Brüder! Da wir nun so schön gesungen haben, wollen wir uns darüber freuen und ein großes, langes Fest feiern und mit den Gläsern anstoßen.«
    Der Feklitus kam von der Bühne herunter.
    »Mach doch fort!« schrieen ihm die nächsten Zuhörer zu.
    »Die Rede ist fertig, nachher stößt man mit den Gläsern an«, sagte Feklitus, befriedigt von seiner Leistung und daß sie vorüberwar. Aber unter der Versammlung erhob sich ein großer Lärm, denn die meisten fanden die Rede zu kurz und wollten den Feklitus zur Fortsetzung wieder auf

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