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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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Aufregung ihre bedrängte Lage schilderte und wie sie in diese hineingekommen war.
    Sie hatte nämlich vor einiger Zeit Herrn Sesemann nach Paris geschrieben, wo er eben verweilte, seine Tochter habe längst gewünscht, es möchte eine Gespielin für sie ins Haus aufgenommen werden, und auch sie selbst glaube, dass eine solche in den Unterrichtsstunden ein Sporn, in der übrigen Zeit eine anregende Gesellschaft für Klara sein würde. Eigentlich war die Sache für Fräulein Rottenmeier selbst sehr wünschbar, denn sie wollte gern, dass jemand da sei, der ihr die Unterhaltung der kranken Klara abnehme, wenn es ihr zu viel war, was öfters geschah. Herr Sesemann hatte geantwortet, er erfülle gern den Wunsch seiner Tochter, doch mit der Bedingung, dass eine solche Gespielin in allem ganz gehalten werde wie jene, er wolle keine Kinderquälerei in seinem Hause—“was freilich eine sehr unnütze Bemerkung von dem Herrn war”, setzte Fräulein Rottenmeier hinzu, “denn wer wollte Kinder quälen!” Nun aber erzählte sie weiter, wie ganz erschrecklich sie hineingefallen sei mit dem Kinde, und führte alle Beispiele von seinem völlig begriffslosen Dasein an, die es bis jetzt geliefert hatte, dass nicht nur der Unterricht des Herrn Kandidaten buchstäblich beim Abc anfangen müsse, sondern dass auch sie auf jedem Punkte der menschlichen Erziehung mit dem Uranfang zu beginnen hätte. Aus dieser unheilvollen Lage sehe sie nur ein Rettungsmittel: Wenn der Herr Kandidat erklären werde, zwei so verschiedene Wesen könnten nicht miteinander unterrichtet werden ohne großen Schaden des vorgerückteren Teiles; das wäre für Herrn Sesemann ein triftiger Grund, die Sache rückgängig zu machen, und so würde er zugeben, dass das Kind gleich wieder dahin zurückgeschickt würde, woher es gekommen war; ohne seine Zustimmung aber dürfte sie das nicht unternehmen, nun der Hausherr wisse, dass das Kind angekommen sei. Aber der Herr Kandidat war behutsam und niemals einseitig im Urteilen. Er tröstete Fräulein Rottenmeier mit vielen Worten und der Ansicht, wenn die junge Tochter auf der einen Seite so zurück sei, so möchte sie auf der anderen umso geförderter sein, was bei einem geregelten Unterricht bald ins Gleichgewicht kommen werde. Als Fräulein Rottenmeier sah, dass der Herr Kandidat sie nicht unterstützen, sondern seinen Abc-Unterricht übernehmen wollte, machte sie ihm die Tür zum Studierzimmer auf, und nachdem er hereingetreten war, schloss sie schnell hinter ihm zu und blieb auf der anderen Seite, denn vor dem Abc hatte sie einen Schrecken. Sie ging jetzt mit großen Schritten im Zimmer auf und nieder, denn sie hatte zu überlegen, wie die Dienstboten Adelheid zu benennen hätten. Herr Sesemann hatte ja geschrieben, sie müsste wie seine Tochter gehalten werden, und dieses Wort musste sich hauptsächlich auf das Verhältnis zu den Dienstboten beziehen, dachte Fräulein Rottenmeier. Sie konnte aber nicht lange ungestört überlegen, denn auf einmal ertönte drinnen im Studierzimmer ein erschreckliches Gekrache fallender Gegenstände und dann ein Hilferuf nach Sebastian. Sie stürzte hinein. Da lag auf dem Boden alles übereinander, die sämtlichen Studien-Hilfsmittel, Bücher, Hefte, Tintenfass und obendrauf der Tischteppich, unter dem ein schwarzes Tintenbächlein hervorfloss, die ganze Stube entlang. Heidi war verschwunden.
    “Da haben wir’s”, rief Fräulein Rottenmeier händeringend aus. “Teppich, Bücher, Arbeitskorb, alles in der Tinte! Das ist noch nie geschehen! Das ist das Unglückswesen, da ist kein Zweifel!”
    Der Herr Kandidat stand sehr erschrocken da und schaute auf die Verwüstung, die allerdings nur (eine) Seite hatte und eine recht bestürzende. Klara dagegen verfolgte mit vergnügtem Gesicht die ungewöhnlichen Ereignisse und deren Wirkungen und sagte nun erklärend: “Ja, Heidi hat’s gemacht, aber nicht mit Absicht, es muss gewiss nicht gestraft werden, es war nur so schrecklich eilig, fortzukommen, und riss den Teppich mit, und so fiel alles hintereinander auf den Boden. Es fuhren viele Wagen hintereinander vorbei, darum ist es so fortgeschossen; es hat vielleicht noch nie eine Kutsche gesehen.”
    “Da, ist’s nicht, wie ich sagte, Herr Kandidat? Nicht (einen) Urbegriff hat das Wesen! Keine Ahnung davon, was eine Unterrichtsstunde ist, dass man dabei zuzuhören und still zu sitzen hat. Aber wo ist das Unheil bringende Ding hin? Wenn es fortgelaufen wäre! Was würde mir Herr

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