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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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»Wie heißt du?«
    »Peter.«
    »Bist du gebissen?«
    »Nein.«
    »Beweis es.«
    Peter trat vor den Kutscher hin, sah ihm offen in die Augen und zeigte auf seine Pupillen. »Schau.«
    Das wusste jeder, dass sich als erste Wirkung eines Niänenüütlibisses die Pupille des Opfers verschleierte und sein Blick leer und glanzlos wurde. Peters Auge aber war voll Feuer, blau und blank.
    »Steig auf«, nickte der Kutscher.
    Erleichtert kletterte der Geißenbub auf den Bock. »Danke.« Er beobachtete noch, wie der Mann die Pferde laufen ließ, erkannte am rosigen Horizont, dass die Sonne hervorkam, und schlief sogleich ein.
     
    »Nicht! Zurück! Halt! Willst du wohl!« Durch diese Schreie wurde Peter einige Stunden später aus dem Schlummer gerissen.
Der Kutscher stand hochaufgerichtet neben ihm, sein Schwert tobte unter den Unaussprechlichen, die den Wagen umringten. Ein Pferd hatten sie bereits in ihrer Gewalt und fraßen zu zehnt daran.
    Peter schüttelte den Schlaf ab, riss sein Kurzschwert aus der Scheide und focht. Mit gewaltigen Streichen erlegte er drei, traf einen Vierten in den Rücken, schlug und enthauptete, dass die Köpfe nur so über die Straße sprangen.
    Als der Kutscher sah, dass der Kampf nicht aussichtslos war, durchschlug er das Lederzeug des Rappen, der bereits sterbend zu Boden ging. Nun war nur noch der Falbe im Geschirr, mit ihm hoffte der wackere Mann zu entkommen. In diesem Moment bekamen ihn zwei Wiederkehrer zu fassen, zerrten ihn vom Bock und begannen seinen Arm, der das Schwert noch hielt, aufzufressen.
    »Fahr zu, um Christi willen!«, schrie der brave Mann. »Sonst ist’s auch um dich geschehen!«
    Peter wusste, dass der Kutscher Recht hatte. Darum ergriff er den Zügel und schrie dem Gaul zu: »Lauf du! He! He! Lauf!«
    Wirklich fing der Graue in Todesangst wild zu springen an, dass die Niänenüütli nur so zur Seite flogen. Auch wenn die Kutsche schlingerte, wenn das Rucken und Springen Peter fast die Zügel aus der Hand riss, setzten sich die Räder in Bewegung. Er hatte noch nie ein Fuhrwerk gelenkt und hatte seine liebe Mühe, den Wagen in der Spur zu halten. Traurig über die Schulter gewandt sah Peter den Kutscher hinter sich im Staube verschwinden; um ihn war es geschehen.
    So kam es, dass der Geißenbub als Lenker einer herrschaftlichen
Kutsche auf die Stadt Frankfurt zufuhr, die zwar noch in einiger Ferne lag, die er aber vor Einbruch der Nacht zu erreichen hoffte.

Kapitel 20

    In dieser Nacht senkte sich der Schrecken, den Herr Sesemann sorgsam von den Seinen fernhalten wollte, mit aller Gewalt über das Haus - er selbst war jedoch abgereist. Die Sonne hatte ihren rosa Abglanz über die Stadt gelegt, danach war alles blau geworden, nun schwanden Formen und Farben, in den Zimmern gingen die Lichter an.
    Professor Marus, der alte, mächtige Vampir, der weder Gewissen noch Moral besaß und keinem göttlichen Gesetz gehorchte, band sorgsam eine weiße Krawatte über der weißen Hemdbrust, bevor er den seidenen Gehrock anlegte; der schillerte mitternachtsblau. Wenn er sich aufmachte, ein Blutfest zu feiern, kleidete sich der Vampir mit äußerster Sorgfalt. Ohne einen Blick hineinzuwerfen, ging er am Spiegel vorbei; kein Abglanz seines Bildes erschien darin. Professor Marus öffnete die Tür der Mansarde und lauschte. Stille lag über dem Haus, zugleich wusste er, dass es voller Leben war.
    Ein Stockwerk tiefer saß Heidi über dem Abc-Buch und übte. Es hatte herausgefunden, dass Buchstaben, die man
mit eigener Hand gemalt hatte, sich dem Gedächtnis besser einprägten. Heidi malte ein R , ein kleines und ein großes T und mehrere Z hintereinander. Es freute sich daran, weil das aussah wie der Fichtenzaun, den der Großvater um seinen Gemüsegarten angelegt hatte.
    »Zzzzzz«, sagte Heidi, dann »Kkkkk« und »Oooo«. Seine Hand folgte dem Laut der Stimme. Es hatte die Stirn in Falten gelegt, seine Zunge ging wie ein kleines Tier im Munde umher. Nun richtete es sich auf und betrachtete das Geleistete nicht ohne Stolz. Ihm fiel ein, dass der Kandidat über die Buchstaben gesagt hatte, dass ihre Formen zu guter Letzt einen Sinn ergeben müssten.
    »Da ist aber kein Sinn darin«, stellte Heidi mit Blick auf sein Gekrakel fest und ging daran, die Buchstaben in die richtige Ordnung zu bringen. Da lag eine Schwierigkeit: Die Zeichen gaben sich ja nicht selbst den Sinn, der Sinn musste zuerst da sein, damit die Zeichen sinnvoll wurden.
    »Das ist sonderbar«, murmelte Heidi. »Da muss

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