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Heile Welt

Heile Welt

Titel: Heile Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Rücklage fürs Alter – wer konnte denn wissen, was noch alles kommt -, als Geldanlage, und da lag das Zeug nun, was war damit anzufangen? Seinen Wert würde es gewiß nicht verlieren?

    Matthias wußte es auch nicht. Er lobte die Frau für ihre Vorsorge und meinte, darauf könne sie sich verlassen, Waschpulver würde immer gebraucht, und er bezeichnete sie als schlau und drohte ihr gar mit dem Finger.

    Oben auf dem Schrank lag eine Haubenschachtel, sie war in naiver Manier mit Blumen jeder Art bemalt. Auf dem Deckel war ein Mädchen abgebildet, das Gänse mit einer Gerte hütet, und ihr gegenüber ein Junge, der den Hut gezogen hat und tanzt. Diese Schachtel wurde ihm auch noch verkauft, und eine kleine Zinnschüssel, hübsch verziert, die nahm Matthias ebenfalls mit, die kriegte er quasi«zu».

    Als er dann auf dem Weg nach Hause war, kam ihm ein weißer DKW entgegen. Dr. Müllermann-Ohfe hatte von der Aktion Wind gekriegt, aber zu spät! Er hielt an und kurbelte das Fenster herunter, ganz außer sich: Teller?«Warum weiß ich nichts davon?»Als er den blauen Teller in dem Fahrradanhänger sah, zog er die Augenbrauen hoch, und über der Zinnschale sackte er direkt zusammen. Er nahm sie in die Hand und ließ sie wie das Steuerrad seines Autos durch die Finger gleiten.«Au wei! »sagte er.«Das ist aber was Schönes… – Und was war sonst dabei? Dänische Teller? Dänisch !»rief er.«Ja, um Gottes willen, da wird es sich doch wahrscheinlich um Teller aus dem Fronhus handeln! Die hatten doch eine dänische Oberin, vor zweihundert Jahren!!»1945 sei dort geplündert worden und alles kurz und klein geschlagen, aber eben auch weggetragen manches. Er nahm zur Kenntnis, daß Klein und Ortlepp sich damit versorgt hatten.
    «Na wartet!»schien er sagen zu wollen, und dann schoß er in die Dunkelheit davon.

    Matthias machte am nächsten Tag bei Bauer Fitschen einen Besuch. Er hatte den Freundschaftsteller unter der Jacke, und Frau Fitschen war sehr erstaunt, daß er ihr den schenkte. Sie nahm ihn mit in die Küche und schrubbte ihn mit Kernseife ab, putzte ihn blank und trug ihn auf die Diele. Neben den eichenen Ahnengedenktafeln würde er sich gut machen, dort ein Bord anbringen. Das war ja richtiggehend Altertum!

    Matthias sagte, er freue sich, daß Tochter Anita den Garten immer so schön besorgt, er hätte ja keine Ahnung von so was, und diesen Teller schenke er ihnen dafür, der wär’ bei einem Bauern ja viel besser aufgehoben als bei ihm….

    Als Fitschen am Abend vom Feld kam und davon hörte, wie großzügig der Lehrer gewesen war, und überhaupt – Nachbarschaft, immer so solide, ganz anders wie Schmauch, der oftmals herumkrakeelt hatte… Vielleicht würde Anita ja doch noch heiraten und Kinder kriegen, und da war es schon gut, daß man zum Lehrer ein gutes Verhältnis hätte. Also ging er hinauf ins Schlafzimmer und hängte ohne langes Überlegen das Bild von Kallroy ab, das er eigentlich noch nie gemocht hatte, und brachte es dem Schulmeister hinüber, seine Frau guckte aus dem Fenster, und Anita kam aus dem Stall gelaufen.

    Der gute Mann brachte es also, das Bild von Kallroy, und es wurde mal an die Wand gehalten und mal an jene, und es zeigte sich, daß es am besten in der Veranda aufgehoben war, und zwar über der Truhe des Bürgermeisters: ein Reigen nackichter Dorfkinder, die einander Kränze übers Haupt halten.
    Später begann ein gewaltiges Rumoren drüben bei den Fitschens, die Frau keifte und der Mann brummte, und dann lief der Mann in den Garten, von seiner Frau gefolgt, die die Fäuste hoch erhoben hatte, und die Anita hörte man kreischen:«Mami! Mami! Mami!»und der Mann brummend, sie soll sich doch um Gottes willen nicht so aufregen, aber die Frau:«Nein!!»

    Dr. Müllermann-Ohfe aber saß unterdessen am Schreibtisch seiner Amtsstube und telefonierte, was das Zeug hielt; dem Landesmuseumswart berichtete er vom sensationellen Auftauchen des Klostergeschirrs, keine Ahnung davon gehabt, daß so etwas überhaupt existierte… Am nächsten Morgen gab er sich einen Ruck, zog die Krawatte fest und fuhr nach Sassenholz zum Pfarrer, dessen Frau zunächst einmal von nichts und gar nichts wußte -«Was für Teller? »-, dann aber doch, und das war ja eine ganz vertrackte Sache, Hehlerware im Pastorat? und Lehrer Klein wurde aus dem Klassenzimmer gerufen, Herrgott, immer diese Störungen… Unrecht Gut, und«das ist eine ganz ernste Sache, Herr Klein… », von einer Benachrichtigung des

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