Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
reichte aus, um einen Menschen zu töten. Zusätzlich haben wir Beweise dafür, dass das Gift sich bereits seit einem Jahr dort befand. Es gibt nur eine einzige Person, die in der Lage war, dafür zu sorgen, dass dieser Wasserfilter ein Jahr lang nicht benutzt wurde.«
Utsumi musterte Ayane voller Spannung. Ihre schöne Verdächtige hielt den Blick gesenkt und presste die Lippen zusammen. Noch immer waren sie von einem leichten Lächeln umspielt, aber die Aura von Makellosigkeit begann zu schwinden.
»Wir besprechen alles ausführlich auf dem Revier«, beschloss Kusanagi seine Ausführungen.
Ayane schaute auf. Mit einem tiefen Seufzer sah sie Kusanagi in die Augen. Dann nickte sie.
»Gut. Haben wir noch einen Moment Zeit?«
»Natürlich, Sie müssen sich nicht beeilen.«
»Ich möchte nur noch die Blumen gießen. Ich war nämlich gerade dabei.«
»Ja, tun Sie das.«
Ayane entschuldigte sich und öffnete die Tür zum Balkon. Sie hob mit beiden Händen die große Gießkanne an und begann sie langsam zu leeren.
Kapitel 32
Ayane dachte an einen bestimmten Tag vor ungefähr einem Jahr, an dem sie ebenfalls ihre Blumen gegossen hatte. An jenem Tag hatte Yoshitaka sie mit der grausamen Wahrheit konfrontiert. Sie hatte dabei die Stiefmütterchen in den Kästen betrachtet. Ihre Freundin Junko Tsukui hatte Blumen geliebt. Deshalb hatte sie auch Veilchen Schmetterling zu ihrem Künstlernamen gemacht.
Kennengelernt hatte sie Junko in einem Buchladen in London, in dem Ayane nach Anregungen für ihre Entwürfe gesucht hatte. Just in dem Moment, als sie nach einem Bildband griff, streckte eine andere junge Frau ebenfalls die Hand danach aus. Sie schien ein paar Jahre älter zu sein als Ayane und war auch Japanerin.
Die beiden jungen Frauen hatten sich auf Anhieb gut verstanden und verabredet, sich in Japan wiederzusehen. Als Ayane bald darauf nach Tokio ging, folgte Junko ihr dorthin.
Beide waren beruflich sehr eingespannt und trafen sich nicht allzu häufig, dennoch betrachtete Ayane Junko als ihre Freundin und Vertraute. Sie wusste, dass diese ebenso empfand, denn Junko fiel es noch schwerer, andere Menschen kennenzulernen, als ihr selbst.
Eines Tages fragte Junko sie, ob sie ihr jemanden vorstellen dürfe. Es handelte sich um den Geschäftsführer einer Firma, für die Junko einen Internet-Comic gezeichnet hatte.
»Als wir über die Figur diskutierten, habe ich ihm von dir erzählt. Dass du Patchwork-Künstlerin seist. Jetzt möchteer dich unbedingt kennenlernen. Ich weiß, du hast wenig Zeit, aber vielleicht könntest du dich doch einmal mit ihm treffen?«, hatte Junko sie ein wenig schüchtern gebeten, und Ayane hatte zugestimmt. Warum hätte sie ablehnen sollen?
So hatten Ayane Mita und Yoshitaka Mashiba sich kennengelernt. Yoshitaka war ein anziehender, selbstbewusster Mann, dessen Augen vor Begeisterung sprühten, wenn er eine Idee präsentierte. Außerdem besaß er die Gabe, andere Menschen zum Sprechen zu bringen. Schon nach ein paar Minuten kam sich sogar die stille Ayane redegewandt vor.
»Was für ein wunderbarer Mann«, sagte Ayane unwillkürlich, als sie wieder mit Junko allein war.
Strahlend und aus vollstem Herzen pflichtete diese ihr bei. In diesem Moment wurde Ayane klar, welche Gefühle ihre Freundin für Yoshitaka hegte.
Warum hatte sie sich damals nicht vergewissert? Bis heute bereute Ayane, dass sie Junko nicht gefragt hatte, ob sie mit Yoshitaka zusammen war. Und weil sie nicht gefragt hatte, hatte Junko nichts gesagt.
Die Idee, aus der Comicfigur ein Stoffspielzeug zu machen, wurde schließlich verworfen. Yoshitaka rief Ayane zu Hause an, um sich für ihre Mühe zu bedanken. Er würde sie demnächst einmal zum Essen einladen, versprach er. Sie hielt dies für eine Floskel, doch wenig später meldete er sich wirklich. Offenbar sollte Junko nicht mit von der Partie sein, woraus Ayane schloss, dass die beiden nichts miteinander hatten. Freudig erregt nahm sie die Einladung an, und der Abend wurde noch schöner als ihr erstes Treffen mit Yoshitaka. Ayanes Gefühle für den attraktiven Mann wuchsen schnell. Zugleich begann sie sich von Junko zu entfernen. Sie wusste, dass ihre Freundin sich ebenfalls zu Yoshitakahingezogen fühlte, und hatte keine rechte Lust, sich bei ihr zu melden.
Als sie Junko nach einigen Monaten wiedersah, erschrak sie über das Aussehen ihrer Freundin. Junko hatte stark abgenommen, und ihre Haut wirkte gealtert. Besorgt erkundigte Ayane sich nach ihrem Befinden,
Weitere Kostenlose Bücher